Gründung „Es gibt nichts, was selbstwirksamer ist, als Gründerin zu sein“
Unternehmerin Milena Glimbovski ist für eine Summer School zu Gast an der RUB und möchte ihre Erfahrungen zum Gründen und Scheitern mit Studentinnen teilen.
Die Themen Nachhaltigkeit und Achtsamkeit liegen Unternehmerin Milena Glimbovski am Herzen. Während der FACE@RUB Summer School möchte sie ihr Wissen mit Studentinnen teilen, die noch vor der Gründung stehen. In einem Gespräch zusammen mit Maike Wagner von FACE@RUB erzählt sie, was sie mit ihren Gründungen gelernt hat.
Frau Wagner, warum bietet FACE eigentlich eine Summer School an?
Maike Wagner: FACE@RUB ist Teil des Worldfactory Start-up Centers und ein Projekt, das sich an gründungsinteressierte Frauen wendet. Mit unserem Projekt stechen wir in NRW hervor, da unsere Angebote fest in der Lehre verankert sind.Wir fragen uns bei FACE@RUB also: Wie kommen wir an die Studentinnen, die keine Ahnung haben, dass sie gute Ideen haben und vielleicht gründen könnten?
In der Summer School geht es nicht nur darum, zu erfahren, was Gründung ist, sondern eine Gründungsidee durchzuspielen und zu pitchen. Unser Ziel ist, dass die Studentinnen danach so motiviert sind, dass sie zu uns in die Gründungsberatung kommen und weiter an Ideen arbeiten.
Frau Glimbovski, was ist denn Ihre Motivation, bei der Summer School dabei zu sein?
Milena Glimbovski: Ich finde den Austausch mit Studentinnen spannend. Ich war schon ein paar Mal Mentorin für Studentinnen und merke dann immer wieder, dass da viel Erfahrung ist, die ich teilen möchte. Davon profitiere ich auch. Ich lerne sehr, sehr viel von Frauen, die nochmal zehn Jahre jünger sind als ich.
Welche Vorbilder hatten Sie denn, als Sie gegründet haben?
Glimbovski: Die Gründerin der Kaffeekette Balzac, weil ich ihre Gründungsgeschichte spannend fand und Unternehmerin Sina Trinkwalder, weil sie Vorreiterin war, was Nachhaltigkeit angeht. Ansonsten habe ich viele Bücher von Männern gelesen. Ich kenne zwar viele Gründerinnen, aber die meisten Bücher zu dem Thema sind von Männern.
Sie haben ja bereits zwei Unternehmen: Original Unverpackt und Ein guter Plan.
Glimbovski: Genau. Ich habe aktuell auch eine neue Erfahrung mit den Unternehmen gemacht. Vor ein paar Wochen habe ich mit dem Unverpacktladen Original Unverpackt Insolvenz angemeldet. Zwar ist das eine doofe Erfahrung, aber ich nehme auch was Positives mit. Wir haben zunächst acht Jahre durchgehalten. Und ich merke, es kann weitergehen.
Viele sind einfach ängstlich, genau deswegen zu gründen. Aber es gibt Regeln und Möglichkeiten, auch das Scheitern so zu gestalten, dass es nicht allzu schlimm ist.
Danke, dass Sie das Thema ansprechen und diese Erfahrung teilen.
Glimbovski: Es ist auch eine teure Erfahrung. Aber es ist nicht das Ende der Welt. Und diese Geschichten kannte ich bisher auch nicht.
Haben Sie sich vorgenommen, das Thema Scheitern öffentlich zu besprechen?
Glimbovski: Ich habe einige Interviews dazu gegeben. Aber es wird nicht mein Thema bleiben. Ich schreibe gerade ein Buch über Klimakrise- und anpassung. Damit werde ich mich weiter beschäftigen.
Es geht darum zu verstehen, dass ein Scheitern kein persönliches Versagen bedeutet.
Maike Wagner
Frau Wagner, ist das Scheitern denn auch bei FACE@RUB ein Thema?
Wagner: Ja, wir merken, dass die Studentinnen sich schon früh über potenzielles Scheitern Gedanken machen. Obwohl es noch gar nicht so weit ist. Die Angst ist so stark, dass sie gar nicht über nächste Schritte in der Gründung nachdenken wollen. Wir sagen dann: Vielleicht erstmal machen! Wir sind in Deutschland. Man fällt nicht so tief. Man kann sich zum Beispiel erstmal an einer Solo-Selbstständigkeit testen. Und schauen, ob das was für einen ist.
Wir gehen davon aus, dass das auch was mit der eigenen Haltung zu tun hat. Deshalb bieten wir auch Coachings in Sachen Selbstwirksamkeit an. Denn es geht darum zu verstehen, dass ein Scheitern kein persönliches Versagen bedeutet.
Wir ermutigen Studentinnen, am Anfang die Potenziale der Idee zu erkennen, anstatt sich mit dem Scheitern zu beschäftigen.
Glimbovski: Das stimmt. Wenn man sich nur auf das fokussiert, was schiefgehen kann, dann ist das wie eine selbsterfüllende Prophezeiung. Und wenn man am Anfang darauf schaut, welche Möglichkeiten es gibt und wagt zu träumen, dann kann es toll werden.
Das Learning, das man aus einer Gründung mitnimmt, das lernt man so im Studium nicht.
Milena Glimbovski
Es lohnt sich also, es anzupacken.
Glimbovski: Total. Das Learning, das man aus einer Gründung mitnimmt, das lernt man so im Studium nicht. Auch im Berufseinstieg danach als Angestellte. So eine große Verantwortung und steile Lernkurve hat man nur in der Selbstständigkeit. Auch wenn es am Ende nicht klappt, hat man neue Fähigkeiten mitgenommen.
Wagner: Und da hat Deutschland eine gute Förderkultur. Es gibt so viele Stipendien und Preise, dass man die Möglichkeit hat, das auch mal auszuprobieren.
Frau Glimbovski, hätten Sie denn irgendwas gerne schon vorher gewusst, bevor sie gegründet haben?
Glimbovski: Vieles. Also, dass man sich zum Beispiel seinen Job selbst kreiert. Dass man sich seine Kolleg*innen selbst aussuchen kann. Dass man flexibel seinen Job organisiert. Auch in Sachen New Work. Es gibt nichts was selbstwirksamer ist als Gründerin sein.
Was haben Sie denn persönlich mitgenommen aus der Gründung?
Glimbovski: Ich habe gelernt, Anweisungen zu geben. Da hatte ich am Anfang Schwierigkeiten, als ich mit 22 gegründet habe, und war sehr vorsichtig. Es war für mich eine Herausforderung, den Ton zu finden, der freundlich, bestimmend und respektvoll ist. Dafür habe ich auch ein Coaching gehabt.
Ich war früher immer zu leise und zu unsicher. Sogar beim Bier bestellen. Und das hat sich geändert.
Über FACE@RUB
Coaching ist also auch für Sie ein ständiger Begleiter?
Glimbovski: Ja. Bis heute. Auch gerade im aktuellen Prozess. Ich habe da eine Coachin, die mich begleitet. Sie hat mir geholfen, meinen Weg zu finden. Und das hört nicht auf. Je eher man damit anfängt, desto besser kann man später auch nach Hilfe und Unterstützung fragen.
Frau Wagner, ist nach Hilfe fragen denn auch ein Thema bei Studentinnen, die gründen wollen?
Wagner: Ich glaube, das Problem ist nicht, dass sie sich nicht trauen, nach Hilfe zu fragen, sondern sie wissen vielleicht gar nicht, dass es Angebote gibt. Es gibt an der RUB super viele kostenlose Beratungen. Unabhängig auch von der Gründung.
Viele kommen gar nicht an den Punkt, dass wir als Worldfactory Start-up Center die richtige Anlaufstelle sind. Studentinnen denken, sie müssten dafür eine Startup-Idee haben. Diesen Mythos zu dekonstruieren, haben wir uns zur Aufgabe gemacht. Denn grundsätzlich ist eine Idee für eine Selbstständigkeit auch eine Gründungsidee. Wir wollen ins Reden kommen, über jede Idee.
Und es muss auch keine Idee aus der Forschung sein, oder?
Wagner: Ich denke, das ist oft eine Hürde. Viele denken, sie können erst gründen, wenn sie mindestens eine wissenschaftliche Arbeit über das Thema geschrieben haben. Aber das ist nicht so. Das Fachwissen kommt mit dem Machen.