Interview Mehr Nähe, mehr Transparenz
Der Personalrat soll wieder näher „ran an die Beschäftigten“, sagt die neue Vorsitzende. Im Interview stellt Julia Schmidt ihre Pläne und Ziele vor und schaut auf ein turbulentes Jahr zurück.
Julia Schmidt ist die neue Vorsitzende des Personalrats der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Technik und Verwaltung der RUB. Am 19. November 2020 wurde sie auf der konstituierenden Sitzung gewählt. Die wegen der Coronapandemie verkürzte Amtszeit des Personalrats läuft bis zum 30. Juni 2024. Nach dem Rücktritt des vorigen Personalrats und der Corona-bedingt mehrfach verschobenen Neuwahl im Jahr 2020 kann das Gremium nun wieder durchstarten. Wie genau, das erläutert Schmidt im Interview.
Frau Schmidt, wie fällt ihr Fazit für das Jahr 2020 aus?
Das war eine ereignisreiche Zeit. Bis Januar 2020 war ich selbst ja nur Ersatzmitglied auf der Verdi-Liste und bin erst nachgerutscht, als Frank Markner und Nicole Wesener zurückgetreten sind. Dann wurde ich direkt stellvertretende Vorsitzende, das war so ein „huch“-Moment – von Null auf Hundert sozusagen. Deswegen habe ich auch nicht sofort als Vorsitzende kandidiert, obwohl ich vorgeschlagen war. Ich habe mich da von den alten Hasen entsprechend beraten lassen – und hatte natürlich damit gerechnet, dass wir im April Neuwahlen haben und ich dann da vielleicht schon kandidieren kann. Da war ja alles schon vorbereitet und ich war auf Platz eins, aber Corona hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es war auch eine schwierige und heftige Zeit, weil die Hälfte der Leute inzwischen nicht mehr im Personalrat aktiv ist und nun so viele Neue dabei sind.
Wie sieht der neue Personalrat aus?
Wir sind vier Vorsitzende – neben mir sind das die Stellvertreter Michaela Sarazin, Jörg Sänger und Peter Kardell. Im vorigen Personalrat entfielen dreieinhalb Vollzeitäquivalente – also dreieinhalb Freistellungen – auf die vier Vorsitzenden. Über den Sommer habe ich das als geschäftsführende Vorsitzende quasi allein mit einem halben Vollzeitäquivalent gemacht. Ich hatte bis vor Kurzem ja nur eine halbe Stelle an der RUB – und meine beiden Stellvertreter wollten keine Freistellung. Ich bin nun froh, dass wir wieder zu viert sind und dass wir die künftigen Aufgaben mit zunächst zweieinhalb, später drei Freistellungen in Angriff nehmen.
Welches ist dabei die größte Herausforderung?
Die Schulungen sind ein riesen Problem, da sie wegen Corona nicht normal stattfinden. Wenn die Leute neu dabei sind, wissen sie ja gar nicht, worin zum Beispiel der Unterschied zwischen Mitbestimmung, Mitwirkung und Anhörung liegt. Dafür gibt es nicht umsonst dreimal je eine Woche Schulung für neue Personalratsmitglieder – und das sind nur die Grundlagen der Personalratsarbeit ohne die ganzen anderen komplexen Themen aus dem Tarif- oder Arbeitsrecht.
Bei den ganzen Terminen in Videokonferenzen fehlt der persönliche Kontakt.
Julia Schmidt
Die zweite große Herausforderung mit Blick auf das ausgehende Jahr ist die Teamfindung: Bei den ganzen Terminen in Videokonferenzen fehlt der persönliche Kontakt, die Mimik, Gestik, die Kommunikation am Rande. Normalerweise hat man nach einer Wahl eine Klausurtagung, um sich zu organisieren und richtig kennenzulernen, das geht nun leider erst frühestens im Frühjahr 2021.
Alle Sitzungen und Termine finden als Videokonferenz statt?
Ja. Unsere reguläre Personalratssitzung zum Beispiel ist donnerstags, da haben wir jetzt beschlossen, eine zeitliche Obergrenze festzusetzen. Nach drei, dreieinhalb Stunden ist das Limit bei einer Videokonferenz erreicht, daher endet unsere Sitzung spätestens um 12 Uhr oder sie wird für eine längere Pause unterbrochen.
Welches sind Ihre großen Ziele für die nächste Zeit?
Mehr Nähe und mehr Transparenz. Ich will auf jeden Fall wieder mehr Nähe schaffen. Ich glaube, dass wir für die Beschäftigten nicht greifbar genug waren, daher möchte ich nun wieder ran an die Belegschaft – und zwar mit mehr Bodenhaftung. Die erste Maßnahme auf dem Weg dahin ist, dass wir alle neuen Mitglieder darin schulen, wie man Vorstellungsgespräche begleitet, damit wir da wieder wesentlich präsenter sind und das auch auf mehr Schultern verteilen. Was bewegt die Leute, wo haben sie Fragen, wo liegen die Probleme? Das bekommen wir auf diesem Wege sehr gut mit. Und für die Beteiligten, sei es die Vorgesetzten und Teamleiter oder auch für die Bewerberinnen und Bewerber, ist es ja auch eine Form der Wertschätzung, wenn der Personalrat bei solchen Gesprächen dabei ist.
Wir wollen klarer und deutlicher machen, was der Personalrat tun kann und was nicht.
Julia Schmidt
Zur Transparenz zählt auch, dass wir gerade dabei sind, unsere Homepage zu überarbeiten: bessere Übersichtlichkeit, mehr Inhalte, wir wollen klarer und deutlicher machen, was der Personalrat tun kann und was nicht, zum Beispiel durch ein gutes FAQ. Grundsätzlich ist es so, dass wir aufgrund der Verschwiegenheitspflicht über unsere ganzen Beschlüsse und einen großen Teil unserer Arbeit gar nicht wirklich berichten können. Daher wollen wir im Rahmen der vorgegebenen und gesetzlichen Möglichkeiten unsere interne Öffentlichkeitsarbeit verbessern.
Was wünschen Sie sich persönlich für die Zeit als Vorsitzende?
Schwierige Frage. Darüber habe ich mir noch gar keinen Kopf machen können, da ich nur am rödeln bin. Wir machen gerade einen echten Restart. Ich erfahre überall eigentlich nur Wertschätzung und Anerkennung, nicht nur ich persönlich, sondern unsere neuen Vorsitzenden. Für unsere Arbeit würde ich mir wünschen, dass die Aufgaben wieder auf noch mehr Leute verteilt werden können und es nicht immer die gleichen sind, die was machen.
Die reguläre Personalversammlung fällt in diesem Jahr aus. Was erwarten Sie von der digitalen Infoveranstaltung des Personalrats am 9. Dezember?
Ich hoffe auf eine hohe Beteiligung. Viele Dinge wird man in diesem Format nicht machen können, zum Beispiel aufstehen und der verstorbenen Kolleginnen und Kollegen gedenken, das geht leider nicht. Der neue Personalrat stellt sich vor, und ich würde mir wünschen, dass viele Fragen kommen und dass auch nach den derzeitigen Herausforderungen gefragt wird, etwa Homeoffice. Insgesamt wäre es schön, wenn nun nicht immer nur nach dem gefragt werden würde, was dieses Jahr war, sondern auch nach dem, was kommt.