
Anja Hemschemeier (links), Thomas Happe und Sven Stripp aus Potsdam (in der Mitte) arbeiten zusammen.
Klein aber oho
Miniaturisierte Wasserstoffgewinnung
Forschende haben einen winzigen Biokatalysator zur Wasserstoffproduktion geschaffen. Er arbeitet effizient mit Elektronen aus der Fotosynthese.
Natürliche Wasserstoff-erzeugende Enzyme sind groß und extrem sauerstoffempfindlich. Das macht ihren Einsatz zur Erzeugung von Grünem Wasserstoff kompliziert. Forschende der Arbeitsgruppe Photobiotechnologie der Ruhr-Universität Bochum und Partner der Universität Potsdam haben das Problem umgangen: Sie haben das aus Eisen-Atomen aufgebaute katalytische Zentrum eines solchen Enzyms – der [FeFe]-Hydrogenase – in ein so genanntes Ferredoxin übertragen. Das kleine Biomolekül fungiert in allen lebenden Organismen als Elektronenüberträger. Der künstliche Biohybrid kann effizient Wasserstoff produzieren und dafür Elektronen von lichtbetriebenen biologischen Systemen verwenden. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden in der Zeitschrift Advanced Science vom 17. Juni 2025 veröffentlicht.
Abkürzung zur Wasserstoffproduktion
Wasserstoff gilt als sauberer Energieträger der Zukunft, doch seine nachhaltige Erzeugung ist nach wie vor eine große Herausforderung. Natürliche Enzyme, sogenannte Hydrogenasen, sind hoch-effiziente Wasserstoff-erzeugende Biokatalysatoren, jedoch ist ihr industrieller Einsatz noch nicht etabliert. Mit 600 Aminosäuren sind sie sehr groß und komplex und meist extrem sauerstoffempfindlich. Zudem benötigen sie hochenergetische Elektronen, die ebenfalls umweltfreundlich bereitgestellt werden sollten.
[FeFe]-Hydrogenasen nutzen ein eisenhaltiges Molekül, um Wasserstoff herzustellen. Dieser so genannte Co-Faktor funktioniert ähnlich zu einem Platin-Katalysator und kann chemisch synthetisiert werden. Er ist jedoch als isoliertes Molekül inaktiv und benötigt die Protein-Umgebung, um seine maximale Leistung zu erreichen.
Den Biokatalysator vereinfachen
Die Forschenden der Ruhr-Universität Bochum wollten den hochkomplexen Hydrogenase-Biokatalysatoren vereinfachen, um seine Integration in industrielle Prozesse zu ermöglichen. In einigen Mikroalgen werden Hydrogenasen durch die Fotosynthese mit Elektronen versorgt. Der Elektronenvermittler ist das kleine eisenhaltige Protein Ferredoxin, das die Elektronen direkt aus der lichtgetriebenen fotosynthetischen Elektronentransportkette erhält.
„Wir haben uns die biologisch verrückte Frage gestellt, ob man das Ganze nicht abkürzen und das Ferredoxin Wasserstoff bilden lassen kann“, erläutert Vera Engelbrecht, eine der beiden Erstautorinnen der Studie. Und zu ihrer eigenen großen Überraschung konnten die Forschenden Ferredoxine identifizieren, die in Kombination mit dem Co-Faktor der Hydrogenase Wasserstoff bilden konnten. „Allerdings mussten wir die biologischen Synthesewege überlisten“, erzählt Yiting She, die weitere Erstautorin. „Nur ganz bestimmte Ferredoxine konnten mit dem Co-Faktor zusammenarbeiten. Dies herauszufinden war ein langer, aber auch sehr spannender Weg.“
Erfolgreiches Zusammenspiel von Protein und Katalysator
Die hohe Aktivität des Biohybriden hat die Forschenden selbst überrascht. „Wir wissen, dass die Zusammenarbeit von Protein und Co-Faktor in natürlichen [FeFe]-Hydrogenasen fein abgestimmt ist“, erklärt Prof. Dr. Thomas Happe, unter dessen Leitung das Projekt durchgeführt wurde. In Zusammenarbeit mit Forschenden der Universität Potsdam wurde die neue Ferredoxin-Hydrogenase daher spektroskopisch und mittels quantenmechanischer Berechnungen charakterisiert. „Es scheint, dass das Ferredoxin-Protein eine chemisch günstige Umgebung für den Katalysator der Hydrogenase bereitstellt“, schlussfolgert Happe. Um das zu erreichen, muss der natürliche eigene Co-Faktor des Ferredoxins durch den Hydrogenase-Cofaktor mittels komplexer Synthesewege ausgetauscht werden. „Trotzdem kann das neue Protein noch Elektronen von Fotosynthesekomponenten erhalten“, freut sich Yiting She. Damit ist dies eine wichtige Machbarkeitsstudie für ein kleines künstliches Metalloenzym, das natürliche lichtgetriebene Hydrogenasen nachahmt, jedoch mit weniger Komponenten und kleineren Gerüsten auskommt.