Master mit Prädikat Franz Hansen backt keine kleinen Brötchen
Wenn andere schlafen gehen, steht er auf und geht in die Backstube. Für Bäckermeister Franz Hansen ist aber selbst nach Feierabend längst nicht Schluss. Denn dann wird studiert – und das mit großem Erfolg.
Franz Hansen ist Bäckermeister und arbeitet in Bochum in einem Familienbetrieb. In den vergangenen beiden Jahren studierte er berufsbegleitend an der RUB. Den Studiengang Master of Organizational Management hat Hansen im Dezember 2016 äußerst erfolgreich abgeschlossen: mit 1,0.
Wie kam es, dass Sie sich als Bäckermeister für ein berufsbegleitendes Studium entschieden haben?
Das Masterstudium ist die logische Konsequenz aus dem, was ich bisher gemacht habe: Ich habe direkt nach dem Abitur eine Ausbildung zum Bäcker absolviert, danach sofort neben meiner Arbeit Meisterkurse besucht und meinen Meister gemacht. Da wusste ich schon, okay, Meister ist schön und gut, aber das soll es noch nicht gewesen sein. Also habe ich in Dortmund an der FOM-Hochschule [Anmerkung: früher Fachhochschule für Ökonomie und Management] einen Bachelor in Business Administration erworben – wieder zusätzlich zum Job.
Ich wollte aber noch mehr und wechselte deshalb zur Ruhr-Uni, um am Institut für Arbeitswissenschaft nebenberuflich meinen Master zu machen. Wenn schon, denn schon! Ich wollte immer mehr erfahren und mich weiterentwickeln. Die Vorteile des Studienganges sind die Interaktion der Studierenden und der hohe Praxisbezug.
Es war stets unterhaltsam, mit den Kommilitonen aus unterschiedlichen Branchen zu studieren. Und durch die hohe Praxisnähe konnte ich einiges schnell im Betrieb umsetzen, zum Beispiel Personalführung: wie ich mit Mitarbeitern umgehe, wie ich ein Gespräch führe oder wie ich Aufgaben abgebe und kontrolliere.
Meine Mitarbeiter konnten mich noch ganz gut aushalten.
Haben Ihre Mitarbeiter gemerkt, dass Sie sich mit anderen Ansätzen beschäftigen? Gab es Feedback?
Direktes Feedback nicht. Sie haben aber gemerkt, dass ich mehr unterwegs war als sonst und vielleicht hier und da etwas kritischer war und kleine Veränderungen angestoßen habe. In einigen Situationen war ich auch ein bisschen launisch, weil ein nebenberufliches Studium mit Zeitaufwand und Stress verbunden ist. Aber meine Mitarbeiter konnten mich noch ganz gut aushalten.
Sie haben den Master of Organizational Management gemacht. Warum diese Fachrichtung?
Grundsätzlich geht es in Richtung Unternehmensführung mit dem Schwerpunkt, Veränderungen in Unternehmen zu gestalten. Es besteht die Möglichkeit, dass ich einmal den elterlichen Betrieb übernehme. Vor diesem Hintergrund war das ein sinnvolles Studium für mich, weil es mir erst einmal einen Überblick über die Komplexität der Unternehmensführung gab.
In diesem Studiengang treffen diverse Fachrichtungen aufeinander: Sozialwissenschaft, Rechtswissenschaft, Psychologie und die ganze Bandbreite der Betriebswirtschaftslehre.
Ich arbeite, wenn andere schlafen, und ich schlafe, wenn andere arbeiten.
Wenn ich das Wort Unternehmensführung höre, denke ich eher an große Unternehmen. So groß ist der Betrieb, den Sie übernehmen können, wahrscheinlich nicht. Wie kann man das denn übertragen?
Es ist in der Tat ein kleiner Betrieb mit etwa 15 Angestellten und zwei Verkaufsstellen. Wenn es allerdings in den Übungen während einer Veranstaltung darum ging, Praxistransfer zu gestalten, wurde häufig die Bäckerei als Beispiel genommen.
Die Handwerksbäckerei mit ihrer überschaubaren Größe und ihren transparenten Prozessen eignet sich gut, mit den Kommilitonen Modelle oder Theorien anzuwenden und Lösungen zu formulieren. So konnte ich ausgearbeitete Überlegungen sozusagen direkt mit nach Hause nehmen.
Können Sie kurz erklären, wie Sie den Beruf mit der Uni vereinbaren konnten?
Ein nebenberufliches Studium ist zwangsläufig mit Verzicht auf Freizeit und in der Klausurphase sicherlich mit Verzicht auf Freunde und Familie verbunden. Meine Freunde und meine Familie haben mich allerdings stetig unterstützt, und im Betrieb hat man Rücksicht auf mein Studium genommen. In einem Familienbetrieb ist das vielleicht einfacher als in größeren Unternehmen. Es fällt dann zwar meist mehr Arbeit an, aber es lässt sich leichter miteinander vereinbaren.
Der Nachteil meines Berufes ist ja: Ich arbeite, wenn andere schlafen, und ich schlafe, wenn andere arbeiten. Im Studium erwies sich das als Vorteil, weil die Veranstaltungen nicht in meine Arbeitszeit fielen. Sie fanden meist von 9 bis 18 Uhr statt. Da arbeite ich in der Regel nicht mehr, da schlafe ich.
Von daher musste ich das Studium mehr mit meinem Schlafrhythmus vereinbaren als mit meinem Arbeitsrhythmus. Besonders hart war es aber, wenn am Freitag und am darauf folgenden Samstag ganztägig Veranstaltungen waren, aber das kam glücklicherweise nicht so oft vor.
Ich halte mir durch das Studium die eine oder andere berufliche Option offen.
Wann haben Sie dann eigentlich noch geschlafen?
Ich schlafe ohnehin meist in zwei Etappen auf den ganzen Tag verteilt, jeweils etwa drei bis vier Stunden. Das lässt sich durchaus flexibel gestalten. Zudem glaube ich, dass ich mit relativ wenig Schlaf auskommen kann.
Wie lief das während der Masterarbeit?
Da habe ich nachts beziehungsweise morgens meist ganz normal gearbeitet, geschlafen habe ich wie gewohnt nachts und vormittags. Am Nachmittag konnte ich mich meist um die Masterarbeit kümmern. Die Abende musste ich allerdings etwas aktiver gestalten, damit ich mal ein bisschen aus dem Berufs- und Uni-Leben rauskam.
Das hat offenbar funktioniert. Sie haben innerhalb der Regelstudienzeit mit sehr gut abgeschlossen.
Und das dann an der Ruhr-Universität, die einen sehr guten Ruf hat.
Danke. Wie geht es jetzt weiter für Sie? Sie haben wieder mehr Zeit. Vielleicht für ein Hobby?
Seit ich laufen kann, spiele ich Tennis. Das habe ich vor allem im letzten halben Jahr ein bisschen zurückgefahren. Dafür habe ich nun wieder mehr Zeit. Ansonsten freue ich mich natürlich, meine Freunde und Verwandten wieder häufiger zu sehen.
Wahrscheinlich werden Sie außerdem mit dem Praxistransfer in Ihren Familienbetrieb weitermachen.
Genau. Das lässt sich sicherlich ausbauen. Gleichzeitig mache ich mir natürlich Gedanken, wie ich mein Studium darüber hinaus außerhalb des Betriebes nutzen kann. Ich habe ja studiert, um mich weiterzuentwickeln und vielleicht auch, um einen Handwerksbetrieb durch die Wissenschaft ein wenig zu professionalisieren.
Andererseits halte ich mir durch das Studium noch die eine oder andere berufliche Option offen.
Haben Sie da schon eine konkrete Idee?
Ich bin grundsätzlich vielem aufgeschlossen, was außerhalb des Betriebes geschieht – sei es Wissenschaft oder Unternehmensberatung oder im Netzwerk noch weiter aktiv zu werden. Da gibt es sicherlich Möglichkeiten, für die ich durch den Meister und den Master gute Voraussetzungen geschaffen habe.
Ich betrachte diese Kombination aus Master und Meister als Alleinstellungsmerkmal. Was sich dann daraus ergibt, das wird sich zeigen.