Interview Die UB hat ein neues Gesicht
Jörg Albrecht ist neuer Direktor der Universitätsbibliothek und spricht erstmals über seine Pläne.
Um die UB kommt man als Dozentin oder Student der RUB nicht herum. Dank der zentralen Lage kennt jeder den Ort der vielen Bücher, der Begegnung oder des nächtelangen Auswendiglernens. Seit Ende August 2022 ist Dr. Jörg Albrecht neuer Direktor der UB und damit Nachfolger von Dr. Erdmute Lapp, die die Bibliothek über 20 Jahre lang geleitet hatte. Im Interview mit der Studentin Julia Alfringhaus stellt Jörg Albrecht seine Ideen und Ziele vor.
Herr Dr. Albrecht, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zum neuen Amt. War es schon immer Ihr Traum, so eine riesige Bibliothek zu leiten?
Danke. Leiten hat mir schon immer Freude gemacht. Ich habe schon in der Bibliothek der Fachhochschule Düsseldorf Leitungsaufgaben übernommen, an der ich stellvertretender Leiter war. Hier in der UB Bochum habe ich dann verschiedene Stationen durchlaufen. Begonnen habe ich mit der IT-Abteilung, die ich neu aufgebaut und insgesamt 17 Jahre lang geleitet habe. Mir wurden dann schnell zusätzliche Führungsaufgaben anvertraut, wie beispielsweise die zweijährige kommissarische Leitung der Medienbearbeitung. Seit 2010 leite ich die Benutzungs- und Informationsdienste der UB. Es macht mir sehr viel Freude, Mitarbeitenden gute Rahmenbedingungen für ihre Arbeit zu schaffen, innovativ zu sein und Verantwortung zu übernehmen.
Zur Person
Was genau sind denn Ihre Aufgaben als Direktor der UB?
Meine Aufgaben sind, das Bibliotheksteam zu leiten und für die Kolleginnen und Kollegen die bestmöglichen Arbeitsbedingungen zu schaffen, für die innovative Weiterentwicklung der Bibliothek zu sorgen und einen guten, insbesondere digitalen Medienbestand sicherzustellen. Eine sehr wichtige Aufgabe ist es auch, die Kommunikation mit der Hochschulleitung sicherzustellen, damit wir als Bibliothek die Ziele der gesamten Universität bestmöglich unterstützen können.
Fünf Merkmale der UB
Stellen Sie sich vor, Sie treffen Studierende auf dem Campus, und diese wissen noch nichts über die Universitätsbibliothek. Welche fünf Dinge sollten sie und sollten alle Studierenden über die UB wissen?
Wir haben das sehr gute Café Edwards, einen echten Magneten für Studierende. Darüber hinaus ist die UB zu einem attraktiven Lernort geworden. Erst vor kurzem ist das neue Schreibcafé in Kooperation mit dem Zentrum für Wissenschaftsdidaktik hinzugekommen. Dort wird neben der Schreibberatung durch das Schreibzentrum ein neuer, hochattraktiver Lernraum zur Verfügung gestellt. Der dritte Punkt ist das digitale Dienstleistungsangebot der UB.
Auf die digitalen Medien und Informationen kann man als Mitglied der RUB nicht nur vor Ort, sondern weltweit zugreifen. Die Beratungstheke ist ein weiteres Angebot, das Studierende unbedingt kennen sollten. Alle Fragen, wie die Ausleihkonditionen oder welche fachspezifischen Datenbanken es gibt und wie ich diese nutzen kann, werden dort beantwortet. Abschließend ist unser Schulungs- und Kursangebot zu nennen. Dort lernt man, wie man Literatur findet, bewertet, Literaturverzeichnisse softwaregestützt erstellt und wie man in der digitalen Welt die Relevanz und Güte von Informationen bewertet.
Studierende sind ohnehin eine der zentralen Zielgruppen für Sie. Neben Workshops und Beratungen bieten Sie auch das Kaffeepausenformat „Coffee Lectures“ an. Was genau ist das? Und wer kann teilnehmen?
Dabei handelt es sich um 15-minütige digitale Informationsveranstaltungen per Zoom über die Inhalte und Services der UB Bochum. Bei einer entspannten Tee- oder Kaffeetasse wollen wir Appetit auf mehr UB machen und auf studien- und forschungsrelevante Dienstleistungsangebote hinweisen. Teilnehmen können alle Interessierten, Hochschulangehörige und Externe wie zum Beispiel unsere Gäste aus der Stadt.
Zentrale Rollen der UB: Vernetzung, Nachhaltigkeit und Verfügbarkeit
Zu Ihren Zielen gehört, Services und Bibliotheksräume mit hoher Aufenthaltsqualität bereitzustellen, um Studium, Lehre und Forschung der Ruhr-Universität Bochum nachhaltig und kompetent zu unterstützen. Wie wird dies konkret für Studierende und Lehrende realisiert?
Zunächst möchte ich auf die Informationsversorgung eingehen. Wir haben ein Team von Fachleuten, die zielgerichtet die für die Studierenden und Forschenden relevante Studienliteratur und digitale Informationen kaufen und lizenzieren. Im Zuge des Wandels von Print zum Digitalen gilt es, den gesamten dreipoligen Campus mit elektronischen Medien zu versorgen. Ein Zukunftsprojekt dabei ist, das neue Technologiequartier der Ruhr Universität Bochum auf Mark 51.7 auf dem früheren Opelgelände, an dem Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft in den Austausch treten, mit einzubeziehen.
Auch die Barrierefreiheit wollen wir weiter voranbringen.
Das klingt spannend. Und was planen Sie darüber hinaus?
Renovierungen, neue Möbel und LED-Einzelplatzleuchten sind ein Teil dessen, was schon in der UB passiert ist. Weiteren Optimierungsbedarf gibt es in Hinblick auf das Thema Nachhaltigkeit. Zusammen mit unserer Nachhaltigkeits-AG planen wir, zukünftig die Deckenbeleuchtung durch LED-Leuchten auszutauschen und die UB noch grüner zu gestalten. Auch die Barrierefreiheit wollen wir weiter voranbringen. 2021 haben wir bereits erfolgreich ein digitales Leitsystem installiert, das auch Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen die barrierefreien Laufwege zu den Büchern und der Gebäudeausstattung, wie zum Beispiel zu unseren DIN-A3-Hochleistungsscannern anzeigt. Erweiternd überprüfen wir gerade die Umsetzung eines taktilen Leitsystems für Sehbeeinträchtigte.
Für den Studierendenalltag wollen wir die Form des hybriden Lernens stärker unterstützen und wünschen uns in naher Zukunft die Errichtung von „Think Tanks“. Das sind schalldichte und möblierte „Raum-in-Raum-Lösungen“ mit Glaswänden und technischer Ausstattung, die als Gruppenarbeitsräume, für die Teilnahme an Zoom-Vorlesungen oder für Meetings buchbar sein sollen.
Außerdem arbeiten wir derzeit daran, bis zum Herbst 2023 ein neues elektronisches Bibliothekssystem einzuführen. Die Suche nach Literatur und der Zugriff auf die Online-Medien soll dann für Studierende durch ein neues Discovery-System verbessert werden. Wir wollen auch prüfen, ob die Suche durch KI-Algorithmen weiter vereinfacht werden kann.
Freie Verfügbarkeit von Forschungsoutput
Sie setzen hier also auf Künstliche Intelligenz?
Ja, wir verfolgen die neuesten digitalen Trends und wollen diese perspektivisch für die Verbesserung unserer Services nutzen.
Dazu gehört auch, dass sich unsere Kurs- und Schulungsangebote zur Vermittlung von Informationskompetenz immer mehr in den digitalen Raum verschieben und wir – neben den Präsenzformaten – die digitalen Formate stark ausbauen und an die Nutzungserwartungen unserer Kunden anpassen. So stehen den Lehrenden und Studierenden immer mehr fachbezogene Moodle-Kurse sowie Erklärvideos auf einem UB-eigenen YouTube-Kanal zur Verfügung. Auch für diejenigen, die sich unsere Angebote lieber über das Anhören von Podcasts erklären lassen, haben wir ein wachsendes Angebot.
Bibliotheken wandeln sich zurzeit ohnehin rasant durch die Digitalisierung und den Open-Science-Gedanken.
Bibliotheken wandeln sich zurzeit ohnehin rasant durch die Digitalisierung und den Open-Science-Gedanken. Dadurch entstehen neue forschungsnahe Dienstleistungsaufgaben für wissenschaftliche Bibliotheken. Die UB greift diese auf und wird sie in Zukunft weiter ausbauen. Für die UB Bochum sind zum Beispiel die Dienstleistungen rund um das neue „Digital Humanties Center“ zu nennen. Das Zentrum fördert die Integration der Informationstechnologie in die Geisteswissenschaften und bietet dafür relevante digitale Forschungsinstrumente an. Wir beraten bereits bei Projektanträgen in Bezug auf Software-Tools, implementieren diese und passen diese bei Bedarf an die Forschungsfragen an.
Außerdem unterstützt die UB die Open Access Transformation und das Open Access Publizieren an der RUB durch eigene Publikationsdienste und durch Open Access Fonds mit eingeworbenen DFG-Drittmitteln.
Das alles werden wir in Zukunft weiter ausbauen, und wir prüfen in enger Absprache mit der Hochschulleitung den Aufbau neuer Dienstleistungen, wie zum Beispiel einer Beratungsstelle für die digitale Langzeitverfügbarkeit von Forschungsergebnissen.
Zu guter Letzt, was ist Ihr Lieblingsbuch in der UB?
Mein Lieblingsbuch … Ich bin Biologe und schaue gern einmal in die neuesten Lehrbücher zur Pflanzenphysiologie, ein Schwerpunktfach meines Studiums. Dieser Themenbereich interessiert mich immer noch. Man kommt als Verwaltungsleiter nur noch wenig dazu, aber bei der Beschaffung der Literatur für die Studierenden stoße ich immer mal wieder auf einen interessanten Titel, der mich an meine Studienzeit erinnert.