Serie Wissenshäppchen
Geldstücke gehen meist durch hunderte Hände – ohne jemals gereinigt zu werden. Warum fangen wir uns angesichts dieser Tatsache eigentlich nicht ständig irgendwelche Krankheiten ein? © RUB, Marquard

Wissenshäppchen Wie lange überleben Bakterien und Viren auf Münzen?

Ein Geldstück wandert von einer Hand in die nächste und wird nie gereinigt. Wie kommt es, dass wir uns angesichts dessen nicht ständig mit Krankheiten anstecken?

Sie ist unbestritten da: Die Angst der Menschen vor Keimen. Und das ist völlig verständlich. Denn der Gegner ist heimtückisch. Unsichtbar und in unvorstellbarer Anzahl lauert er überall. Was er mit uns vorhat, ob er uns Husten, Schnupfen, Corona oder Mumps an den Hals wünscht, oder doch völlig harmlos ist: Man weiß es vorher nie. Und das Fatale: Im Alltag kommen wir nicht drumherum, Oberflächen anzufassen, von denen wir nicht wissen, was sich alles auf ihnen tummelt. Allein ein Geldstück ist meist durch hunderte Hände gegangen – ohne jemals gereinigt worden zu sein. Warum fangen wir uns angesichts dieser Tatsache eigentlich nicht ständig irgendwelche Krankheiten ein?

Besonders belastet sind beispielweise Türklinken oder Haltegriffe in der U-Bahn sowie feuchte Oberflächen.

— Eike Steinmann

Keime findet man auf allen Oberflächen, darunter verschiedene Bakterien, Pilze sowie Viren. „Besonders belastet sind beispielweise Türklinken oder Haltegriffe in der U-Bahn sowie feuchte Oberflächen. Bei den meisten Keimen handelt es sich jedoch nicht um Krankheitserreger, die der menschlichen Gesundheit schaden. In Krankenhäusern kann dies allerdings zu einem großen Problem werden und zu Infektionen führen“, sagt Prof. Dr. Eike Steinmann vom Lehrstuhl für Molekulare und Medizinische Virologie der Ruhr-Universität Bochum. 

Die häufigsten Keime auf Geldscheinen

Aber auch auf Geldscheinen und Münzen konnten verschiedene Pathogene nachgewiesen werden. Zu den häufigsten Keimen auf Geldscheinen zählen gram-negative sowie gram-positive Bakterien wie E. Coli und Staphylokokken, Hefepilze wie Candida und Pilzsporen von beispielsweise Aspergillus. Lilli Pottkämper, Mitarbeiterin am Lehrstuhl von Eike Steinmann, erklärt: „Sowohl das Material der Oberfläche als auch Umweltfaktoren wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit spielen eine Rolle dabei, wie lang die Keime überleben. Poröse Oberflächen wie Stoff und Pappe scheinen die Stabilität von Viren und Bakterien im Vergleich zu nicht-porösen wie Edelstahl und Kunststoff zu verringern“, sagt die Biologin. 

In der Virologie haben sie mit Experimenten herausgefunden: Kupfer und Silber haben eine leichte antibakterielle Wirkung, weshalb man auf Geldmünzen tendenziell weniger Keime als auf Geldscheinen findet. Auch bei Geldscheinen kann das Material eine Rolle spielen: Baumwollscheine wie zum Beispiel Euro-Scheine und US-Dollar tragen mehr Keime als Polymer-basierende Scheine wie Neuseeland-Dollar. Trotzdem erscheint die Zahl auch auf US-Dollar-Scheinen überraschend gering mit durchschnittlich zehn Bakterien pro Quadratzentimeter. Eine höhere Luftfeuchtigkeit erhöht die Stabilität von Pathogenen, ebenso wie niedrigere Temperaturen, dies gilt besonders für Viren. 

Die Laborbedingungen spiegeln oft nicht das Real-life Scenario wider.

— Lilli Pottkämper

Warum man trotzdem nicht andauernd krank wird, wenn man kontaminierte Oberflächen berührt, hat verschiedene Gründe, wie Lilli Pottkämper erklärt: „Zum einen ist oft die Keimlast recht gering, zum anderen ist der Übertragungsweg nicht immer effizient, da meist eine gewisse Zeitspanne für eine Übertragung benötigt wird. In experimentellen Laborversuchen ist es oft schwierig, genaue Aussagen über das tatsächliche Risiko der Infektion durch Oberflächen zu treffen. Zwar zeigen viele der von Oberflächen isolierten Keime im Labor Stabilitäten von bis zu mehreren Wochen, jedoch spiegeln die Laborbedingungen oft nicht das Real-life Scenario wider. In unserer Arbeitsgruppe konnten wir einen Touch-Transfer Assay etablieren, der die Übertragung von Virus auf Geldscheinen und Münzen zu Fingerspitzen realistisch darstellt. Hier konnten wir nur ein sehr geringes Risiko der Übertragung von SARS-CoV-2 auf diesem Weg feststellen.“ 

Einfacher, aber effizienter Schutz: Händewaschen

Hinzu kommen physiologische Barrieren, wie die Hautbarriere oder Schleimhäute, die uns vor Infektionen schützten. Das Immunsystem eines gesunden Menschen kann gerade mit geringen Keimmengen umgehen, ohne dass es zu Krankheitssymptomen kommt. Gefährlich kann es in erster Linie für immungeschwächte Menschen werden. 

Der effektivste Weg, um Infektionen durch möglicherweise kontaminierte Oberflächen im Alltag zu vermeiden, ist laut Eike Steinmann und Lilli Pottkämper gründliches Händewaschen, insbesondere nach Kontakt mit Oberflächen und Gegenständen im öffentlichen Raum.

Veröffentlicht

Dienstag
26. November 2024
09:31 Uhr

Dieser Artikel wird am 2. Dezember 2024 in Rubin 2/2024 erscheinen.

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