ERC Consolidator Grants Drei begehrte Auszeichnungen gehen an RUB-Forschende
Projekte werden in der Elektrotechnik und Informationstechnik, der Chemie und der Psychologie gefördert.
Die Auszeichnung mit einem Grant durch den Europäischen Forschungsrat ERC gehört zu den glanzvollsten in der europäischen Wissenschaftscommunity. Drei Bochumer Forschende konnten mit ihren exzellenten Projektvorschlägen in der aktuellen Förderrunde punkten: Prof. Dr. Clara Saraceno will die Steuerung von Plasmen durch Laser revolutionieren. Prof. Dr. Lars Borchardt will die Mechanochemie, die ohne Lösungsmittel funktioniert, weiter vorantreiben. Und Prof. Dr. Maike Luhmann will untersuchen, wie Orte mit dem Empfinden von Einsamkeit in Verbindung stehen.
Die Kontrolle von Plasmen durch Laser revolutionieren
Optische Materialien spielen eine entscheidende Rolle in Wissenschaft und Technik. Sie ermöglichen es Forschenden, Licht nach Belieben zu manipulieren und das gesamte elektromagnetische Spektrum von Röntgenstrahlen bis zu Terahertzwellen zu erreichen. Als optische Materialien werden in großem Umfang Plasmen verwendet. Plasmen sind energetisch angeregte Gase. Der Zugriff auf ihre nichtlineare Reaktion erfordert allerdings eine sehr hohe Eingangslichtintensität, weshalb normalerweise sehr komplexe Lasersysteme mit hoher Energie benötigt werden.
In ihrem Projekt EXPLORE schlägt Clara Saraceno einen neuen Weg vor, um die chemische Zusammensetzung des Plasmas zu verändern. Das soll mithilfe von kurzen Lichtimpulsen niedriger Energie in sehr kurzen Zeitabständen gelingen. „Das wird zu neuen, verbesserten und neu konfigurierbaren optischen Eigenschaften des Plasmas führen“, sagt Clara Saraceno. „Im Rahmen von EXPLORE wollen wir diese verbesserten Plasmen nutzen, um Terahertzstrahlung zu erzeugen und nachzuweisen, und zwar mit einer Leistung, die derzeit unmöglich zu erreichen ist, und mit sehr kompakten Laserquellen.“
Chemie ohne Lösungsmittel
Die chemische Industrie ist einer der größten Verursacher von Abfällen und verantwortlich für einen sehr hohen Energieverbrauch. Zwei der Haupttreiber dieser Problematik sind der Einsatz großer Mengen an Lösungsmitteln und der hohe Energiebedarf durch Erhitzen bei chemischen Reaktionen. „Die Mechanochemie stellt hier einen radikalen Ansatz dar“, erklärt Lars Borchardt: „Sie nutzt mechanische Energie als Auslöser für chemische Reaktionen und kommt so ohne Lösungsmittel oder Erhitzen aus.“
Das Herzstück der Mechanochemie sind sogenannte Kugelmühlen – vergleichsweise einfache Geräte, in denen Mahlkugeln aufeinanderprallen. Diese mechanischen Stöße initiieren chemische Reaktionen ganz ohne die Notwendigkeit von Lösungsmitteln oder zusätzlicher Energiezufuhr durch Heizen. „Mechanochemische Prozesse haben nicht nur das Potenzial, die Umweltbelastung durch die chemische Industrie drastisch zu reduzieren“, erklärt Lars Borchardt. „Sie ermöglichen oft auch chemische Reaktionen, die unter klassischen Bedingungen nicht funktionieren. Das macht diesen Ansatz nicht nur nachhaltig, sondern auch wissenschaftlich faszinierend.“
Trotz der bisherigen Erfolge in der Mechanochemie – insbesondere der Übertragung zahlreicher klassischer Reaktionen in die lösungsmittelfreie Umgebung von Kugelmühlen – gibt es viele offene Fragen. Warum und wie mechanische Energie chemische Reaktionen ermöglicht, ist nicht verstanden. Mit Unterstützung des ERC Grants MECHANOCHEM wird die Bochumer Arbeitsgruppe nun diese grundlegenden Aspekte untersuchen.
Was Orte einsam macht
„Ich schlage ein neues theoretisches Modell vor, das die momentane Einsamkeit einer Person damit verknüpft, wie sie die Orte subjektiv wahrnimmt, an denen sie sich im Alltag aufhält“, erklärt Maike Luhmann. „Ich nehme außerdem an, dass die Wahrnehmung von Orten wiederum von den objektiven, beobachtbaren Merkmalen dieses Ortes und den Merkmalen der Person beeinflusst wird. Außerdem spielen deren Mobilitätsmuster eine Rolle, also wie oft, wie lange und in welcher Reihenfolge die Person Orte besucht.“
In ihrem ERC-Projekt LOTIS wird die Forscherin zunächst eine Taxonomie entwickeln, die es ermöglicht, die wahrgenommenen Merkmale von Orten systematisch und umfassend zu beschreiben. In einem partizipativen Teil des Projekts sollen diese Beschreibungen auf Orte der Stadt Bochum angewandt werden. Darüber hinaus umfasst das Projekt eine Längsschnittstudie, in der Teilnehmende ihren Standort per GPS verfolgen und viermal innerhalb von drei Jahren ihre Wahrnehmung des aktuellen Standorts und ihre momentane Einsamkeit festhalten. In Labor- und Feldexperimenten will Maike Luhmann darüber hinaus die kausalen Prozesse analysieren, die Orte mit Einsamkeit verbinden.
„Die in LOTIS gewonnenen Erkenntnisse können zur Entwicklung evidenzbasierter Interventionen und öffentlicher Maßnahmen gegen Einsamkeit genutzt werden“, so die Psychologin.