Markus Piotrowski vor einer Kollage des Enzyms, das er untersucht hat. © RUB, Marquard

Biotechnologie Wie die äußere Struktur die Funktion von Enzymen beeinflussen kann

Enzyme, die im Inneren identisch sind, können trotzdem Unterschiedliches tun, je nachdem wie eng sie eingezwängt sind.

Enzyme sind als Biokatalysatoren an vielen Stoffwechselprozessen beteiligt. Sie binden einen bestimmten Stoff, das Substrat, und setzen ihn um. Welche Substrate ein Enzym verarbeitet, wird in der Regel durch die Ausgestaltung der Substratbindetasche in seinem Inneren bestimmt. Ein Forscherteam der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und aus Südafrika hat zwei Enzyme mit identischer Substratbindetasche untersucht, die dennoch unterschiedliche Substrate umsetzen. Dabei zeigte sich, dass Veränderungen an der Oberfläche des Enzyms die Substratspezifität beeinflussen, indem sie die Dichte der Packung im Inneren verändern. Das könnte einen Weg aufzeigen, die Enzymfunktion gezielt zu manipulieren. Die Forscher berichten in der Zeitschrift Communications Biology vom 2. November 2018.

Nur einen einzelnen Baustein getauscht

Da die beiden untersuchten pflanzlichen Enzyme, sogenannte Nitrilasen, einander sehr ähnlich sind, konnten die Wissenschaftler ihre Bausteine Stück für Stück austauschen. „Dabei haben wir festgestellt, dass es ausreicht, einen einzelnen Baustein an der Oberfläche auszutauschen, um dafür zu sorgen, dass das eine Enzym jeweils das Substrat des anderen umsetzt“, erklärt Privatdozent Dr. Markus Piotrowski vom Lehrstuhl für Molekulargenetik und Physiologie der Pflanzen der RUB.

Durchbruch durch Elektronenmikroskopie

Um zu untersuchen, wieso eine Veränderung der Oberfläche die Substratbindung im Inneren beeinflussen kann, nutzten die Forscher die Elektronenmikroskopie. Die untersuchten Nitrilasen lagern sich zu größeren Spiralen zusammen, die groß genug sind, um sie durch Elektronenmikroskopie sichtbar machen zu können. „So konnten wir sehen, dass die Veränderung an der Oberfläche zu unterschiedlich dichten Packungen der Enzymmoleküle in der Spirale führt“, beschreibt Piotrowski. „Das führt vermutlich dazu, dass die Substratbindestelle unterschiedlich stark zusammengedrückt wird.“ In stärker zusammengepresstem Zustand ist die Bindetasche für größere Substratmoleküle nicht mehr zugänglich.

Auch biotechnologisch relevant

Die Nitrilasen sind für die Forscher ein Modell für die Evolution der Enzyme, werden aber auch in der chemischen und pharmazeutischen Industrie als Biokatalysatoren eingesetzt. Bisherige Versuche, die Enzyme durch gezielte Veränderungen an der Substratbindestelle zu modifizieren, waren aber weitgehend erfolglos. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass man auch auf die sogenannte Quartärstruktur achten muss, also die Art, wie sich die einzelnen Enzymmoleküle zusammenlagern“, sagt Markus Piotrowski. Gezielte Veränderungen der Enzymfunktion könnten also gelingen, ohne Veränderungen am Enzym selbst durchzuführen, alleine dadurch, dass man sie in unterschiedlich dichte Nitrilase-Spiralen einzwängt.

Förderung

Die Arbeiten wurden gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die National Research Foundation of South Africa, sowie den DFG-Open-Access-Publikationsfonds der Ruhr-Universität Bochum.

Originalveröffentlichung

Jeremy D. Woodward, Inga Trompetter, B. Trevor Sewell, Markus Piotrowski: Substrate specificity of plant nitrilase complexes is affected by their helical twist, in: Communications Biology, 2018, DOI: 10.1038/s42003-018-0186-4

Pressekontakt

Dr. Markus Piotrowski
Lehrstuhl für Molekulargenetik und Physiologie der Pflanzen
Fakultät für Biologie und Biotechnologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 24290
E-Mail: markus.piotrowski@rub.de

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Veröffentlicht

Dienstag
06. November 2018
09:17 Uhr

Von

Meike Drießen

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