Ärztliche Entscheidungskonflikte Ein lebhafter Austausch zur Triage
In zwei Online-Veranstaltungen geht es um ein kontrovers diskutiertes Thema.
Mit seinem Beschluss vom 16. Dezember 2021 hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber auferlegt, unverzüglich geeignete Vorkehrungen zu treffen, um im Fall einer Triage jede Benachteiligung wegen einer Behinderung auszuschließen. Das stellt die Politik vor eine Herausforderung, zugleich hat die Entscheidung eine lebhafte Debatte in der Fachwelt ausgelöst. Über alle nun anstehenden Fragen wollen Prof. Dr. Burkhard Kämper und Prof. Dr. Arno Schilberg, beide Honorarprofessoren an der Juristischen Fakultät der RUB, in zwei Online-Veranstaltungen mit Vertretern verschiedener Disziplinen ins Gespräch kommen. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.
Mit Triage ist eine Situation gemeint, in der intensivmedizinische Ressourcen nicht für alle Behandlungsbedürftigen ausreichen, sodass über deren Verteilung entschieden werden muss – diese Problematik ist insbesondere während der Infektionswellen der Corona-Pandemie im öffentlichen Bewusstsein angekommen und auch bereits kontrovers diskutiert worden.
Nach Ansicht des Gerichts können die bisher bestehenden fachlichen Empfehlungen der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin das Risiko einer Diskriminierung durch ärztliches und pflegendes Gesundheitspersonal nicht ausschließen. Damit hat es eine Handlungspflicht des Gesetzgebers aus dem Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung nach Artikel 3, Absatz 3, Satz 2 Grundgesetz abgeleitet. Die Fachwelt debattiert nun: Einerseits wird der Beschluss gerade von Fachverbänden als wirksames Instrument zur Vermeidung von Benachteiligungen begrüßt. Demgegenüber werden aus Fachkreisen deutliche Zweifel gerade an der Tauglichkeit des vom Bundesverfassungsgericht als zulässig erachteten Kriteriums der klinischen Erfolgsaussichten geäußert.