Kunstgeschichte Die größte Sammlung von Selbstbildnissen
Ein neues Projekt beschäftigt sich mit einer besonderen Sammlung in den Florentiner Uffizien – und hat dafür gesorgt, dass sie erneut der Öffentlichkeit zugänglich wird.
Mit der größten heute existierenden Kunstsammlung von Selbstbildnissen in den Florentiner Uffizien beschäftigt sich ein neues Projekt an der Ruhr-Universität Bochum, das die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert. Prof. Dr. Valeska von Rosen, Anna Maria Procajlo und Isabell Franconi vom Lehrstuhl für allgemeine Kunstgeschichte rekonstruieren den Sammlungsaufbau, die Ordnung und Hängung der Selbstbildnisse sowie ihre Produktion und Rezeption. Das Projekt ist im Oktober 2018 gestartet und läuft bis September 2021, finanziert mit rund 400.000 Euro.
Die Sammlung der Medici-Herzöge
„Die ‚Galleria degli autoritratti‘ – übersetzt: Die Galerie der Selbstbildnisse – in den Florentiner Uffizien birgt die umfangreichste und ambitionierteste Sammlung von Künstlerselbstbildnissen in der Neuzeit“, sagt Anna Maria Procajlo. Sie wurde im 17. Jahrhundert von Kardinal Leopoldo de’ Medici begründet, später von Großherzog Cosimo III. erheblich erweitert, geordnet und systematisiert. Auch in den folgenden Jahrzehnten kamen immer neue Werke hinzu. Heute umfasst die Sammlung rund 2.000 Werke.
Besonders ist unter anderem, dass die Sammlung nur eine einzige Bildgattung enthält und dass fast alle Werke in höchster Qualität vorliegen. „Sie bricht mit der frühneuzeitlichen universalistischen Ausrichtung von Sammlungen und konzentriert sich vorrangig auf das Medium der Malerei“, erklärt Valeska von Rosen.
Drei Themenschwerpunkte
Anna Maria Procajlo untersucht das 17. Jahrhundert, speziell Leopoldos Aufbau der Sammlung und wie er die Bildnisse erworben hat. Sie beschäftigt sich auch damit, wie Cosimo III. die Sammlung umstrukturierte und erweiterte. Dazu stützt sie sich auf Briefe der beiden Medici-Herzöge an ihre sogenannten Agenten, also Mittelsmänner, Händler und Kunstliebhaber, mit denen die Herzöge zusammenarbeiteten.
Mit dem ausgehenden 18. Jahrhundert beschäftigt sich Isabell Franconi. Sie untersucht den Wandel der Galleria von einer fürstlichen hin zu einer staatlich verwalteten, geregelt öffentlich zugänglichen und gut publizierten Sammlung. Valeska von Rosen verbindet beide Themenschwerpunkte miteinander; sie geht der These nach, dass der Akt des Malens nicht nur auf der Motivebene, sondern auch auf der Ebene der Darstellungsweise thematisiert wird.
Das Projektteam will dabei sowohl die Perspektive auf die Sammlung im Ganzen einnehmen als auch exemplarisch einzelne Gemälde beleuchten.
Sammlung erneut für die Öffentlichkeit zugänglich
Seit den 1970er-Jahren ist die Galerie der Selbstbildnisse nicht mehr der Öffentlichkeit zugänglich. Das wird sich durch das Projekt nun ändern. Im September 2018 richteten die Bochumer Forscherinnen eine Tagung in Florenz aus, um die Bilder aus der Nähe begutachten und diskutieren zu können. „Der Direktor der Uffizien, Eike Schmidt, nimmt unser Projekt zum Anlass, diese einmalige Spezialsammlung zu restaurieren und ihr einen neuen Ausstellungsraum zu geben“, erzählt Anna Maria Procajlo. Im Frühjahr 2019 soll die Sammlung wieder für Besucher geöffnet werden.