Interview Was die RUB gegen rechtsextreme Aktivitäten auf dem Campus unternimmt
Prorektorin Isolde Karle erklärt im Interview, wie sich die Universität gegen rechtsextreme Strömungen auf dem Campus behaupten kann.
Ein Jahr ist es her, dass große Teile der Bochumer Stadtbevölkerung auf die Straße gegangen sind, um gegen Rechtsextremismus und für Freiheit und Demokratie zu demonstrieren. Auch viele RUB-Mitglieder waren dabei. Seitdem ist viel passiert: Rechtsextreme Gruppen und Parteien haben bundesweit an Zulauf und Sichtbarkeit gewonnen, die globale Weltordnung erfährt einen immer stärkeren Ruck hin zu autoritären, demokratiefeindlichen Regimen. Wie sieht es an den Hochschulen aus und speziell an der Ruhr-Universität? Prof. Dr. Isolde Karle, Prorektorin für Diversität, erklärt im Interview, wie sich die Universität gegen rechtsextreme Strömungen auf dem Campus behaupten kann.
Hochschulen gelten gemeinhin als eine feste Burg für Vielfalt und Freiheit. Gibt es überhaupt rechtsextreme Aktivitäten auf dem Campus der Ruhr-Universität?
Die Fälle haben sich, wie an vielen Hochschulen, auch bei uns im letzten Jahr gehäuft. Dazu gehört zum Beispiel das Anbringen von diskriminierenden, rassistischen, antisemitischen oder queerfeindlichen Stickern oder Plakaten, und auch Schmierereien auf dem Campus mit einschlägigen Symbolen oder Codes, Angriffe auf Wissenschaftler*innen per Mail, Brief, Telefon und Social Media bis hin zu einem Fall von Sachbeschädigung am Büro eines Professors der Universität.
Was kann die Uni dagegen machen?
Jede uns bekannte Aktivität dieser Art wird von unserem Justitiariat sofort zur Anzeige gebracht, sofern sie strafrechtlich relevant ist. Wir gehen jedem Hinweis nach und arbeiten dazu eng mit der Polizei Bochum zusammen. Sollte es sich bei den Tätern um Studierende oder Beschäftigte handeln, die nachweislich politisch motivierte Straftaten auf dem Campus begangen haben, werden diese bei besonders schweren Verstößen exmatrikuliert beziehungsweise vom Dienst suspendiert. Je nach Fall können wir auch niedrigschwellige Sanktionen verhängen, die vom Ausspruch einer Rüge bis zum Ausschluss an einzelnen Lehrveranstaltungen reichen.
Wir sehen nicht tatenlos zu.
Wie reagiert die RUB, wenn bekannt wird, dass Mitglieder der RUB einer rechtsextremen Vereinigung angehören?
Die rechtsstaatlichen Prinzipien der Meinungsfreiheit, die wir ja schützen und verteidigen wollen, erlauben nicht, dass Menschen wegen ihrer mutmaßlichen Gesinnung sanktioniert werden. Das gilt auch für Neonazis. Dennoch sehen wir nicht tatenlos zu. Wir melden solche Fälle der Polizei beziehungsweise dem Staatsschutz und tragen so dazu bei, dass Gefährder*innen besser beobachtet und strafrechtliche Ermittlungen unterstützt werden. Solche Prozesse laufen im Hintergrund ab und werden nicht öffentlich gemacht, nicht zuletzt aus ermittlungstaktischen aber auch aus datenschutzrechtlichen Gründen.
Jenseits der strafbewehrten und leicht erkennbaren Fälle sehe ich aber eine weitere Gefahr: Den schleichenden Rechtsruck unserer Gesellschaft, gegen die auch Unis nicht immun sind. Rechtsextreme Jugendorganisationen könnten versuchen, sich als gemäßigte Gruppen zu tarnen, um rechtsextremes Gedankengut auch an Hochschulen salonfähig zu machen. Ihre Sympathisant*innen verschieben die Grenzen des Sagbaren immer weiter nach rechts, sie finden Mitläufer und liefern den Feinden der Demokratie eine immer größere Machtbasis. Wie das funktioniert, wissen wir nicht nur aus historischer Erfahrung. Wir sehen diese schleichende Verschiebung in der politischen Landschaft Deutschlands wie auch in etlichen Nachbarländern. Hier sind wir gefordert, dem als Institution aber auch durch das entschiedene Auftreten jeder einzelnen Person entgegenzutreten.
Gemeinsam können wir es schaffen, dass wir eine robuste Institution für Freiheit und Vielfalt bleiben.
Was sollen Studierende konkret machen, wenn sie zum Beispiel im Seminar mit rechtsextremen Äußerungen von anderen Studierenden konfrontiert werden?
Bereits jetzt bietet die Ruhr-Universität Anlaufstellen und Informationsangebote, wie jede*r einzelne sich gegen diskriminierende Äußerungen und rechtsextreme Tendenzen zur Wehr setzen und sich im konkreten Fall verhalten kann (siehe Infokasten). Darüber hinaus diskutieren wir, welche strukturellen Maßnahmen wir zusätzlich anbieten können, um Lehrende und Studierende im Umgang mit rechtsextremen, verfassungsfeindlichen Äußerungen noch besser zu unterstützen, zum Beispiel durch besondere Schulungen und Seminare mit konkreten Handlungsempfehlungen. Bislang ist die RUB stabil gegen Rechtsextreme. Gemeinsam können wir es schaffen, dass wir eine robuste Institution für Freiheit und Vielfalt bleiben. Wir sind dankbar für jeden Hinweis auf rechtsextreme Aktivitäten und möchten alle Mitglieder ermutigen, nicht wegzuschauen und sich im Zweifel an die Antidiskriminierungsbeauftragte zu wenden.
Info- und Hilfsangebote