FAACT-Pellens-Preis 2023 Was Finanzanalysten wissen wollen
Über 300.000 Fragen hat Anna Nowotsch analysiert, um diese Frage zu beantworten. Ihre prämierte Masterarbeit gibt Unternehmen Anstöße für die Kommunikation.
Unternehmen müssen Informationen offenlegen – aber sind es diejenigen, die Finanzanalysten auch interessieren? Diese Frage beantwortete Anna Nowotsch durch die Analyse von über 300.000 Fragen in sogenannten Conference Calls mithilfe eines computergestützten Textanalyseverfahrens. Für ihre Masterarbeit „Der Informationsbedarf an Kapitalmärkten – Eine empirische Analyse von Conference Calls“, die von Prof. Dr. Stephan Paul an der Ruhr-Universität Bochum betreut wurde, erhielt sie am 17. Mai 2023 den FAACT-Pellens-Preis 2023. FAACT steht für Finance/Accounting/Auditing/Controlling/Taxation.
Fragen aus den Jahren 2003 bis 2022
Schon seit den 1960er-Jahren wird analysiert, welche Informationen Unternehmen offenlegen und wie die Kapitalmärkte darauf reagieren. Was aber im Dunkeln blieb, war, welche Informationen Finanzanalysten eigentlich gerne hätten. Um das herauszufinden, hat Anna Nowotsch sogenannte Conference Calls ausgewertet, bei denen Analysten dem Management von Unternehmen Fragen stellen können. Darauf basierend führte Anna Nowotsch in ihrer Masterarbeit eine Themenanalyse durch, die Informationsdefizite am Kapitalmarkt anhand der in Conference Calls meistnachgefragten Themen identifiziert. Datengrundlage bilden alle Fragen aus Conference Calls der STOXX Europe 600-Unternehmen der Jahre 2003 bis 2022, die über Thomson Reuters Eikon verfügbar sind. Mit computergestützten Textanalyseverfahren konnte sie über 300.000 Fragen analysieren.
„Die größten und über die Zeit und für alle Industrien konstantesten Informationsdefizite bestehen für die Themen Finanzkennzahlen, Produktion und Nachfrage sowie zukünftige Auswirkungen“, berichtet die Wirtschaftswissenschaftlerin. „Hohe, aber mit der Zeit abnehmende Informationsdefizite treten bei den Themen Rechnungslegung und Wettbewerb auf.“ Passend zur steigenden Relevanz der Nachhaltigkeitstransformation beobachtete sie zwar geringere, aber wachsende Informationsdefizite für Themen mit Bezug zur Nachhaltigkeit wie Erneuerbare Energien und CO2-Emissionen. Im Gegenzug sinkt der Informationsbedarf für das Thema Fossile Energien und Atomkraft. „Diese Informationsdefizite könnten Unternehmen ein Anstoß sein, ihre Kapitalmarktkommunikation anzupassen“, sagt Anna Nowotsch. Auch die Offenlegungsvorschriften könnten angepasst an Themen und Adressaten überarbeitet werden.