Wirtschaftsrecht Der juristische Studiengang mit dem gewissen Etwas
Gelebte deutsch-französische Freundschaft: Die RUB und die Universität Tours bilden gemeinsam aus.
Es lebe die deutsch-französische Freundschaft! Und das nicht nur am offiziellen Freundschaftstag beider Nationen, der jährlich am 22. Januar gefeiert wird. Tatsächlich wird diese Freundschaft auch an der RUB in zahlreichen Bereichen gelebt: zum Beispiel an der Juristischen Fakultät. Sie bietet gemeinsam mit der Universität Tours seit neun Jahren den deutsch-französischen Bachelorstudiengang im nationalen und europäischen Wirtschaftsrecht an. Warum es sich lohnt, diesen Studiengang zu belegen, verrät uns Svenja Kaftan. Die 22-Jährige hat ihn selbst absolviert und berät nun als Tutorin aktuelle Studierende.
Frau Kaftan, warum sollte sich jemand um einen Studienplatz in diesem deutsch-französischen Bachelorstudiengang bewerben?
Bei der großen Zahl an Jurastudierenden hebt man sich mit unserem Studiengang eindeutig von der Masse ab. Praktisch vom ersten Studientag an erwerben unsere Studierenden interkulturelle Kompetenzen und sie betrachten drei Jahre lang alle rechtswissenschaftlichen Fragen immer aus zwei Blickwinkeln: aus dem deutschen und dem französischen. Außerdem ist ein Auslandsjahr in den Studiengang integriert und man erhält als Absolvent zwei vollwertige Studienabschlüsse: den Bachelor of Laws von der RUB und den entsprechenden französischen Abschluss, die Licence en droit.
Ich habe mein Bachelorstudium 2018 abgeschlossen.
Sie können die Vorteile sogar persönlich bestätigen?
Genau, ich habe mein Bachelorstudium 2018 abgeschlossen und die drei Jahre zuvor sehr genossen: darunter den Austausch mit den französischen Studierenden und Lehrenden und ganz besonders das Studienjahr in Tours.
Auf welche Berufsfelder zielt das Studium ab?
Grundsätzlich auf alle juristischen Berufe. Einen Schwerpunkt bilden natürlich Tätigkeiten mit französischem oder europäischem Bezug. In der EU ist Französisch eine der Amtssprachen und die Gerichtssprache am Europäischen Gerichtshof ist ebenfalls Französisch. Auch in vielen anderen internationalen Organisationen gehört Französisch zu den Arbeitssprachen.
Wie viele Bachelorabsolventen gibt es bisher und was machen diese jetzt?
Wir haben bisher ungefähr 90 Absolventen. Sie machen ganz unterschiedliche Dinge. Es hängt natürlich auch davon ab, seit wann sie fertig sind. Einige belegen unseren neuen deutsch-französischen Masterstudiengang, der zum Wintersemester 2019/2020 gestartet ist, oder studieren an der RUB Jura auf Staatsexamen. Andere haben sich für einen anderen internationalen Master entschieden, zum Teil in einem Drittland. Ein paar der deutschen Absolventen sind sozusagen direkt in Frankreich geblieben und studieren dort ganz unterschiedliche Fächer. Wieder andere sind mittlerweile im Berufsleben, darunter unser Vorzeigeabsolvent, der in einer deutsch-französischen Anwaltskanzlei in Köln arbeitet.
Und Sie selbst?
Ich bin leider etwas zu früh fertig geworden. Da lief unser Master noch nicht, den ich ansonsten gewählt hätte. Ich werde ihn vielleicht später noch machen. Jetzt studiere ich Jura auf Staatsexamen.
Wirkt sich Ihr Bachelor auf die Studiendauer und die Inhalte des Jurastudiums aus?
Ja, ich kann mir vieles aus dem Bachelorstudium anerkennen lassen und mich dadurch relativ stressfrei auf den Freischuss vorbereiten.
Worauf?
Den Freischuss, auch Freiversuch genannt. Das ist eine Besonderheit im Jurastudium, ein zusätzlicher Versuch, die Pflichtfachprüfung zu absolvieren, sofern man es innerhalb der Regelstudienzeit versucht.
Was sind die häufigsten Fragen an Sie als Tutorin?
Da das Studium an zwei Hochschulen in unterschiedlichen Ländern angeboten wird, ergeben sich automatisch viele organisatorische und administrative Fragen. Die deutschen Studierenden möchten eher allgemein von mir erfahren, was sie in Tours erwartet, wie dort das Studium läuft. Die französischen Studierenden kommen insgesamt häufiger zu mir und dann auch mit konkreten Fragen, zum Beispiel: Wie bereite ich mich auf eine Klausur vor? In Frankreich ist das Studium wesentlich verschulter. Daran musste ich mich damals auch erst einmal gewöhnen.
Wie läuft die Zusammenarbeit mit der Universität Tours?
Sehr gut. Es gibt einen regen Austausch. Das liegt auch daran, dass zahlreiche Dozenten beider Unis regelmäßig an der jeweils anderen Uni lehren. Tobias Guth, der Bochumer Studiengangkoordinator, ist zufällig gerade in Tours für eine Lehrveranstaltung und natürlich auch, um einige Dinge mit seinem französischen Pendant direkt abzusprechen.
Regelmäßig kommt die französische Leiterin Prof. Dr. Anne Jeannot an die RUB. Ich habe hier gleich in meinem ersten Semester ein französischsprachiges Blockseminar zum französischen Verfassungsrecht bei ihr besucht. Da konnte ich mich direkt an die Sprache gewöhnen. Insgesamt kommen in jedem Semester ein bis zwei Dozenten aus Tours nach Bochum und umgekehrt gehen Bochumer Dozenten nach Tours. Dann weiß man vor dem verpflichtenden Auslandsjahr zumindest in den Lehrveranstaltungen, was einen im Ausland erwartet.
Man muss kein französischer Muttersprachler sein.
Apropos Sprache. Das Beherrschen des Französischen ist ja eine der Voraussetzungen bei der Bewerbung um einen Studienplatz. Reicht da wirklich Schulfranzösisch?
Ja! Man muss kein französischer Muttersprachler sein, um das Studium erfolgreich zu bestreiten. Man sollte allerdings ordentliche Französischkenntnisse mitbringen, da das vollständige Erlernen der Fremdsprache und ein juristisches Studium nicht gleichzeitig möglich sind.
Zur sprachlichen Vorbereitung gibt es aber bereits im ersten Semester begleitende Sprachkurse, auch mit Schwerpunkt Recht, die das Zentrum für Fremdsprachenausbildung anbietet. Sobald die Franzosen im zweiten Studienjahr in Bochum sind, besuchen alle Studierenden gemeinsam einen Tandemkurs. Darin erklären die Franzosen den Deutschen beispielsweise, wie man in Frankreich Rechtsgutachten verfasst – und umgekehrt. Wenn dann die deutschen Studierenden im dritten Studienjahr nach Tours gehen, sind sie sprachlich gut vorbereitet.
Der Studiengang