Mehdi Behroozi, Felix Ströckens und Xavier Helluy (von links) konnten zum ersten Mal Krokodilgehirne mit Kernspintomografie untersuchen.
© RUB, Marquard

Biopsychologie Krokodile hören klassische Musik im Kernspintomografen

Zum ersten Mal sind mit bildgebender Technik Aufnahmen von den Aktivitäten eines Reptiliengehirns gelungen.

Was passiert im Gehirn eines Krokodils, wenn es komplexe Klänge hört? Diese Frage konnte ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Dr. Felix Ströckens vom Lehrstuhl für Biopsychologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) beantworten. Die Forscher untersuchten zum ersten Mal ein kaltblütiges Reptil mit der funktionellen Magnetresonanztomografie. So konnten sie feststellen, dass komplexe Reize im Gehirn des Krokodils ganz ähnliche Aktivierungsmuster hervorriefen wie bei Vögeln und Säugetieren – ein tiefer Einblick in die Evolution. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift „Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences“ vom 25. April 2018 veröffentlicht.

Bindeglied zu den Dinosauriern

Krokodile sind eine der urtümlichsten Wirbeltierspezies und haben sich seit über 200 Millionen Jahren kaum verändert. Damit stellen sie ein Bindeglied zwischen Dinosauriern und den heute lebenden Vögeln dar. „Untersuchungen von Krokodilgehirnen erlauben daher einen tiefen Einblick in die Entwicklungsgeschichte des Nervensystems von Wirbeltieren und können helfen zu verstehen, wann bestimmte Gehirnstrukturen und damit verbundene Verhaltensweisen im Laufe der Evolution entstanden sind“, erklärt Felix Ströckens.

Technische Hindernisse überwinden

Ziel der Untersuchungen des Wissenschaftlerteams aus dem Iran, Südafrika, Frankreich und Deutschland an Nilkrokodilen war es daher, die Verarbeitung von Sinnesinformationen im Gehirn der Tiere zu ergründen. Dafür verwendeten sie mit der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) eine Methode, die zwar regelmäßig in der klinischen Diagnostik und Forschung eingesetzt wird, aber noch nie zuvor bei einem kaltblütigen Reptil zum Einsatz gekommen war. „Dafür mussten wir zunächst eine Reihe von technischen Hindernissen überwinden“, so Mehdi Behroozi aus dem Forscherteam. „Wir mussten zum Beispiel den Scanner an die Physiologie des Krokodils anpassen, die sich zum Teil massiv von der der Säugetiere unterscheidet.“

Frappierende Ähnlichkeit der Muster

Dann präsentierten die Forscher den Tieren verschiedene Seh- und Hörreize, zu denen unter anderem klassische Musik von Johann Sebastian Bach gehörte. Währenddessen maßen sie die Gehirnaktivität der Tiere. Die Ergebnisse zeigen, dass bei der Präsentation von komplexen Reizen wie der klassischen Musik im Vergleich zu einfachen Tönen zusätzliche Gehirnareale aktiviert wurden. Dieses Verabeitungsmuster ähnelt frappierend den Mustern, die bei Säugern und Vögeln bei ähnlichen Untersuchungen gefunden wurden.

Verarbeitungsmechanismen haben sich früh entwickelt

Die Wissenschaftler vermuten daher, dass sich grundlegende, neuronale Verarbeitungsmechanismen für sensorische Reize schon sehr früh im Laufe der Evolution entwickelt haben und in allen Wirbeltieren auf einen gemeinsamen Ursprung zurückzuführen sind.

Weiterhin zeigte dieser weltweit erste erfolgreiche Einsatz von fMRT bei einem Reptil, dass diese Methode grundsätzlich auch bei wechselwarmen Organismen funktioniert. Somit kann diese nicht-invasive Technik auch bei vielen anderen bisher wenig untersuchten Spezies eingesetzt werden.

Förderung

Die Arbeiten wurden gefördert durch die National Research Foundation of South Africa, Thuthuka Grant (TTK14051567366), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (Gu227/16-1) und den Sonderforschungsbereich 874.

Originalveröffentlichung

Mehdi Behroozi, Brendon K. Billings, Xavier Helluy, Paul R. Manger, Onur Güntürkün, Felix Ströckens: Functional MRI in the nile crocodile: a new avenue for evolutionary neurobiology, in: Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 2018, DOI: 10.1098/rspb.2018.0178

Pressekontakt

Dr. Felix Ströckens
Institut für Kognitive Neurowissenschaft
Abteilung Biopsychologie
Fakultät für Psychologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: 0234 32 26845
E-Mail: felix.stroeckens@rub.de

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Veröffentlicht

Donnerstag
03. Mai 2018
08:53 Uhr

Von

Meike Drießen

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