Psychologie Sofja-Kovalevskaja-Preis für Mar Rus-Calafell
Stimmen zu hören oder sich verfolgt zu fühlen ist bei Jugendlichen keine Seltenheit. Doch wann führt dies zu Problemen im Erwachsenenalter?
Psychotische Erfahrungen bei Jugendlichen stehen im Mittelpunkt des Interesses von Dr. Mar Rus-Calafell. Sie wurde von der Alexander-von-Humboldt-Stiftung mit dem Sofja-Kovalevskaja-Preis ausgezeichnet und hat für ihre Arbeit als Gastinstitut das Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische Gesundheit der Ruhr-Universität Bochum (RUB) gewählt. Mit dem Sofja-Kovaleskaja-Preis, der mit bis zu 1,65 Millionen Euro dotiert ist, wird Mar Rus-Calafell ihre eigene unabhängige Forschungsgruppe gründen: die Young-Voices-Research-and-Interventions-Gruppe, kurz Yvori-Gruppe.
Viele psychische Erkrankungen beginnen in der Jugend
Die Angst davor, durch andere Schaden zu erleiden, oder das Hören von Stimmen sind nicht nur Erlebnisse im Rahmen bestimmter psychischer Krankheiten – sie können allgemein häufig bei Jugendlichen auftreten. Wenn diese Erfahrungen anhalten und Stress bei den Betroffenen auslösen, kann dies darauf hindeuten, dass sie später psychische Erkrankungen entwickeln. Doch in welchen Fällen führt das Hören von Stimmen im Jugendalter zu ernsthaften Störungen beim Erwachsenen? Obwohl die meisten psychischen Gesundheitsprobleme in der Adoleszenz beginnen, existiert zu dieser Frage bisher nur wenig Forschung mit Jugendlichen. Hier setzt die Arbeit von Mar Rus-Calafell an. Die Psychologin blickt auf zehn Jahre Erforschung und Behandlung von Menschen mit Psychosen zurück und hat verschiedene Therapieverfahren einschließlich digitaler Hilfsmittel wie einer Avatar-Therapie für Jugendliche sowie Erwachsene mitentwickelt.
Als Sofja-Kovalevskaja-Preisträgerin wird sie der Frage nachgehen, welche psychologischen und sozialen Faktoren für anhaltende und belastende psychotische Erfahrungen bei Jugendlichen verantwortlich sind. Dazu wird sie an der RUB mit einer Langzeitstudie und Tiefeninterviews sowie wie Laborexperimenten belastende Symptome bei Jugendlichen über einen längeren Zeitraum beobachten. Die gewonnenen Erkenntnisse liefern die Basis für die Entwicklung und Erprobung neuer Behandlungsmodelle wie die digitale Therapie. Zugleich wird das Projekt jungen Menschen eine Plattform zur Verfügung stellen, die sie unterstützt und bei der Bewältigung alltäglicher Herausforderungen begleitet.