Der Mikro-3D-Drucker von PicoShape nutzt einen Diodenlaser. Mit ihm hat das Start-up-Team bereits auf Glasfaser gedruckt. © RUB, Marquard

Start-up „Es bleibt nicht bei Fördertürmen auf 10-Cent-Münzen“

PicoShape ist eines der Top-Start-ups der Ruhr-Universität Bochum. Mit ihrer Miko-3D-Druckanlage drucken sie besonders kleine und präzise Teile im Mikrometerbereich.

Die Gründer Dr. Nils Surkamp und Jasper Helle halten beim WORLDFACTORY Demo Day 2024 eine 10-Cent-Münze in die Höhe. Erst ein Foto, das sie im nächsten Moment ihres Pitches zeigen, offenbart, was mit bloßem Auge kaum zu erkennen ist. Auf der Münze befindet sich ein mikrometergroßes Modell des Bochumer Fördergerüstes. Gedruckt haben sie das Modell mit ihrer eigenen Anlage für den Mikro-3D-Druck mittels Zwei-Photonen Polymerisation (2PP). Dabei wird mit einem Laser ein Ausgangsmaterial im Laserfokus zu einem festen Kunststoff ausgehärtet. Mit dieser Innovation schaffte es ihr Start-up PicoShape auf Platz drei der vielversprechendsten Start-ups der Ruhr-Universität Bochum 2024.

Neue Lichtquelle für Mikro-3D-Drucker

PicoShape, das sind, neben Nils Surkamp und Jasper Helle, Dr. Benedikt Hofmeister und Felix Behlau. Die Mikro-3D-Druckanlage des Start-ups unterscheidet sich von anderen Druckersystemen durch die Lichtquelle, die für den Druck verwendet wird. Zwar arbeiten alle Systeme mit Ultrakurzpulslasern, doch die bisherigen Lasersysteme seien, laut Nils Surkamp, eher unflexibel, kostspielig und nehmen viel Platz ein. „Wir nutzen Laserdioden. Die sind klein, können in großen Mengen hergestellt und relativ flexibel angesteuert werden.“ Dadurch ersetze PicoShape nicht nur herkömmliche Laser, sondern auch deren Komponenten wie schnelle optische Schalter, die nicht mehr zum Ein- und Ausschalten des Lasers benötigt werden. „Unsere gesamte Anlage ist deutlich kleiner und am Ende auch kostengünstiger“, bestätigt Nils Surkamp.

Mehr Menschen sollen Mikro-3D-Drucker nutzen können

Anwendung finden soll die Mikro-3D-Druckanalge von PicoShape sowohl in der Forschung als auch bei Unternehmen. „Zu den Anwendungsbereichen zählt beispielsweise die Mikrooptik. Hier kann man ganz kleine Optiken auf Kamerasensoren oder Glasfasern drucken“, sagt Felix Behlau. „Auf Glasfasern, deren Durchmesser vergleichbar mit dem menschlicher Haare ist, haben wir selbst schon gedruckt.“ Auch die Anwendungsbereiche Medizintechnik und Mikrofluidik seien denkbar. „Durch unsere kompakte und günstigere 3D-Druckanlage wollen wir Menschen in unterschiedlichen Bereichen an Forschungsinstituten und Universitäten überhaupt erst ermöglichen, mit 2PP zu arbeiten“, beschreibt Jasper Helle die Vision des Start-ups.

Wenn wir schon etwas so Spannendes entwickelt haben, dann soll es auch genutzt werden.


Nils Surkamp

Die Gründungsidee stammt aus einem gemeinsamen Forschungsprojekt von Nils Surkamp und Felix Behlau zu Anwendungen von Diodenlasern und 2PP. Während Nils Surkamp vom Lehrstuhl für Photonik und Terahertztechnologie sich mit Diodenlasern auskennt, bringt Felix Behlau vom Lehrstuhl für Laseranwendungstechnik (LAT) die nötige Kompetenz im Bereich 2PP mit.

Schon nach den ersten Projektergebnissen seien sich die beiden Wissenschaftler einig gewesen, dass man die Erkenntnisse kommerzialisieren sollte. Als die nächsten Versuche dann deutlich besser waren als sie erwartet hatten, habe man die Start-up-Gründung konkret ins Auge gefasst, erklärt Nils Surkamp. „Wir wollen unsere Forschung auf die Straße bringen und nicht nur im Labor stehen. Wenn wir schon etwas so Spannendes entwickelt haben, dann soll es auch genutzt werden.“

Irgendwie hat mich das in diesem Moment so begeistert, dass ich den beiden nachgegangen bin.


Jasper Helle

Jasper Helle, Management-and-Economics-Student im Master, ist kurz vor dem WORLDFACTORY Demo Day im April 2024 zum Team dazugestoßen und ergänzt seitdem die betriebswirtschaftliche Seite des Start-ups. „Dieser neue Blick von außen ist total hilfreich, da Nils und ich seit Jahren an dem Thema forschen“, sagt Felix Behlau. Kennengelernt habe man sich bei einer Veranstaltung zum Thema Entrepreneurship, bei der die anderen PicoShape-Gründer für ihr Start-up warben. „Irgendwie hat mich das in diesem Moment so begeistert, dass ich den beiden nachgegangen bin und sie angesprochen habe. Jetzt bin ich Teil des Teams“, so Jasper Helle. Das Team zu vervollständigen und jemanden zu finden, der charakterlich gut passt und gleichzeitig die richtigen Kompetenzen mitbringt, sei, laut Felix Behlau, die erste größere Herausforderung für die Gründer gewesen.

Ergänzen sich perfekt: Nils Surkamp, der mit Diodenlasern gearbeitet hat, und Felix Behlau, Experte für 2PP (von links) (nicht im Bild: Mitgründer Benedikt Hofmeister und Jasper Helle). © RUB, Marquard
Ergänzen sich perfekt (von links): Nils Surkamp, der mit Diodenlasern gearbeitet hat, und Felix Behlau, Experte für 2PP (nicht im Bild: Mitgründer Benedikt Hofmeister und Jasper Helle).

Wissenschaftler wagen sich in Gründerwelt

„Wir haben als Wissenschaftler angefangen, die einfach eine coole Technologie entwickelt haben und dann gründen wollten, aber wir hatten überhaupt keine Ahnung vom Gründen“, sagt Felix Behlau. Seit ein paar Monaten berät das WORLDFACTORY Start-up Center (WSC) das Team und klärt über die wichtigsten Schritte im Gründungsprozess auf. Gerade jetzt sei die Unterstützung des Beratungsteams besonders wichtig, denn PicoShape bereite sich auf den Antrag für den EXIST Forschungstransfer vor, so Felix Behlau weiter. Auch das Netzwerk und die vielen Workshops, in denen Themen angesprochen werden, mit denen sich die Wissenschaftler ansonsten wenig beschäftigen, seien sehr bereichernd.

Beim Pitch-Event der WORLDFACTORY ist das Team dann zum ersten Mal vor einem Publikum aufgetreten. „Das erste Mal vor mehr als 100 Leuten zu sprechen, ist schon aufregend, aber es war cool zu sehen, dass wir als Team so gut zusammen funktionieren“, erinnert sich Jasper Helle. „Am Ende haben wir es mit dem dritten Platz sogar aufs Treppchen geschafft.“

Das Endziel ist für uns extrem wichtig.


Jasper Helle

In einem Jahr wollen PicoShape an ihren EXIST Forschungstransfer-Projekt arbeiten und erste Teststrukturen an potenzielle Kunden rausgegeben. Auch ein Print-On-Demand-Service für nutzerdefinierte Mikrostrukturen soll etabliert werden. „Im Alltäglichen verliert man manchmal die Vision aus den Augen, aber das Endziel ist für uns extrem wichtig. Mit unseren Anlagen sollen andere forschen und Neues entdecken können, und so das Leben der Menschen verbessern“, sagt Jasper Helle. „Es wird nicht bei Fördertürmen auf 10-Cent-Münzen bleiben.“

Über das WORLDFACTORY Start-up Center

Das WORLDFACTORY Start-up Center (WSC) ist die zentrale Anlaufstelle der Ruhr-Universität Bochum für alle Fragen rund um das Thema Gründung und Transfer. Studierende und Forschende, die ihre Ideen in ein Start-up überführen wollen, finden hier die passende Unterstützung. Das WSC bietet Beratung, Netzwerkveranstaltungen, Workshops und Wettbewerbe sowie die passende Infrastruktur zum Testen innovativer Ideen an.

Das WSC wird als „Exzellenz Start-up Center.NRW“ durch das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

Veröffentlicht

Mittwoch
24. Juli 2024
10:39 Uhr

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