Dr. Tobias Böhmer (links) bei der Preisverleihung mit Prof. Dr. Devrimi Kaya © Michael Schwettmann

Wirtschaftswissenschaft Zwei Preise an junge Talente

Dr. Tobias Böhmer und Simon Loos sind die Preisträger des diesjährigen Ernst-Zander- und des FAACT-Pellens-Preises.

Beide ausgezeichneten Forscher haben sich damit beschäftigt, welche Informationen Unternehmen wann geben sollten: In der Arbeit von Dr. Tobias Böhmer ging es dabei um die Frage, wie viele finanziellen Informationen externe Gruppen über ein Unternehmen brauchen. Simon Loos hat sich in seiner Masterarbeit mit der seit 2016 in der EU für kapitalmarktorientierte Unternehmen geltenden Verpflichtung befasst, Informationen, die den Aktienkurs wesentlich beeinflussen können, früh publik machen. Beide Preise wurden am 6. Mai 2022 verliehen.

Wie viel finanzielle Informationen Unternehmen preisgeben sollten

Wie viele finanziellen Informationen brauchen externe Gruppen über ein Unternehmen? Über diese Frage läuft aktuell eine Debatte, in der die Beteiligten einerseits der Unternehmenskommunikation fehlende Aussagekraft vorwerfen, andererseits aber über Informationsüberlastung klagen. Dr. Tobias Böhmer hat die sogenannte Rechnungslegungspublizität – die öffentliche Dokumentation der betrieblichen Vorgänge – und ihre Wirkung für verschiedene Fälle untersucht.

Er befasste sich in seiner kumulativen Dissertation mit verschiedenen Instrumenten der unternehmerischen Offenlegung sowie deren ökonomischen Auswirkungen. Charakteristisch für mittelständische (nicht-börsennotierte) Unternehmen ist die Kommunikation finanzieller Informationen über den Jahresabschluss. „Legen Unternehmen ihre Finanzkennzahlen freiwillig offen, führt das dazu, dass diese weniger Liquidität als Sicherheitspuffer vorhalten müssen, da sie in Engpasssituationen einen besseren Zugang zu externen Kapitalgebern haben“, resümiert Tobias Böhmer.

Mit Blick auf börsennotierte Unternehmen analysiert er, inwiefern die Ausgestaltung der bereitgestellten Informationen auf externe Kapitalmarktteilnehmer wirkt. „Unternehmen gestalten ihre Kommunikation mit dem Kapitalmarkt äußerst heterogen aus und beeinflussen somit ihr Informationsumfeld aktiv“, so Böhmer. Daraus ergeben sich Konsequenzen für andere Marktteilnehmer. So zeigen die Untersuchungen, dass etwa Finanzanalystinnen und -analysten bei einem interaktiveren, präziseren, passgenaueren Austausch mit Unternehmensvertreterinnen und -vertretern die zukünftige Ergebnislage der Unternehmen besser einschätzen können.

Simon Loos wurde für seine Abschlussarbeit ausgezeichnet. © Privat

Wenn Insiderinformationen keine mehr sind

Im Jahr 2014 verabschiedete die Europäische Union eine Verordnung, die unter anderem kapitalmarktorientierte Unternehmen dazu verpflichtet, Insiderinformationen wie Gewinnwarnungen oder Insolvenzanträge frühestmöglich öffentlich bekannt zu machen. Die Auswirkungen dieser Regelung hat Simon Loos untersucht.

Die Marktmissbrauchsverordnung der EU hat das Ziel, einen einheitlichen und stärkeren Rechtsrahmen in allen Mitgliedsstaaten zu schaffen, der die Markteffizienz verbessert und den Marktmissbrauch bekämpft. Ein Instrument dieser Verordnung ist die Veröffentlichung von Insiderinformationen, welche unter anderem kapitalmarktorientierte Unternehmen dazu verpflichtet, Insiderinformationen so bald wie möglich öffentlich bekannt zu geben. „Unter Insiderinformationen sind nicht öffentlich bekannte Informationen zu verstehen, die, wenn sie öffentlich bekannt gemacht werden, geeignet wären, den Aktienkurs des Unternehmens erheblich zu beeinflussen“, erklärt Simon Loos. Solche Informationen können etwa eine Gewinnwarnung, eine Insolvenzanmeldung, Kapitalmaßnahmen oder Ankündigungen sowie Anpassungen von Dividenden sein. „Dabei soll die unverzügliche Veröffentlichung dieser Informationen sicherstellen, dass alle Marktteilnehmenden zeitgleich Zugang zu denselben Informationen bekommen und Insidergeschäften vorbeugen.“

Simon Loos hat die Effekte der Veröffentlichung von Insiderinformationen auf den deutschen Kapitalmarkt untersucht. Datengrundlage für seine Studie sind alle Insiderinformationen, die von allen im Regulierten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse zwischen 2012 und 2020 notierten Unternehmen veröffentlicht wurden und im Archiv der Deutschen Gesellschaft für Ad-hoc-Publizität gespeichert sind. „Zusammenfassend kann ich sagen, dass das Instrument der Veröffentlichung von Insiderinformationen die Markteffizienz verbessert und der deutsche Kapitalmarkt neue Informationen teilweise effizient einpreist“, so der Wirtschaftswissenschaftler.

Veröffentlicht

Montag
09. Mai 2022
09:39 Uhr

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