Umwelttechnik Dünger kontrolliert freisetzen dank Biopolymer-Chips
In Deutschland sind wiederholt die Grenzwerte für den Nitrateintrag überschritten worden, unter anderem durch Düngemittel im Boden. Biopolymere könnten Abhilfe schaffen.
Ingenieurinnen und Ingenieure haben ein Verfahren konzipiert, mit dem Dünger gezielter in landwirtschaftlich genutzte Böden eingebracht werden kann. Dabei wird das Düngemittel in einem Biopolymer-Schaum verkapselt, aus dem es kontinuierlich freigesetzt werden kann. Über die Technik berichtet das Wissenschaftsmagazin Rubin der RUB. Die Arbeiten fanden unter Leitung von Prof. Dr. Sulamith Frerich, Arbeitsgruppe Virtualisierung verfahrenstechnischer Prozesse, statt und sind eingebettet in die Forschung zum verantwortungsvollen Umgang mit Polymeren durch zirkuläres Wirtschaften des Teams um Prof. Dr. Eckhard Weidner, Inhaber des Lehrstuhls für Verfahrenstechnische Transportprozesse an der Ruhr-Universität Bochum und Leiter von Fraunhofer Umsicht.
Doktorandin Diana Keddi testete zwei Verfahren, mit denen sie eine stickstoffhaltige Substanz – in diesen Tests Harnstoff – in einen Biopolymer-Schaum einbetten konnte. „Um das Freisetzungsverhalten steuern zu können, müssen wir gezielt eine Trägermatrix für den Dünger aufbauen“, erklärt sie. „Da der Boden nicht mit dem Kapselmaterial kontaminiert werden soll, ist es außerdem vorteilhaft, wenn das Material biologisch abbaubar ist.“ Sie verwendet dafür das Biopolymer Polymilchsäure, kurz PLA für polylactic acid, das aus Mais oder Zuckerrohr gewonnen werden kann. Der verkapselte Dünger lag am Ende in Form von Chips vor, ähnlich den Verpackungschips aus PLA, die heute statt Styropor als Verpackungsmaterial verwendet werden.
Temperatur gering halten
„Die größte Herausforderung, wenn man einen porösen Verbund aus PLA und Harnstoff herstellen möchte, ist, das Biopolymer zu verarbeiten, ohne den Harnstoff dabei thermisch zu zersetzen“, schildert Diana Keddi. Harnstoff schmilzt bei etwa 130 Grad Celsius, Polymilchsäure hingegen bei Normaldruck erst bei 140 bis 170 Grad Celsius, je nach Typ. Erhöht sich jedoch der Gasdruck, verringert sich die Schmelztemperatur.
Diana Keddis Versuche ergaben, dass je nach PLA-Typ ein Druck zwischen 200 und 350 bar in einer CO2-Atmosphäre benötigt wird, um das Biopolymer zu verarbeiten. Dann schmilzt die Polymilchsäure schon unter 130 Grad Celsius und somit unterhalb der Schmelztemperatur des Harnstoffs. Die Wissenschaftlerin nutzte darüber hinaus eine zweite Methode, das sogenannte Gas-Antisolvent-Verfahren, das sogar nur Temperaturen von 40 Grad Celsius und einen Druck von 100 bis 180 bar erforderte.
Harnstoff wird über die Zeit freigesetzt
Mit beiden Verfahren konnte Diana Keddi Verbünde aus PLA und Harnstoff herstellen und zeigte anschließend, dass die stickstoffhaltige Substanz aus dem PLA-Schaum bei kontinuierlicher Durchspülung innerhalb von zwei Stunden freigesetzt wird. „Ohne Verkapselung würde der gesamte Harnstoff in diesem Versuchsaufbau innerhalb von zwei Minuten freigesetzt werden“, vergleicht die Forscherin. „Wir können die Freisetzungsdauer also mit der Verkapslung um ein Vielfaches verlängern.“