Chemie Schiffsrümpfe mit beschränkter Haftung
Wie hindert man Meeresorganismen daran, auf einem Tanker zu siedeln? Diese Frage erfordert kreative Antworten, unter anderem aus der Chemie.
Was juckt es einen Tanker, wenn sich Seepocken auf ihm ansiedeln? Angesichts der gigantischen Größe dieser Schiffe sollte man meinen: gar nicht. Die Besiedlung von Schiffsoberflächen mit Meeresorganismen erhöhen aber den Strömungswiderstand so sehr, dass der Treibstoffverbrauch des Schiffs dadurch um bis zu 60 Prozent steigt. Forschende der Ruhr-Universität Bochum entwickelt deswegen spezielle Oberflächen, die es den Organismen ungemütlich machen sollen. Darüber berichtet Rubin, das Wissenschaftsmagazin der Ruhr-Universität Bochum.
Wasser spült den Bewuchs ab
Jahrzehntelang machte man es sich leicht und trug giftige Anstriche auf die Schiffsrümpfe auf, doch diese Zeiten sind vorbei. Auf der Suche nach Alternativen setzt die Arbeitsgruppe Biointerfaces von Prof. Dr. Axel Rosenhahn auf die sogenannte Fouling-Release-Technologie. Dabei geht es nicht so sehr darum zu verhindern, dass Lebewesen überhaupt am Schiff anhaften, sondern darum, dass ihre Haftung weniger stark ist. Dann werden sie nämlich durch das bei der Fahrt des Schiffs vorbeiströmende Wasser einfach abgespült.
„Schwierig wird die Angelegenheit dadurch, dass es nicht nur eine Art ist, die am Schiff haftet, sondern eine ganze Gemeinschaft unterschiedlicher Organismen, die verschiedene Spezialisierungen haben“, erklärt Axel Rosenhahn. Unter den Aspiranten sind zum Beispiel verschiedene Bakterien und Kieselalgen. Beide bilden Biofilme, hinter denen sie sich verschanzen. Algen, Seepocken und Muscheln sind die größten Vertreter, die auf Schiffsrümpfen eine Bleibe finden.
Jeder haftet auf seine eigene Weise
Viele Bakterien und Algen scheiden eine gelartige Matrix aus, die in der Lage ist, den Untergrund erst einmal auszutrocknen und dann darauf anzuhaften. „Eine faszinierende Technik, die sich da im Laufe der Evolution herausgebildet hat“, findet Rosenhahn, „wenn man bedenkt, wie schwierig es ist, unter Wasser etwas anzukleben.“
Um diesen Klebespezialisten das Leben möglichst schwer zu machen, setzt Rosenhahns Team auf Polymere in verschiedensten Dicken, Formen und Zusammensetzungen. „Man möchte die Oberfläche möglichst glitschig haben“, sagt er. „Am liebsten etwas fluffig an der Oberfläche – aber nicht zu weich.“
Besonders interessant findet der Forscher derzeit Hybridpolymere aus natürlichen Zuckerverbindungen und sogenannten Silanen als quervernetzenden Einheiten. Sie sind kompakt und bilden dünne Schichten, sind selbst sehr reaktionsträge und gut zu reinigen. Man kann sie auch zusätzlich so mit Aminofunktionalitäten ausstatten, dass sie aktive Substanzen freisetzen, die Bakterien abschrecken.
Ausführlicher Artikel im Wissenschaftsmagazin Rubin