Gebrüder-Deschauer-Preis Klimaschutz, Entscheidungen, Steuern und Schulformen
In ihren Doktorarbeiten lösen RUB-Absolventinnen und -Absolventen Probleme aus dem Leben.
Drei herausragende Doktorarbeiten aus der Wirtschaftswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum (RUB) sind am 17. November mit dem Gebrüder-Deschauer-Preis 2017 ausgezeichnet worden. Darin geht es um die Bewertung von Klimaschutzmaßnahmen, Simulations- und Optimierungsmodelle für schwierige Entscheidungen und die Organisation öffentlicher Institutionen wie etwa Schulformen. Der Preis, der auf der Absolventenfeier der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft verliehen worden ist, wird vergeben von der Gesellschaft der Freunde der RUB.
Klimaschutz-Maßnahmen bewerten
Den Klimawandel auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, wie von der Staatengemeinschaft im Pariser Abkommen beschlossen, wird teuer: Kostenschätzungen reichen bis zu fünf Prozent der weltweiten jährlichen Wirtschaftsleistung über das 21. Jahrhundert hinweg. Dr. Andreas Gerster evaluiert konkrete Klimapolitikmaßnahmen und hilft damit, effiziente Instrumente zu identifizieren.
Er zeigt zum Beispiel, dass die Pflicht, Informationen des Gebäudeausweises zu veröffentlichen, Käufern dabei helfen, die Energieeffizienz von Immobilien zu bewerten. Darüber hinaus liefert er Verbesserungsvorschläge, wie das EU-Label für Elektrogeräte energieeffizientere Kaufentscheidungen anstoßen kann.
Neben diesen klassischen Informationsinstrumenten der Klimapolitik untersucht Gerster auch die Wirkung neuartiger Energiesparbriefe. In einem Experiment weist er nach, dass die Kosteneffektivität solcher Briefe in Deutschland vergleichsweise gering ist und dass sich Erkenntnisse zu diesen Briefen aus den USA nur bedingt übertragen lassen. Andreas Gerster befasst sich in seiner Dissertation außerdem mit dem Strommarkt.
Andreas Gerster, dessen Betreuer Prof. Dr. Manuel Frondel war, arbeitet am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung im Kompetenzbereich Umwelt und Ressourcen.
Schwierige Entscheidungen leichter treffen
Egal, ob es zum Beispiel um den Einsatz von Kraftwerken oder die Kapazitäten im Gesundheitsweisen geht: Planungsprobleme sind häufig sehr komplex, weil die exakten Rahmenbedingungen unvorhersehbar sind und Entscheidungen aufeinander aufbauen. Dr. Matthias Schacht hat sich in seiner Dissertation mit Simulations- und Optimierungsmodellen beschäftigt, die bei Planungsproblemen helfen.
Simulationsmodelle bilden komplexe Realsysteme detailliert ab, um Maßnahmen zu bewerten. Optimierungsmodelle können analytisch aus einem Set an möglichen Alternativen die beste bestimmen. Da der Rechenaufwand jedoch steigt, je detaillierter das Modell ist, muss man abstrahieren. Matthias Schacht untersucht systematisch eine Verbindung von Simulation und Optimierung, um die abstrahierten optimierenden Verfahren mittels Simulation zu prüfen und gegebenenfalls zu verfeinern. Seine neuartigen Optimierungs- und Simulationsmodelle veröffentlichte er in renommierten Fachzeitschriften. Seine Erkenntnisse wurden außerdem schon bei realen Planungsfragen verwendet.
Matthias Schacht arbeitete bis Oktober 2017 am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensforschung und Rechnungswesen, von Prof. Dr. Brigitte Werners, die auch seine Arbeit betreut hat. Mittlerweile ist er als Referent für die Fern-Universität Hagen tätig.
Steuern und Schulformen
Dr. Kristina Strohmaier beschäftigt sich in ihrer Dissertation in vier empirischen Studien mit der optimalen Ausgestaltung öffentlicher Institutionen. Im ersten Teil befasst sie sich mit der staatlichen Besteuerung. Sie zeigt, dass Individuen auf Steuern reagieren wie auch Firmen, zum Beispiel indem sie durch legale Steuervermeidung oder illegale Steuerhinterziehung ihr zu versteuerndes Einkommen reduzieren.
Dann befasst sich Strohmaier mit dem Schulsystem. Sie zeigt, dass der Besuch einer Gesamtschule sich negativ auf das Leistungsniveau von Schülern auswirkt. Darauf aufbauend fragt sie, wie genau Schulsysteme ausgestaltet sein sollen, die auf einer frühen Trennung von Schülern beruhen. Sie vergleicht zwei Schulreformen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, die verbindliche Lehrerempfehlungen abgeschafft haben. Die Ergebnisse zeigen, dass ein freies Wahlrecht der Eltern über die weiterführende Schule ihres Kindes insgesamt zu nominal höherer Bildung führt, da signifikant mehr Kinder eine höhere Schulform besuchen. Gleichzeitig zeigt die Studie jedoch, dass die Reformen zu einer Verdopplung der Wiederholerraten in Klasse fünf geführt haben.
Dr. Kristina Strohmaier war bis September 2017 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik von Prof. Dr. Nadine Riedel tätig, die auch ihre Dissertation betreut hat. Parallel dazu forschte und lehrte sie an der Universität Hohenheim. Im Oktober 2017 erhielt sie einen Ruf als Juniorprofessorin für Finanzwissenschaft an die Eberhard-Karls-Universität Tübingen.