Ausbildung Fürs Studium nach Bochum, mit dem Gesellenbrief in die Welt

Lisa Wüst hat das Studium an der Ruhr-Uni abgebrochen, danach ihre Ausbildung zur Tischlerin auf dem Campus absolviert und ist dann drei Jahre auf Walz gegangen.

Was nimmt man auf eine Reise mit, die drei Jahre dauert? Lisa Wüst weiß es, denn sie ist die letzten drei Jahre als Tischlerin auf Wanderschaft gewesen. „Das Wichtigste war der Schlafsack. So hatte ich immer die Möglichkeit, irgendwo zu schlafen. Auch draußen“, sagt die Tischlerin, die 2021 ihre Ausbildung an der Ruhr-Universität absolvierte und danach beschloss, auf Walz beziehungsweise Wanderschaft zu gehen. Zu dem Zeitpunkt lebte sie schon fünf Jahre in Bochum und beschloss, mit der Walz das Kapitel Ruhrgebiet zu schließen.

„Eigentlich bin ich damals für ein Studium in Bauingenieurwesen nach Bochum gekommen. Da hat mir aber einfach die Leidenschaft gefehlt. Es war nicht das, was ich wollte. Deshalb entschied ich mich für die Ausbildung zur Tischlerin“, sagt sie. Nachdem sie in ihrem ersten Ausbildungsbetrieb aufgrund des Betriebsklimas nicht weitermachen wollte, landete sie tatsächlich wieder auf dem Campus. In der Werkstatt der Fakultät für Biologie konnte sie ihre Ausbildung fortsetzen. „Ich habe mich immer wohlgefühlt dort. Ich konnte an der RUB eine gute Basis für mein Handwerk lernen und durfte auch einige Praktika machen, in denen ich noch mehr kennenlernen durfte“, sagt Wüst. „Mir war aber klar, dass ich nicht in Bochum bleiben möchte. Die Großstadt ist nicht mein Ding. Ich wollte aber auch nicht in die Heimat an den Niederrhein zurück. Ich hatte Lust, mehr von meinem Handwerk und der Welt zu sehen“, so die 27-Jährige.

Also zurück zum leichten Gepäck. Die WG in Bochum wurde aufgelöst, Hab und Gut bei den Eltern verstaut. Neben dem besagten Schlafsack durfte noch mit: die Handwerkskluft mit Weste, Hut und Wanderstab, Wechselwäsche, Werkzeug, eine Kopflampe, eine Fotokamera, das Nötigste für die Körperpflege, eine Trinkflasche, ein Notizbuch und der Reisepass. Kein Handy.

Studium oder Ausbildung?

„Wenn junge Leute Lust auf eine Ausbildung haben, sollen sie es einfach machen. Mein Ding war immer Inneneinrichtung. Der Druck, nach dem Gymnasium aber auf jeden Fall zu studieren, war echt groß. Es hat dann erstmal gedauert, bis ich das mit der Ausbildung auch als Weg für mich gesehen habe. Der eigene Weg zum Beruf soll einen einfach glücklich machen. Wichtig ist, dass man das tut, was das Herz gerne möchte“, sagt Lisa Wüst, die sich nach langem Überlegen gegen das schon laufende Studium und für den Beruf als Tischlerin entschieden hat.

„Ich durfte nur Geld für das Nötigste ausgeben. Unterbringung und Fortbewegung durften nichts kosten. Ich war also gezwungen, für meine Schlafstätten und fürs Trampen auf Menschen zuzugehen. Und musste dafür meine eigene Komfortzone verlassen“, sagt Lisa Wüst. „Es war wie ein altmodisches Work-and-Travel“, sagt sie.

Vor allem habe sie dabei bemerkt, wir sehr sie selbst manchmal in Schubladen denke. „Ich habe viel mitgenommen und viel über die verschiedensten Menschen gelernt. Ich habe Verständnis entwickelt für Menschen, die auf den ersten Blick ganz anders wirken, als die Menschen, mit denen ich sonst zu tun hatte“, sagt sie.

Insgesamt ist Lisa Wüst in den drei Jahren Walz durch zwölf Länder gewandert und getrampt. Unter anderem durch Dänemark, Schweden, Norwegen, Spanien, Marokko und Portugal. „Gerade in Marokko, wo die Menschen die Tradition Walz nicht gut kennen, habe ich auch viel draußen geschlafen. Ich habe das einige Male unterwegs gemacht, aber in Marokko habe ich mich wirklich dabei am sichersten gefühlt“, sagt sie. 

Ausbildung an der Ruhr-Universität

Die Ruhr-Universität Bochum gehört zu den größten Arbeitgebern und Ausbildungseinrichtungen in Bochum. Wir bieten zurzeit über 20 verschiedene Ausbildungsberufe an. Informationen zu den Berufen und Bewerbungsfristen gibt es online.

Unterwegs lernte Lisa Wüst auch eine neue Begleiterin kennen. Ihre Hündin Juna. „Ich war bei einem Betrieb in der Bretagne. Die Hündin vor Ort war schwanger. Und ich war tatsächlich bei der Geburt dabei. Juna habe ich ab dann an meiner Seite gehabt“, sagt sie.

Außerdem lernte sie auf der Walz ihren zukünftigen Arbeitgeber kennen. Zweimal arbeitete sie in einem Betrieb in Eisenach. Es entwickelte sich eine Freundschaft und die Möglichkeit, dort nach der Walz anzufangen. „Drei Jahre sind eine lange Zeit. Das erste Jahr war ich euphorisch. Im letzten Jahr habe ich gemerkt, was mir fehlte. Die Routine, der regelmäßige Austausch mit Freunden, ein eigenes Zuhause“, sagt Wüst. Der Umzug nach Eisenach ist schon gemacht. Diesmal auch wieder mit etwas mehr Gepäck für das neue Heim.

Veröffentlicht

Montag
17. März 2025
09:02 Uhr

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