Die Bleitäfelchen waren auf Latein oder griechisch beschriftet. Rund 1.700 Stück wurden bislang gefunden. 

© Damian Gorczany

Theologie Geritzt, vergraben, verflucht

In Bleitäfelchen geritzte Flüche galten in der Antike so lange als wirksam, wie sie im Verborgenen blieben. Anspielungen auf diese Praxis finden sich sogar in der Bibel.

Diebstahl, Eifersucht, Konkurrenz: Damit schlugen sich die Menschen schon in der Antike herum. Kam es ganz arg, belegten sie ihre Widersacher mit einem Fluch. In Bleitäfelchen ritzten sie ihre Verwünschungen, rollten das Ganze auf und versteckten es an geheimen Orten, wo sie finstere Mächte vermuteten. Glück für Prof. Dr. Michael Hölscher, Leiter des Lehrstuhls für Exegese des Neuen Testaments an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum, denn viele der Täfelchen überdauerten. Hölscher schaut sich das Verfluchen als religiöse Alltagspraxis genau an und kann zeigen, dass es sogar in die Bibel Eingang gefunden hat. Darüber berichtet Rubin, das Wissenschaftsmagazin der Ruhr-Universität Bochum. 

Gefährliches Ritual

„In der Zeit zwischen etwa 500 vor und 500 nach Christus gehörte das Verfluchen im römischen Reich zur religiösen Alltagspraxis“, erklärt Michael Hölscher. „Und da das Ritual vorsah, dass man den Fluch aufschrieb, zum Beispiel auf ein dünnes Bleitäfelchen, können wir das heute noch nachvollziehen.“ Die Täfelchen, manchmal begleitet von gefesselten oder durchbohrten Lehmpuppen, wurden an besonderen Orten deponiert, an denen man Unterweltsmächte vermutete: Man vergrub sie in Gräbern früh Verstorbener oder in der Nähe von Heiligtümern, warf sie in Quellen oder ins Meer. „Solange das Täfelchen an diesem geheimen Ort blieb, war der Fluch aktiv“, sagt Michael Hölscher. „Wurde es ausgegraben, endete der Fluch.“ 

Ihn interessiert besonders, wie sich diese religiöse Alltagspraxis in der Johannesoffenbarung spiegelt, dem letzten Buch des Neuen Testaments. Es wurde vermutlich in Kleinasien geschrieben, das unter römischer Herrschaft stand, und gab der kleinen, bedrängten, christlichen Minderheit Trost und Halt. Und tatsächlich finden sich an mehreren Stellen Anspielungen auf die verbreitete Fluchpraxis, etwa in der Beschreibung des Untergangs der Stadt Babylon. 

Ausführlicher Artikel im Wissenschaftsmagazin Rubin

Was Fluchpraxis und die Johannesoffenbarung miteinander zu tun haben, lesen Sie im ausführlichen Beitrag zum Thema im Wissenschaftsmagazin Rubin mit dem Schwerpunkt „Geheimnis“. Für redaktionelle Zwecke dürfen die Texte auf der Webseite unter Angabe der Quelle „Rubin – Ruhr-Universität Bochum“ sowie Bilder aus dem Downloadbereich unter Angabe des Copyrights und Beachtung der Nutzungsbedingungen honorarfrei verwendet werden.

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Pressekontakt

Prof. Dr. Michael Hölscher
Lehrstuhl für Neues Testament
Katholisch-Theologische Fakultät
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 12779
E-Mail: michael.hoelscher@ruhr-uni-bochum.de
Lehrstuhl-Webseite

Veröffentlicht

Dienstag
06. Mai 2025
09:16 Uhr

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