Schreiben mit der linken Hand – nicht das einzige Zeichen, an dem man Linkshändigkeit festmachen kann.
© RUB, Marquard

Hirnforschung Wie viele Menschen wirklich Linkshänder sind

Alle bisherigen Daten beruhten auf Schätzungen. Jetzt bringt eine riesige Analyse verlässliche Informationen.

Eines war schon immer klar: Linkshänder sind seltener als Rechtshänder. Aber wie viele Menschen wirklich die linke Hand bevorzugen, ist erst jetzt geklärt: 10,6 Prozent beträgt die Linkshänder-Quote. Das ergab die weltgrößte Untersuchung zu diesem Thema, in der ein Forschungsteam der Universitäten St. Andrews, Athen, Oxford, Bristol und Bochum Studien zur Händigkeit von insgesamt mehr als zwei Millionen Menschen auswertete. Die Ergebnisse sind in der Zeitschrift Psychological Bulletin vom 2. April 2020 veröffentlicht.

Strenge der Kriterien beeinflusst die Quote

Die Häufigkeit der Linkshändigkeit beschäftigt verschiedenste Forschungsbereiche von der Kognitiven Neurowissenschaft bis hin zu Evolutionsforschung. Hunderte empirische Untersuchungen drehten sich um diese Frage; eine groß angelegte, umfassende Überprüfung der Häufigkeit gab es aber nie.

Für die aktuelle Studie zogen die Forscherinnen und Forscher, zu denen Privatdozent Dr. Sebastian Ocklenburg von der Fakultät für Psychologie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) gehörte, fünf Meta-Analysen heran, in die die Daten von insgesamt 2.396.170 Personen eingingen, die in Studien verschiedene manuelle Aufgaben hatten erledigen müssen. „Wie häufig Links- und Rechtshändigkeit jeweils sind, hängt dabei auch davon ab, wie streng die Kriterien dafür sind, die die Autoren anlegen“, erklärt Sebastian Ocklenburg.

Bei Verwendung der strengsten Kriterien sind 9,34 Prozent der Probandinnen und Probanden linkshändig. Bei Verwendung weniger strikter Kriterien sind 18,1 Prozent nicht rechtshändig. „Die beste Gesamtschätzung liegt bei 10,6 Prozent Linkshändigkeit“, so Ocklenburg.

Schreiben ist nicht alles

Normalerweise wird die Händigkeit davon abhängig gemacht, mit welcher Hand jemand schreibt. Bei der aktuellen Studie berücksichtigte das Forschungsteam aber die Tatsache, dass etwa neun Prozent der Menschen verschiedene Hände für verschiedene Aufgaben verwenden. Das sorgte für genauere Ergebnisse. „Der Anteil der Menschen, die verschiedene Hände für unterschiedliche Aufgaben nutzen, ist den Daten zufolge fast genauso groß wie der Anteil linkshändiger Menschen“, unterstreicht Autorin Dr. Silvia Paracchini von der School of Medicine in St. Andrews.

Genaue Einsichten in das Phänomen der Händigkeit tragen dem Forschungsteam zufolge auch zum Verständnis der Evolution bei. Rechtshändigkeit gilt gemeinsam mit den Fähigkeiten, Werkzeuge zu nutzen und sich mittels einer Sprache zu verständigen, sowie mit der funktionellen und anatomischen Spezialisierung des Gehirns als ein spezifisches Merkmal des Menschen: In diesen Dingen unterscheidet sich unsere Evolution von der der Affen.

Originalveröffentlichung

Marietta Papadatou-Pastou, Eleni Ntolka, Judith Schmitz, Maryanne Martin, Marcus R. Munafò, Sebastian Ocklenburg, Silvia Paracchini: Human handedness: A meta-analysis, in: Psychological Bulletin, 2020, DOI: 10.1037/bul0000229

Pressekontakt

Privatdozent Dr. Sebastian Ocklenburg
Abteilung Biopsychologie
Fakultät für Psychologie
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 24323
E-Mail: sebastian.ocklenburg@rub.de

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Veröffentlicht

Freitag
03. April 2020
09:03 Uhr

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