In Deutschland genießen Bürgerinnen und Bürger durch das Verwaltungsverfahrensgesetz umfangreiche Rechte.
© Roberto Schirdewahn

Menschenrechte Ein Recht auf Schutz durch und im Verfahren

Wenn staatliche Stellen eine Entscheidung fällen, ist auch wichtig, wie diese zustande gekommen ist. Inwiefern internationale Menschenrechte staatlichen Verwaltungen Vorgaben dafür machen, untersucht ein Bochumer Jurist.

Als deutsche Bürgerin oder deutscher Bürger genießt man viele Rechte, die einen vor dem Staat schützen. Wann immer der Staat in Rechte eingreifen möchte: Man hat das Recht, angehört zu werden und seine Sicht der Dinge zu schildern. Die Behörde, die letztendlich über die Angelegenheit entscheidet, muss ihre Entscheidung zudem gegenüber dem betroffenen Bürger begründen. Hinter dem Verwaltungsverfahrensgesetz verbirgt sich ein verfassungsrechtlich garantiertes hohes Gut. Inwiefern das Recht auf Schutz durch und im Verfahren auch aus internationalen Menschenrechtsverträgen herzuleiten ist, untersucht Benedikt Behlert vom Institut für Friedenssicherungsrecht und humanitäres Völkerrecht der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Das Wissenschaftsmagazin Rubin der RUB berichtet über seine Arbeit.

Der Ausgangspunkt von Behlerts Analyse liegt im Jahr 1997, in dem der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte – ein Organ, das über die Einhaltung bestimmter Völkerrechtsbestimmungen wacht – die Aussage tätigte, dass ein angemessener Schutz im und durch Verfahren ein wesentlicher Aspekt aller Menschenrechte sei. „Dieser Satz wurde damals ohne Begründung oder Fußnoten präsentiert und auch auf explizite menschenrechtliche Vorschriften konnte sich der Ausschuss nicht berufen“, sagt Benedikt Behlert.

Ihn interessiert deshalb, ob sich das Recht auf Schutz durch und im Verfahren auch tatsächlich aus dem Völkerrecht ergibt und rechtstechnisch sauber herleiten lässt. Dazu nimmt er den Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte unter die Lupe. „Beide sind quasi universell gültig, rund 170 Staaten erkennen sie an“, sagt Behlert. „Viele Menschenrechte sind über diese Pakte abgedeckt, zum Beispiel das Recht auf Bildung oder Arbeit, das Recht auf freie Meinungsäußerung oder das Recht auf Teilhabe am kulturellen Leben.“

Auslegung vom Völkerrecht nicht rechtsbindend für Staaten

Über die Einhaltung dieser Rechte wachen der Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte und der UN-Menschenrechtsausschuss. Sie legen die in den Pakten niedergeschriebenen Gesetzestexte aus und wenden sie an. Die Krux: Während die Pakte selbst für die Staaten rechtlich verbindlich sind, sind es die Auslegungen und Entscheidungen der Ausschüsse nicht.

Inwiefern also der Schutz durch und im Verfahren in den Pakten verankert und somit sichergestellt ist, will Benedikt Behlert herausfinden. Der Bochumer Jurist arbeitete nicht nur die Gesetzestexte der Pakte durch, sondern auch die 62 sogenannten General Comments, in denen die beiden Ausschüsse ihre Rechtsauffassungen zu den in den Pakten enthaltenen Rechten darlegen, sowie viele andere Dokumente dazu. Sein Fazit: Die Aussage, dass ein angemessener Schutz durch und im Verfahren ein wesentlicher Bestandteil der Menschenrechte sei, findet sich darin zwar nicht selten wieder. „Aber selbst wenn ich all die Dokumente lese, verstehe ich aus rechtswissenschaftlicher Sicht nicht, warum die Aussage so ist, wie sie ist“, resümiert der Wissenschaftler. Die Aussage wird von den Ausschüssen nicht sauber hergeleitet. Was bedeutet „angemessener Schutz“? Und warum ist dieser Schutz ein wesentlicher Bestandteil aller Menschenrechte? Diese Fragen bleiben offen.

Eine gut begründete Argumentation macht Menschenrechte robuster

Benedikt Behlert versucht nun, die Fragen zu beantworten. „Wenn menschenrechtliche Postulate gut begründet und sauber hergeleitet sind, haben Staaten weniger Möglichkeiten, sich darüber hinwegzusetzen“, erklärt er. „Gerade im Moment, wo die Menschenrechte wieder vielfältigen Angriffen ausgesetzt sind, wäre das wichtig.“ Der Wissenschaftler arbeitet derzeit daran, eine rechtstechnisch saubere Argumentation aufzusetzen und Kriterien dafür zu entwickeln, wie man einen angemessenen Schutz in Bezug auf verschiedene Menschenrechte definieren könnte. Voraussichtlich 2022 will er die Erkenntnisse im Rahmen seiner Dissertation publizieren.

Ausführlicher Beitrag in Rubin

Einen ausführlichen Beitrag zu dem Thema finden Sie im Wissenschaftsmagazin Rubin. Für redaktionelle Zwecke dürfen die Texte auf der Webseite unter Angabe der Quelle „Rubin – Ruhr-Universität Bochum“ sowie Bilder aus dem Downloadbereich unter Angabe des Copyrights und Beachtung der Nutzungsbedingungen honorarfrei verwendet werden.

Pressekontakt

Benedikt Behlert
Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 27387
E-Mail: benedikt.behlert@rub.de

Veröffentlicht

Dienstag
12. Oktober 2021
09:16 Uhr

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