Neues Institut Kirchliches Arbeitsrecht europafest machen
Bochumer Juristen holen das kirchliche Arbeitsrecht aus der Forschungsnische und gründen dafür ein Institut.
Das kirchliche Arbeitsrecht bestimmt maßgeblich, wie Kirche arbeiten kann, weil es die Rahmenbedingungen klärt – beim immerhin zweitgrößten Arbeitgeber in Deutschland mit bis zu zwei Millionen Beschäftigten. Die Ruhr-Universität Bochum (RUB) hat nun das bundesweit erste universitäre Institut für kirchliches Arbeitsrecht gegründet.
Der Direktor, Prof. Dr. Jacob Joussen, ist Experte für deutsches und europäisches Arbeits- und Sozialrecht. „Ein solch wissenschaftlich-universitäres Institut gibt es bislang in Deutschland nicht, lediglich eine Forschungsstelle an der Universität Tübingen“ sagt er. „Das ist überraschend, da sich in der Praxis die Anfragen häufen.“ Das kirchliche Arbeitsrecht ist für alle Zweige beider großen Kirchen ein zentraler Faktor – für die verfasste Kirche wie für Diakonie und Caritas.
Leitthema Europa
Das erste Leitthema für die Forschung des Instituts der kommenden Zeit heißt Europa: Wie lassen sich die Arbeitsbedingungen in kirchlichen Einrichtungen europafest machen? Das Diskriminierungsrecht gilt auch für die Kirchen, obwohl sie zum Teil Ausnahmen erhalten. Doch hat der Europäische Gerichtshof jüngst festgelegt, dass Kirchen – anders als bisher gedacht – nicht unterschiedslos von jedem Beschäftigten die Kirchenzugehörigkeit verlangen können. Vielmehr gilt dies nur noch für bestimmte Tätigkeiten. Für welche aber? „Das ist unklar“, so Joussen. Und wie wirkt sich dies auf das kirchliche Profil der Einrichtungen aus, wenn die Kirchenzugehörigkeit nicht mehr verlangt werden kann?
Leitthema Loyalität
Das zweite Leitthema ist zugleich ein – mediales – Dauerthema: Welches Maß an Loyalität kann der kirchliche Arbeitgeber von seinen Beschäftigten verlangen? Die Frage stellt sich etwa bei der Wiederheirat eines Mitarbeiters im katholischen Bereich. „Auch hier wird das europäische Recht Grenzen setzen“, sagt Joussen. „Wir erforschen, was das dann für das Verhältnis von Kirche und staatlichem Recht bedeutet.“
Tarifverträge und Arbeitsgerichtsverfahren
Die weiteren Themen kreisen um kollektives Arbeitsrecht und Tarifverträge – die gibt es in den meisten kirchlichen Einrichtungen nicht, sondern ein alternatives System – sowie um den Aspekt des kirchlichen Arbeitsgerichtsverfahrens. „Das existiert zwar, ist aber nur äußerst rudimentär wissenschaftlich durchdrungen. Hiermit befassen sich derzeit einige Promotionen an der RUB“, sagt Joussen.
Universitäre Unabhängigkeit
Das Institut ist umfassend ausgerichtet: Es untersucht die Themen wissenschaftlich-neutral – aus der Dienstgeber- wie aus der Dienstnehmerperspektive, im katholischen wie evangelischen Bereich. Es wahrt insofern eine universitäre Unabhängigkeit zum Forschungsgebiet. „Das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, muss im Arbeitsrecht aber immer noch eigens betont werden“, so Joussen.