Demokratie bei der Arbeit hat eine lange Tradition.
EU-Projekt
Demokratie am Arbeitsplatz in Europa
Die historische Perspektive soll auch zeigen, wie Demokratie bei der Arbeit als Bremse gegen autoritäre Impulse wirken kann.
Wie hat sich die Demokratie am Arbeitsplatz in Europa in den 50 Jahren ab 1973 verändert? Forschende untersuchen Akteure, Kulturen und Modelle anhand von Fallstudien aus Deutschland, Spanien, Italien und Portugal im Eisenbahn- und Energiesektor. Das EU-Projekt „EURODEM_WORKSIPG“, das von der Universität Barcelona koordiniert und in Bochum von Prof. Dr. Stefan Berger, Professor für Sozialgeschichte und Direktor des Instituts für soziale Bewegungen der Ruhr-Universität Bochum, geleitet wird, wird durch die Europäische Kommission mit rund 800.000 Euro für vier Jahre gefördert.
Interesse flammt nach Niedergang neu auf
„Die industrielle Demokratie hat einen jahrhundertealten und europäischen Ursprung“, erläutert Stefan Berger. „Ihre Blütezeit hatte sie nach dem Zweiten Weltkrieg. In den 1970er-Jahren wurden vielfältige Erfahrungen gemacht. Dann erlebte sie durch den Siegeszug der neoliberalen Perspektive und die Veränderungen in der globalen Wirtschaftsordnung einen relativen Niedergang. Erst Mitte der 1990er-Jahre und insbesondere nach der Großen Rezession von 2008 gewann das Thema erneut an Interesse, das bis heute anhält.“
Das Ziel des Projekts ist eine historische Analyse des Themas in seiner europäischen Dimension. Im Blickpunkt der Studie stehen die Veränderungen und Kontinuitäten der Akteure – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – und Arbeitskulturen aus vier Ländern, zwei Produktionssektoren und acht Unternehmen in öffentlicher und privater Hand.
Interdisziplinärer Ansatz
Das Projektteam verfolgt einen interdisziplinären Ansatz und ergänzt die Methodik der Geschichtswissenschaft um einen soziologischen Blickwinkel, politische Theorie und Rechtswissenschaft. Erfahrene und junge Forschende arbeiten zusammen. Synergien mit Partnern außerhalb der Wissenschaft ermöglichen den Aufbau und die Konsolidierung eines internationalen Forschungsnetzwerks.
„Die sektorübergreifenden Ergebnisse werden politischen Entscheider*innen, Führungskräften aus Wirtschaft und Gewerkschaften sowie Mitgliedern von Arbeits-NGOs Empfehlungen für den Umgang mit Demokratie am Arbeitsplatz liefern“, so Stefan Berger. Er hofft, durch das Projekt dazu beizutragen, dass Bürger*innen sensibilisiert werden: für eine bessere Zukunft der Arbeit als derzeit geschwächtes soziales Bindeglied, als intermediärer sozialer Raum der demokratischen Stärkung, als Förderin von Gleichheit und sozialer Gerechtigkeit und als Bremse gegen autoritäre Impulse innerhalb und außerhalb des Unternehmens.