Ernst-Zander-Preis 2022 Wie viel finanzielle Informationen Unternehmen preisgeben sollten
Dr. Tobias Böhmer hat das für mittelständische und börsennotierte Unternehmen analysiert.
Wie viele finanzielle Informationen brauchen externe Gruppen über ein Unternehmen? Über diese Frage läuft aktuell eine Debatte, in der die Beteiligten einerseits der Unternehmenskommunikation fehlende Aussagekraft vorwerfen, andererseits aber über Informationsüberlastung klagen. Dr. Tobias Böhmer hat die sogenannte Rechnungslegungspublizität – die öffentliche Dokumentation der betrieblichen Vorgänge – und ihre Wirkung für verschiedene Fälle untersucht. Für seine Dissertation, die er an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum (RUB) angefertigt hat, wurde er am 6. Mai 2022 mit dem diesjährigen Ernst-Zander-Preis ausgezeichnet.
Externe Gruppen sind auf Veröffentlichungen angewiesen
Im Gegensatz zu den gesetzlichen Vertretern haben außenstehende Interessengruppen wie etwa Kapitalgeber oder Finanzanalystinnen keinen unmittelbaren Einblick in die ökonomischen Vorgänge eines Unternehmens. Somit fehlt ihnen die Möglichkeit, die finanzielle Leistungsfähigkeit direkt zu beobachten. Um die wirtschaftliche Lage des Unternehmens einzuschätzen und ihre Entscheidungen treffen zu können, sind sie daher auf verschiedene Formen der Veröffentlichung von Finanzinformationen angewiesen.
Tobias Böhmer befasste sich in seiner kumulativen Dissertation mit verschiedenen Instrumenten der unternehmerischen Offenlegung sowie deren ökonomischen Auswirkungen. Charakteristisch für mittelständische (nicht-börsennotierte) Unternehmen ist die Kommunikation finanzieller Informationen über den Jahresabschluss. „Legen Unternehmen ihre Finanzkennzahlen freiwillig offen, führt das dazu, dass diese weniger Liquidität als Sicherheitspuffer vorhalten müssen, da sie in Engpasssituationen einen besseren Zugang zu externen Kapitalgebern haben“, resümiert Tobias Böhmer.
Mit Blick auf börsennotierte Unternehmen analysiert er, inwiefern die Ausgestaltung der bereitgestellten Informationen auf externe Kapitalmarktteilnehmer wirkt. „Unternehmen gestalten ihre Kommunikation mit dem Kapitalmarkt äußerst heterogen aus und beeinflussen somit ihr Informationsumfeld aktiv“, so Böhmer. Daraus ergeben sich Konsequenzen für andere Marktteilnehmer. So zeigen die Untersuchungen, dass etwa Finanzanalystinnen und -analysten bei einem interaktiveren, präziseren, passgenaueren Austausch mit Unternehmensvertreterinnen und -vertretern die zukünftige Ergebnislage der Unternehmen besser einschätzen können.