Materialforschung Wie man schneller zu neuen Materialien kommt
Materialbibliotheken, Hochdurchsatzexperimente, Big Data und künstliche Intelligenz sollen dabei helfen, Neuentdeckungen nicht mehr dem Zufall zu überlassen.
Von neuen Materialien hängt vieles ab, zum Beispiel effiziente Energieumwandlung für umweltfreundliche Antriebe der Zukunft. Die Entdeckung solcher Materialien hängt noch viel zu sehr vom Zufall ab, meint Prof. Dr. Alfred Ludwig, Inhaber des Lehrstuhls „Materials Discovery and Interfaces“ der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Wie das dank Digitalisieriung und künstlicher Intelligenz künftig zielgerichteter und schneller gehen könnte, beschreibt er in der Zeitschrift NPJ Computational Materials vom 10. Juli 2019.
Ein unerforschter Kosmos möglicher Materialien
Die Menge an potenziellen neuen Materialien, die sich aus den Elementen des Periodensystems zusammensetzen lassen, ist unüberschaubar groß – selbst wenn man sich auf die 40 bis 50 Elemente beschränkt, die ungiftig, umweltfreundlich und in ausreichender Menge auf der Erde vorhanden sind. Der größte Teil dieser Möglichkeiten ist noch unerforscht. Entdeckungen wurden in der Vergangenheit oft nur zufällig gemacht.
Neue Methoden der Herstellung solcher Materialien eröffnen die Möglichkeit, effizienter vorzugehen. „Indem wir in unserem Labor ein Trägermaterial aus drei oder mehr verschiedenen Richtungen mit Atomen verschiedener Elemente beschichten, die sich je nach Ort auf dem Träger in unterschiedlichen Mengen vermischen, stellen wir sogenannte Dünnschicht-Materialbibliotheken her“, erklärt Alfred Ludwig.
Analyse im Hochdurchsatzverfahren
Um diese Bibliotheken allerdings nutzbar zu machen, muss man sie nicht nur im Hochdurchsatzverfahren herstellen, sondern die Eigenschaften der darin verzeichneten Materialien auch genauso effizient analysieren. Nur so lässt sich herausfinden, ob sich in einer Bibliothek an irgendeinem Punkt eine Materialzusammensetzung verbirgt, die für eine Anwendung interessante Eigenschaften hat. „Um den gesamten Prozess der Entdeckung neuer Materialien zu beschleunigen, wäre es wünschenswert, dass nicht nur die Messungen, sondern auch die Analysen automatisiert stattfinden“, so Ludwig.
Zumindest teilautomatisiert wünscht er sich auch die Nutzung einer Datenbank, um der enormen Menge zu erwartender Materialdaten Herr zu werden. „Wichtig ist außerdem, dass diese Daten kompatibel für Forschungsgruppen unterschiedlicher Disziplinen sind“, gibt er zu bedenken. Nicht nur die Daten erfolgversprechender Elementzusammensetzungen, sondern auch aller anderen sollten dokumentiert werden. „Das dient dazu, dass maschinelles Lernen ermöglicht wird und künstliche Intelligenz die Wissenschaft bei der Suche nach neuen Materialien unterstützt“, so Ludwig.