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Wohin mit den Rettungskräften?
Wo sollten Rettungswachen und -wagen am besten verortet sein, damit sie jede Stelle im Stadtgebiet ausreichend schnell erreichen können? Eine Entscheidungshilfe für diese Frage hat Dr. Matthias Grot in seiner Dissertation (Betreuerin: Prof. Dr. Brigitte Werners) entwickelt. Dr. Jan David Hendricks hat sich in seiner Doktorarbeit mit dem Phänomen Legal Tech und der Verbindung dieser Online-Dienste mit der Rechtsdurchsetzung befasst (Betreuerin: Prof. Dr. Katharina Uffmann). Am 8. Mai 2024 wurden beide für ihre Arbeiten mit dem Ernst Zander-Preis 2024 ausgezeichnet.
Wie die Rettung schnell vor Ort sein kann
In den vergangenen Jahren sind die Einsatzzahlen des Rettungsdienstes in Deutschland stetig gestiegen. Neben dem demografischen Wandel ist dafür unter anderem der Klimawandel mit Wetterereignissen wie Hitzewellen verantwortlich. Je eher die medizinische Erstversorgung erfolgt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Patienten kritische Notfälle überleben. Wie schnell ein Rettungsteam vor Ort sein kann, hängt von der Anzahl und Positionierung von Wachen und Rettungsfahrzeugen ab. „Allerdings sind die Ressourcen wie Rettungswachen, Fahrzeuge oder qualifiziertes medizinisches Personal begrenzt“, erklärt Matthias Grot. „Deswegen muss das Versorgungsnetzwerk ständig evaluiert werden, damit diese Ressourcen optimal genutzt werden können.“
Matthias Grot hat dazu innovative Optimierungsansätze entwickelt. Mittels einer der führenden Standardsoftwares für mathematische Optimierung hat er verschiedene Modelle implementiert, gelöst und per Simulation ausgewertet. „Die Optimierungsmodelle entscheiden über die Positionierung einer begrenzten Anzahl von Rettungswachen und Rettungsfahrzeugen sowie die Zuordnung von Stadtgebieten beziehungsweise Planquadraten zu den Rettungswachen, um die Versorgungsqualität unter verschiedenen Aspekten zu evaluieren“, erklärt er. Im Vordergrund stehen Effizienzkriterien, etwa der Erreichungsgrad, der den Anteil aller Notfalleinsätze beschreibt, die innerhalb einer vorgegebenen Zeit erreicht werden, oder Fairnesskriterien, die eine gleichmäßige Erreichung sämtlicher Stadtgebiete berücksichtigen. Zudem beziehen sie Unsicherheiten ein. Die Ergebnisse der Simulationen zeigen anhand anonymisierter realer Einsatzdaten die Umsetzung der jeweils optimalen Lösungen und deren Auswirkungen auf die Versorgungsqualität. So können Entscheider verschiedene Szenarien untersuchen und die resultierenden Konsequenzen analysieren.
Matthias Grot war von Mai 2019 bis Juli 2023 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Operations Research der Ruhr-Universität Bochum von Prof. Dr. Brigitte Werners tätig. Der Titel seiner Dissertation lautet: „Decision Support for Emergency Medical Service Location Planning Using Simulation-Optimization”. Derzeit arbeitet er als Data Scientist im Bereich Strategie, Data und Analytics bei der Barmer.
Was Legal Tech für die Rechtsdurchsetzung bedeutet
Digitalisierung und Automatisierung sind mit Legal Tech auch im Rechtsmarkt angekommen. Dank solcher Online-Dienste kann man ohne Anwalt oder Anwältin per Klick seine Rechte verfolgen. Verbunden sind damit nicht nur Neugier und Faszination, sondern auch Existenzsorgen für Anwältinnen und Anwälte. Jan David Hendricks untersucht die Bedeutung von Legal Tech für die Rechtsdurchsetzung. Letztere betrifft nichts weniger als das Fundament des Rechtsstaats: Jedes Recht ist wertlos, wenn es nicht durchgesetzt werden kann. Das gilt für individuelle Ansprüche genauso wie für die Gesamtrechtsordnung.
Jan David Hendricks untersucht die Verbindung, indem er zunächst Lücken im klassischen System privater Rechtsdurchsetzung identifiziert und deren Ursachen anhand verhaltensökonomischer und empirischer Erkenntnisse herausarbeitet. „Lücken bestehen insbesondere bei besonders geringen Schadenshöhen aufgrund rationalen Desinteresses der Anspruchsinhaber und bei Massenschäden, in denen meist eine David-gegen-Goliath-Situation zwischen Schädiger und Geschädigtem besteht“, erläutert er. In einem zweiten Schritt stellt er ein neues Dienstleistungsmodell von Legal-Tech-Anbietern vor, die Anspruchsinhaber bei der Durchsetzung ihrer Rechte unterstützen und die bisherige Rechtsdienstleistungsinfrastruktur aus Anwälten, Rechtsschutzversicherern und Prozessfinanzierern ergänzen. Die positiven Auswirkungen dieser Dienstleister auf die identifizierten Rechtsdurchsetzungslücken, aber auch die von dem Geschäftsmodell ausgehenden Gefahren analysiert Hendricks ebenfalls in seiner Arbeit. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen bewertet er den Rechtsrahmen für Rechtsdienstleistungen und erarbeitet umfassende Reformvorschläge, um insgesamt die Rechtsdurchsetzungslücken zu schließen und Reibungspunkte mit dem Berufsrecht der Rechtsanwälte zu beseitigen.
Jan David Hendricks war von Oktober 2019 bis Dezember 2023 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Unternehmensrecht und Recht der Familienunternehmen der Ruhr-Universität Bochum von Katharina Uffmann tätig. Der Titel seiner Dissertation lautet: „Rechtsdurchsetzung mittels Legal Tech-Plattformen“. Derzeit befindet er sich im juristischen Vorbereitungsdienst.
Mit dem von Prof. Dr. Ernst Zander gestifteten Preis werden alljährlich herausragende wissenschaftliche Leistungen – vorrangig Dissertationen – aus allen Fakultäten der Ruhr-Universität, insbesondere aus den Fakultäten für Wirtschaftswissenschaft, Rechtswissenschaft und Ingenieurwissenschaft ausgezeichnet. Die Auswahl der preiswürdigen Arbeiten erfolgt auf Vorschlag des Instituts für Unternehmensführung (ifu) der Ruhr-Universität Bochum durch den Vorstand der Alwin-Reemtsma-Stiftung, dem unter anderen die Kanzlerin der Ruhr-Universität angehört.
Dr. Martin Seidler
Institut für Unternehmensführung
Fakultät für Wirtschaftswissenschaft
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 22235
E-Mail: ifu@ruhr-uni-bochum.de
10. Mai 2024
09.30 Uhr