Geologie Daniel Herwartz rekonstruiert das Klima der Erdgeschichte
Der Sauerstoffkreislauf ist der Schlüssel für einen genauen Blick in die Vergangenheit.
Prof. Dr. Daniel Herwartz hat sich in seiner wissenschaftlichen Karriere schon mit fossilen Knochen, der Datierung von Hochdruckgestein, der frühen Erde und Kosmochemie befasst. Zurzeit interessiert ihn vor allem der Sauerstoffkreislauf, der Einblick in das Klima auf der Erde vor Milliarden von Jahren ermöglicht. Seit 1. Januar 2024 ist er Professor für Sedimentäre Geochemie am Institut für Geologie, Mineralogie und Geophysik der Ruhr-Universität Bochum.
Sedimente bewahren die Erdgeschichte
„Zum Sauerstoffkreislauf gehören der Wasserkreislauf und chemische Sedimente, die sich aus dem Wasser absetzen“, erklärt Daniel Herwartz. Im Wasser gelöste Oxyanionen wie Phosphate, Sulfate, Carbonate oder Kieselsäuren tauschen Isotope mit Wasser aus und erhalten so Informationen von der Hydrosphäre über die Erdgeschichte.
Zum Beispiel basieren Paläothermometer, die schon seit den 1950er-Jahren bekannt sind, auf der Mengenmessung der stabilen Sauerstoffisotope 16O und 18O. Mit dem 18O/16O-Verhältnis lässt sich rekonstruieren, bei welchen Temperaturen ein Organismus – zum Beispiel eine Muschel – seine Schale aus Carbonat gebildet hat. „Die Menge des jeweiligen Isotops hängt vor allem von der damaligen Wassertemperatur im Ozean ab“, erklärt Daniel Herwartz. Das Thermometer hat allerdings Schwächen: Je nachdem, welcher Organismus das Carbonat aus dem Wasser eingebaut hat, differieren die Mengen und machen die Temperaturrekonstruktion unzuverlässig. Auch spätere Alterationsprozesse beeinflussen das Ergebnis. Für die junge Erde, also für die Zeit vor einigen Milliarden Jahren, errechnen sich sehr hohe Wassertemperaturen von bis zu 70 Grad Celsius – dies sind allerdings höchst umstrittene Ergebnisse.
Daniel Herwartz zieht für seine Messungen deswegen das dritte stabile Sauerstoffisotop 17O heran. „Dieses Isotop ist sehr selten, und seine genaue Messung ist herausfordernd“, sagt der Forscher, der dafür ein spezielles Großgerät beschaffen möchte. Die kombinierte Messung aller drei Sauerstoffisotope kann dabei helfen, Fehler in den Rückschlüssen bisheriger Messungen zu erkennen und auch zu korrigieren.
Sauerstoffflüsse vollständig verstehen
„Mein Ziel ist es, die zugrundeliegenden Prozesse und Sauerstoffflüsse vollständig zu verstehen, um die entsprechenden chemischen Sedimente als zuverlässige Archive für die Rekonstruktion der Erdgeschichte zu nutzen“, sagt Daniel Herwartz. „Mit diesem quantitativen Ansatz lassen sich alle sauerstoffhaltigen Verbindungen in der Natur untersuchen, sodass er sich für eine Vielzahl von Themen eignet.“ Zu diesem Themenkomplex bringt Daniel Herwartz sowohl eine Heisenbergprofessur der Deutschen Forschungsgemeinschaft als auch einen Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats mit.
Als Geochemiker arbeitet er einerseits an der Grenze zur Chemie, befasst sich aber auch mit biologischen Fragestellungen. Im Rahmen seiner Heisenbergförderung untersucht Herwartz Sauerstoffisotope in Phosphat-Ionen welche durch Enzyme (Phosphatasen) freigesetzt wurden. In Planung ist zudem ein Projekt zu Insekten in der Atacama-Wüste im Rahmen der geplanten dritten Förderperiode des Sonderforschungsbereichs 1211 „Earth – Evolution at the Dry Limit“, an dem er beteiligt ist. Der O2-Gehalt der Luft weist besonders niedrige 17O/16O-Verhältnisse auf und ist damit ein natürlicher Tracer für Wasser, welches über die Atmung der Tiere erzeugt wird.
Seine Entscheidung für die Ruhr-Universität fiel aufgrund der umfassenden Expertise und der speziell ausgestatteten Labore in seinem Fachgebiet: „Bochum hat seit jeher einen Fokus auf der Carbonat-Geochemie.“