Andreas Bonse hat gemeinsam mit einem Mitarbeiter ein Lehrformat entwickelt, das sich durch seinen Workshop-Charakter auszeichnet. 

© RUB, Marquard

Entrepreneurship Education

Wie geht Unternehmertum?

Seit fast zehn Jahren erhalten Studierende im Coaching-Workshop von Andreas Bonse Einblicke in die Selbstständigkeit.

Mit dem Coaching-Workshop für Existenzgründer*innen – Student StartUp Camp hat Dr. Andreas Bonse, Geschäftsführer des Zentrums für ökonomische Bildung der Ruhr-Universität Bochum, ein Lehrformat geschaffen, das Entrepreneurship Education praxisnah und interdisziplinär erlebbar macht. Seit knapp zehn Jahren gibt es das Angebot. Probleme, Teilnehmende für den Workshop zu finden, kennt Andreas Bonse nicht. Allein mit der Nachfrage in der Wirtschaftswissenschaft könne er drei Workshops füllen. Neben den theoretischen Grundlagen steht vor allem die Entwicklung eigener Geschäftsideen im Fokus. Im Interview spricht Andreas Bonse über das didaktische Konzept hinter dem Student StartUp Camp und warum Gründungskompetenzen für alle Studierende wichtig sind, auch wenn sie nicht gründen wollen. 

Herr Dr. Bonse, wie kam Ihnen die Idee für das „Student StartUp Camp“?
Das Student StartUp Camp ist Teil eines dreistufigen Lehrkonzepts rund um das Thema Existenzgründung. Neben der klassischen Vorlesung mit begleitender Übung und Klausur gibt es ein weiterführendes Seminar. Hier bringen Studierende bereits eine konkrete Geschäftsidee mitbringen, beispielsweise für ein Café, und entwickeln Businesspläne. In diesem Lehrformat geht es also nicht darum, die Geschäftsidee an sich zu beurteilen – ist sie besonders innovativ, marktgängig und der Gleichen – Studierende sollen das zuvor Gelernte praktisch anwenden. Was noch fehlte war das Bindeglied zwischen diesen beiden Veranstaltungen. Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen sollten gemeinsam, intensiv und über einen längeren Zeitraum an einer Geschäftsidee arbeiten und am Ende präsentieren können. Deshalb haben wir ein Format entwickelt, das sich durch seinen Workshop-Charakter auszeichnet. 

Was war Ihnen bei der Konzeption besonders wichtig?
Ganz klar: die Interdisziplinarität. Studierende aus Technik, IT oder Naturwissenschaften bringen ganz andere Geschäftsideen und Fachkenntnisse mit als Studierende aus der Wirtschaftswissenschaft. 

Die Nachfrage an dem Workshop ist groß. Was begeistert Studierende an dem Angebot?
Allein mit der Nachfrage in der Wirtschaftswissenschaft könnte ich drei Workshops füllen. Dass liegt zum einen daran, dass frühere Teilnehmende von ihren Erfahrungen und Aha-Momenten berichten. Marktanalyse ist zum Beispiel ein Thema, das Studierende im ersten Semester besprechen. Plötzlich verstehen sie, wofür man diese Analyse wirklich braucht. Zudem ist die Prüfungsleistung, der gemeinsame Pitch der Idee in der Gruppe, etwas Neues. In den anderen Fachbereichen spielt oft ein gewisser „Herdeneffekt“ eine Rolle. Wenn andere mitmachen, steigt die Bereitschaft, sich ebenfalls anzumelden.

Was genau machen die Studierenden in den zwei Wochen? 
Der Workshop umfasst verschiedene Lernziele. Im ersten Block stehen Kreativität und Teamfindung im Vordergrund. Hierbei nutzen wir Design Thinking als Kreativmethode für die Ideenentwicklung. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist dabei eine kleine Herausforderung für viele Studierenden und gleichzeitig ein wichtiger Lerneffekt für jede Art von späterem Beruf. 

Auch ein Pitch-Training gehört dazu. Da Präsentationsgelegenheiten in großen Studiengängen oft rar sind, ist das eine besonders wichtige Erfahrung.

In zwei weiteren großen Themenblöcken geht es um die betriebswirtschaftlichen Grundlagen, darunter Marktanalyse und Marketing, und darum, eine Finanzplanung aufzustellen und sich über Rechtsformen zu informieren. Auch ein Pitch-Training gehört dazu. Da Präsentationsgelegenheiten in großen Studiengängen oft rar sind, ist das eine besonders wichtige Erfahrung. Die Prüfungsleistung ist der finale Pitch sowie ein kurzer Bericht, in dem die Studierenden reflektieren, welche Herausforderungen ihnen bei der Gruppen- und Ideenfindung begegnet sind und welche Lernerfolge daraus resultierten. 

Und wie finden die Teams ihre Geschäftsideen?
Anfangs haben wir den Studierenden völlig freie Hand gelassen. Das war oft überfordernd. Mittlerweile geben wir einen thematischen Rahmen vor. Zuletzt stand zum Beispiel das Thema „Innenstadtförderung in Bochum“ im Mittelpunkt. In vielen deutschen Städten gibt es ähnliche, sehr konkrete Probleme, die wir vorher thematisiert haben. Dadurch bekommen die Studierenden eine gewisse Denkrichtung.

Diese Art des Arbeitens bringt einen hohen Spaßfaktor für beide Seiten – Lehrende und Studierende.

Was begeistert Sie persönlich als Lehrender an diesem Format?
Diese Art des Arbeitens bringt einen hohen Spaßfaktor für beide Seiten – Lehrende und Studierende. In Vorlesungen geht der direkte Austausch häufig verloren. Bei dem Workshop ist das etwas ganz anders. Ich leite die verschiedenen Themen eine Viertelstunde ein; anschließend müssen die Studierenden selbst aktiv werden.

Warum ist Entrepreneurship Education auch für Studierende interessant, die nicht gründen möchten?
Studierende aller Fachrichtungen erlernen neben wirtschaftswissenschaftlichem Grundwissen vor allem auch wichtige Soft Skills, die in jedem Unternehmen gefragt sind. Besonders wichtig ist mir, den Perspektivwechsel hin zur Kundensicht zu fördern. Gerade in technischen Studiengängen entstehen viele Ideen mit zahllosen Funktionen, aber oft ohne zu prüfen, ob das überhaupt dem Bedarf der Nutzenden, der Unternehmen und Privatpersonen, entspricht. Mein Ziel ist es, dass am Ende eines Studiums die Unternehmensgründung von Studierenden zumindest als Möglichkeit mitgedacht wird – mehr nicht.

Wie geht es nach dem Student StartUp Camp für die Studierenden weiter?
Seit einigen Jahren ist die WORLDFACTORY ein super Ansprechpartner für den Schritt in die Praxis. Für den Workshop arbeiten wir eng zusammen. Wir besuchen beispielsweise einen Tag den RUB Makerspace, damit die Studierenden das Angebot kennenlernen. Manche Camp-Teilnehmenden haben später tatsächlich ein Unternehmen gegründet; andere sind heute in Start-ups tätig. Die Unternehmenskultur dort ist eine ganz andere als in alteingesessenen DAX-Konzernen mit hierarchischen Strukturen. Gerade hier sind die im Camp erlernten Kompetenzen besonders gefragt.

Die Rahmenbedingungen haben sich deutlich verbessert. 

Wie hat sich das Feld Entrepreneurship Education seit dem Start Ihres Workshops im Jahr 2016 weiterentwickelt?
Die Rahmenbedingungen haben sich deutlich verbessert. Es gibt inzwischen viele weitere Angebote, etwa über die WORLDFACTORY oder die Inkubatoren, die näher an den Fachbereichen arbeiten, besonders im Masterbereich. Unser Vorteil ist, dass wir curricular angebunden sind und Credit Points vergeben.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Entrepreneurship Education an Universitäten?
Das Angebot an der Ruhr-Universität ist sehr umfassend. Beispiele sind die Angebote der WORLDFACTORY, der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, insbesondere von Prof. Dr. Stefanie Bröring im Centrum für Entrepreneurship, Innovation und Transformation (CEIT). Viele Veranstaltungen fördern die Soft Skills, die Persönlichkeitsentwicklung, aber wenn es dafür keine CPs gibt, kommt man im Studium nicht voran. Deshalb sollte es mehr Raum in den einzelnen Prüfungsordnungen geben. Wenn die Universität das Ziel hat, mehr Unternehmensgründungen zu produzieren, dann führt kein Weg an einer curricularen Verankerung vorbei.

Zur Person

Dr. Andreas Bonse ist Geschäftsführer des Zentrums für ökonomische Bildung an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum (RUB). Nach einer Ausbildung zum Industriekaufmann studierte er Betriebswirtschaftslehre an der Universität Münster und promovierte 2002 an der RUB. Seit 2006 leitet er das Zentrum für ökonomische Bildung, von 2013 bis 2024 zudem die ASBM Accounting School Bochum Münster gGmbH. Darüber hinaus verantwortet er seit 2003 die Leitung der Fakultätsbibliothek Wirtschaftswissenschaft an der RUB. Dr. Bonse war zuvor in verschiedenen wissenschaftlichen Positionen an den Universitäten in Münster, Bochum und Vallendar tätig. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen an der Schnittstelle von ökonomischer Bildung, Rechnungswesen und Wissenschaftsmanagement.

Jetzt bewerben!

Das curriculare Modul „Coaching-Workshop für Existenzgründer*innen – Student Startup Camp“ findet zweimal im Jahr in den Semesterferien – im Februar und September – statt. Der Kurs kann von Studierenden aller Fachrichtungen über den Optionalbereich belegt und angerechnet werden. Die nächste Runde findet vom 8. bis 19. September 2025 statt. Weitere Infos zur Anmeldung gibt es auf der Webseite.  

Veröffentlicht

Montag
14. Juli 2025
09:18 Uhr

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