Geowissenschaften Thomas Reinsch sucht den Schlüssel für die Wärmewende
Der Wissenschaftler forscht fortan an der Ruhr-Universität und an der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie.
Labore sind zentrale Räume für wissenschaftliche Erkenntnis. Ihr Aufbau und ihr Betrieb sind im Kanon der akademischen Arbeit eine eigenständige Profession. Große, komplexe, flexible Laborinfrastruktur macht es der anwendungsnahen Energieforschung in Wissenschaft und Industrie erst möglich, Technologien wie Wärmepumpe, Elektrolyseur oder Geothermie für die Energiewende weiterzuentwickeln. An der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (Fraunhofer IEG) verantwortet Prof. Dr. Thomas Reinsch seit 2020 die Groß-Labore. Zum 1. November 2024 wurde er nun auch zum Professor für Geoenergien an der Ruhr-Universität berufen.
Forschen an einer wichtigen Schnittstelle
„Das Thema Geoenergien könnte man als spezialisiertes Orchideenfach missdeuten“, räumt Reinsch ein. „Doch ich bin überzeugt, dass geotechnisches Knowhow für nachhaltige energietechnische Anwendungen der Schlüssel der Wärmewende ist.“ Durch die Integration des geologischen Untergrundes in die Energiesysteme der Zukunft könne man, so der Forscher, fossile Energiequellen ersetzen und nachhaltige, zuverlässige, wirtschaftliche Systeme mit regionaler Wertschöpfung aufbauen. „Die Bewirtschaftung des Untergrundes zur Versorgung obertägiger Infrastruktur findet in vielen kommunalen Wärmeplänen noch zu wenig Beachtung“, sagt Reinsch. „Das Spektrum der Möglichkeiten ist breit und reicht von oberflächennahen Erdwärmesonden-Feldern zur Integration in Nahwärmenetze über untertägige Speicher zur saisonalen Speicherung von Wärme und Kälte bis zur Tiefengeothermie, die heißes Thermalwasser aus kilometertiefen Brunnen für Fern- und Prozesswärme fördert. An der Schnittstelle von Geologie, Geophysik, Verfahrenstechnik und Energie-Ingenieurwesen entstehen die Technologien, die wir für die Wärmewende brauchen.“
Anwendungsnahe Forschung für die Studierenden
Die Fakultät der Geowissenschaften der Ruhr-Universität hat Reinsch nun als Professor für das Feld Geoenergien berufen. Damit profitieren die Studierenden von einem Hochschullehrer, der die Perspektive der anwendungsnahen Forschung in die Lehre und Ausbildung einbringt. Am Fraunhofer IEG werden eine Reihe von großen wissenschaftlichen Labor-Infrastrukturen betrieben, etwa der Bohrbetrieb für Geothermie-Anlagen, Dauerteststände für Wärmepumpen oder Elektrolyseuranlagen im dynamischen Forschungsbetrieb. Reinsch möchte seine Labore öffnen und Studierenden ermöglichen, an Projekten der Energiewende mitzuarbeiten, die aktuelle Forschung in die Anwendung für die Industrie bringen. „Um die Energiewende weiterhin erfolgreich zu gestalten, brauchen die Energieversorger der Kommunen Macher und Fachkräfte, die die neuesten marktreifen Technologien und ihre Einsatzkonzepte kennen. Ich will den Studierenden mit meinen Lehrveranstaltungen den Blick auf die Handlungsfelder ihrer künftigen Arbeitgeber öffnen“, so Reinsch.
Ein großes Forschungsfeld für Reinsch ist die Sensorik und Datenanalyse. „Da der Untergrund sich unserer direkten Anschauung entzieht, ist es umso wichtiger, passende Messmethoden zu entwickeln und die Gesamtschau der Daten zu verstehen.“ Der Untergrund muss zunächst erkundet und bewertet werden, Bohrungen müssen mit geeigneten Sensoren ausgestattet und die Nutzung des Untergrundes überwacht werden. Für diese Aufgabe entwickelt Reinsch am Fraunhofer IEG die passende Glasfaser-Sensorik. Eingekoppeltes Licht streut in der Faser und erlaubt Rückschlüsse auf etwa Temperatur, Vibration oder Druck im Umfeld mit einer hohen räumlichen und zeitlichen Auflösung. Diese Streusignale geben bei geeigneter Installation der Glasfaser auch Informationen über Bohrbetrieb und Zementation, sowie den Betrieb eines geothermischen Reservoirs.