Hans Joachim Trampisch’s team used an innovative statistical method to evaluate the results of the survey.
© RUB, Marquard

Medizin Wie eine Pause bei einer Osteoporosetherapie mit Bisphosphonaten wirkt

Längere Pausen von einer Therapie mit Bisphosphonaten gehen bei Osteoporosepatienten, die bereits Wirbelkörperbrüche haben, mit einer Zunahme des Knochenbruchrisikos einher.

Bisphosphonate senken nachweislich das Risiko für Knochenbrüche durch Osteoporose. Um mögliche Nebenwirkungen einer Langzeittherapie zu vermeiden, machen viele Patienten nach mehreren Jahren der Therapie eine Pause. Deren Folgen hat ein Team der Abteilung für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie der Ruhr-Universität Bochum untersucht. Es zeigte sich, dass bei Betroffenen, die bereits Wirbelkörperbrüche hatten, eine längere Therapiepause mit einer Zunahme des Risikos für sogenannte Major Osteoporotic Fractures (MOFs) einherging. Darunter versteht man klinische Wirbelkörperbrüche, Brüche der Hüfte, des schulternahen Oberarms und des Unterarms. Das Forschungsteam berichtet in der Zeitschrift „Bone“ vom 15. Mai 2020.

Seltene, aber schwere Nebenwirkungen

Die Langzeitbehandlung mit Bisphosphonaten kann – wenn auch selten – ernsthafte Nebenwirkungen mit sich bringen, vor allem eine Kiefernekrose oder bestimmte Oberschenkelbrüche. „Bisphosphonate scheinen auch nach dem Absetzen noch einige Zeit im Knochen zu wirken“, so Prof. Dr. Johannes Pfeilschifter. „Es gibt bisher aber nur eine begrenzte Zahl von Studien, die Risiken und Nutzen einer Pause von einer Bisphosphonattherapie untersucht haben.“

Zwei Jahre lang Interviews

Um weitere Informationen zu gewinnen, hat das Forschungsteam Patientinnen und Patienten, die in den vorangegangenen vier oder mehr Jahren mit solchen Medikamenten behandelt worden waren, über zwei Jahre fünfmal telefonisch befragt. In die Auswertung einbezogen wurden die Beobachtungen von 1.973 Patienten, die in Arztpraxen und Kliniken in ganz Deutschland für die Teilnahme an der Studie gewonnen werden konnten.

Risiko Wirbelkörperbrüche

Im einfachen Zweigruppenvergleich fand das Forschungsteam keine Unterschiede des Bruchrisikos zwischen Patienten mit einer Therapiepause und einer Fortsetzung der Bisphosphonattherapie. Um die Veränderungen des Bruchrisikos in Abhängigkeit von der Zeit seit dem Beginn der Therapiepause differenzierter zu untersuchen, wandten die Forscher eine Methode an, die den aktuellen Therapiestatus im zurückliegenden Jahr zu jedem Zeitpunkt bei jedem Patienten im Sinne eines gleitenden Durchschnitts erfasst. „Dies erlaubt den Vergleich des Knochenbruchrisikos zwischen bestimmten Zeitabschnitten seit Beginn einer Therapiepause und minimiert die systematischen Verzerrungen, die dadurch zustande kommen, dass Patienten mit einem niedrigeren Knochenbruchrisiko häufiger eine Therapiepause machen“, so Dr. Henrik Rudolf, der die statistischen Analysen durchgeführt hat.

Die Auswertung lässt vermuten, dass längere Therapiepausen zu einem zumindest teilweisen Verlust der schützenden Wirkung der Bisphosphonate vor Knochenbrüchen führen. Dabei lag eine sogenannte Interaktion vor: ein Merkmal, welches das relative Bruchrisiko bei zunehmender Pausendauer modifiziert. „Bei Patienten, die bereits Wirbelkörperbrüche hatten, stieg das Risiko für MOFs für die Zeit von mehr als zwölf Monaten seit dem Beginn einer Therapiepause um das Dreieinhalbfache an im Vergleich zu dem Risiko im zweiten Halbjahr nach Beginn der Pause“, so Prof. Dr. Hans Joachim Trampisch, Seniorprofessor in der Abteilung für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie. Der korrespondierende Schätzwert war bei Patienten ohne vorangegangene Wirbelkörperbrüche deutlich geringer. Aufgrund der Fallzahlen der Studie ließen sich Änderungen im Bruchrisiko bei den Patienten ohne vorbestehende Wirbelkörperbrüche für wesentliche andere Risikofaktoren für Knochenbrüche nicht ausreichend abschätzen.

„Die Ergebnisse der Studie müssen im Kontext der Gesamtheit aller Untersuchungsergebnisse zur Langzeittherapie mit Bisphosphonaten und zu Bisphosphonat-Therapiepausen gewertet werden“, so Johannes Pfeilschifter. „Die Entscheidung bezüglich der weiteren Behandlung der Osteoporose sollte bei Patienten mit einer Bisphosphonattherapie für jeden Patienten individuell auf der Grundlage des jeweiligen Nutzens und der möglichen Risiken der vorhandenen Behandlungsoptionen getroffen und in regelmäßigen Abständen überprüft werden.“

Limitationen der Studie

Einschränkend weisen die Forscher darauf hin, dass für die Auswertung unterschiedliche Bisphosphonate zusammengefasst wurden, sodass die Studie keine wirkstoffspezifischen Aussagen zum Bruchrisiko bei Bisphosphonat-Therapiepausen machen kann. Aufgrund der Fallzahlen kann die Studie auch nur wenig Aussagen machen zu Bisphosphonat-Therapiepausen bei Männern und bei einer Bisphosphonattherapie länger als zehn Jahre.

Förderung

Die Arbeiten wurden gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, Fördernummern 01EC1005E und 01EC1305F.

Originalveröffentlichung

Johannes Pfeilschifter, Inga Steinebach, Hans J. Trampisch, Henrik Rudolf: Bisphosphonate drug holidays: Risk of fractures and mortality in a prospective cohort study, in: Bone 2020, DOI: 10.1016/j.bone.2020.115431

Pressekontakt

Prof. Dr. Hans Joachim Trampisch

Abteilung für Medizinische Informatik, 
Biometrie und Epidemiologie

Medizinische Fakultät

Ruhr-Universität Bochum

Tel.: +49 234 32 26564

E-Mail: hans.j.trampisch@rub.de

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Veröffentlicht

Mittwoch
29. Juli 2020
09:10 Uhr

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