Das „Ice Cube“-Observatorium befindet sich an der Amundsen-Scott-Südpolstation. © IceCube/NSF

Astrophysik Neutrino-Detektor „Ice Cube“ am Südpol wird ausgebaut

Neutrinos sind die am wenigsten verstandenen Teilchen im Standardmodell der Teilchenphysik. Mit einem verbesserten Detektor will ein internationales Konsortium ihre Geheimnisse entschlüsseln.

Seit 2009 sucht der Detektor „Ice Cube“ in der Antarktis nach den Quellen der kosmischen Strahlung. Bislang war das System für die Suche nach hochenergetischen Teilchen, genauer gesagt Neutrinos, ausgelegt. Nun wird der Detektor weiter ausgebaut, sodass er künftig auch Neutrinos mit niedrigeren Energien aufspüren kann. Die National Science Foundation der USA fördert den mit 23 Millionen US-Dollar veranschlagten Detektor-Ausbau. Er soll im antarktischen Sommer 2022/23 erfolgen. Teil des internationalen Forschungskonsortiums ist das Team um Prof. Dr. Julia Tjus vom Lehrstuhl für Theoretische Physik, insbesondere Plasma-Astroteilchenphysik der Ruhr-Universität Bochum.

Physik jenseits des Standardmodells?

Drei Arten von Neutrinos sind bislang bekannt: Tau-, Myon-, und Elektronneutrino. Sie unterschieden sich beispielsweise in Masse und Energie. Die Umwandlung von einer Spezies in eine andere wird als Oszillation bezeichnet. Diese Neutrino-Oszillationen wollen die Forscherinnen und Forscher genauer untersuchen. Ein besseres Verständnis würde ermöglichen, das Standardmodell der Teilchenphysik weiter zu optimieren. „Es ist auch sehr gut möglich, dass wir durch die neuen Messungen eine Physik jenseits des Standardmodells entdecken werden“, sagt Julia Tjus.

So haben Neutrinos Eigenschaften, die im Standardmodell der Teilchenphysik derzeit nicht erfasst sind, wie die oben angesprochenen Neutrino-Oszillationen. Außerdem gibt es Hinweise auf eine vierte Neutrino-Spezies. Neue Messungen, auch mit dem erweiterten „Ice Cube“-Detektor, sind dafür da, diese unerwarteten Effekte besser zu verstehen und damit auch die Physik jenseits des Standardmodells.

Messdaten noch besser interpretieren

Der „Ice Cube“-Detektor ist tief ins Eis am Südpol eingelassen. Sensoren erfassen indirekte Lichtsignale, die Neutrinos bei der Wechselwirkung mit anderen Teilchen im Eis erzeugen. Aus diesen Signalen rekonstruieren die Forscher die Eigenschaften des detektierten Neutrinos. Um die Rekonstruktion zu verbessern, wollen sie in der neuen Projektlaufphase die optischen Eigenschaften des Eises, das den Detektor umschließt, genauer vermessen. Das könnte auch helfen, die Messergebnisse aus den vergangenen Jahren noch genauer zu interpretieren.

So werden die Neutrinos detektiert

Neutrinos werden aufgrund ihrer Fähigkeit, Raum und Materie über galaktische Distanzen zu durchdringen, manchmal auch Geisterteilchen genannt. Dieses geisterhafte Verhalten resultiert aus ihrer schwachen Wechselwirkung mit Materie. Falls Neutrinos mit anderen Teilchen im oder in der Nähe des Detektors reagieren, erzeugen sie elektrisch geladene Teilchen wie zum Beispiel Myonen, die den Detektor mit so hoher Geschwindigkeit durchfliegen, dass sie ein bläuliches Licht aussenden. Dieses Cherenkov-Licht wird von den optischen Sensoren des Detektors gemessen und zur Rekonstruktion der Richtung und der Energie des Neutrinos genutzt. Mittels der Verteilung des Lichts können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch die verschiedenen Neutrino-Spezies unterscheiden.

Über das „Ice Cube“-Projekt

Das „Ice Cube“-Neutrino-Observatorium befindet sich an der Amundsen-Scott-Südpolstation. Das Management und der Betrieb des Observatoriums erfolgt durch das Wisconsin Ice Cube Particle Astrophysics Center an der University of Wisconsin-Madison. Das Wissenschaftsprogramm wird von der internationalen „Ice Cube“-Kollaboration mit mehr als 300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 52 Instituten in zwölf Ländern durchgeführt. Nach den USA ist Deutschland der wichtigste Partner bei „Ice Cube“.

Pressekontakt

Prof. Dr. Julia Tjus
Lehrstuhl für Theoretische Physik, insbesondere Plasma-Astroteilchenphysik
Fakultät für Physik und Astronomie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 28778
E-Mail: julia.tjus@rub.de

Veröffentlicht

Mittwoch
17. Juli 2019
08:12 Uhr

Von

Julia Weiler

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