Gründungen Zwei Exist-Forschungstransferprojekte starten in Bochum
Nahrungssicherheit und Umweltschutz, Durchblick in der Geodatenflut: Mit diesen Ideen starten zwei Teams jetzt durch.
Zwei Ausgründungen der RUB haben sich für die Champions League der Gründungsförderung qualifiziert: „LiveSen" entwickelt Biosensor-Teststreifen, die die Landwirtschaft effizienter machen und die Umwelt schützen. „GeoInsight" nutzt künstliche Intelligenz, um die wachsende Flut an Geodaten sinnvoll auszuwerten und so eine einfach zu nutzende Datenbasis für komplexe Fragen zur Verfügung zu stellen. Beide Teams haben in der aktuellen Auswahlrunde des Exist-Programms „Forschungstransfer" vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie eine Förderempfehlung erhalten. Die Vorhaben sollen im März 2021 beginnen und mit insgesamt rund 1,6 Millionen Euro für 18 Monate gefördert werden.
Prof. Dr. Andreas Ostendorf, Prorektor für Forschung, Transfer und wissenschaftlichen Nachwuchs, zeigt sich erfreut: „Wir sind sehr stolz, denn die beiden Teams bringen alles mit, um erfolgreiche Unternehmensgründerinnen und -gründer zu werden. Unser Worldfactory Start-up Center sowie unser Inkubator Start4Chem begleiteten die Teams monatelang bei der Antragsstellung und hat ihnen in den Sattel geholfen, damit sie mit der Förderung durch Exist nun richtig durchstarten können. Einmal mehr können wir zeigen, dass sich unsere Anstrengungen hinsichtlich der Gründungsförderung auszahlen.“
Landwirtschaftliche Flächen so effizient wie möglich nutzen
Die Frage, wann Pflanzen womit in welcher Menge gedüngt werden müssen, treibt Landwirte schon immer um. Biosensor-Teststreifen, die in den vergangenen zehn Jahren an der RUB entwickelt wurden, ermöglichen es ihnen, den Nährstoffgehalt in ihren Pflanzen direkt auf dem Feld zu bestimmen. „Das ist preisgünstig, präzise und geht schnell“, verdeutlicht Chemiker Dr. Tobias Vöpel, der das Produkt gemeinsam mit Dr. Alaa Oughli, Maximilian Ruschmeier und dem Wirtschaftswissenschaftler Daniel Wach marktreif machen wird. Die mittels Streifen gewonnenen Daten werden in die Cloud hochgeladen und automatisch durch einen Algorithmus mit anderen verfügbaren Informationen – wie zum Beispiel Satelliten-, Wetter- und Bodendaten – verarbeitet. „So bekommt der Landwirt in einer App nicht nur die Informationen zum Zustand seines Feldes, sondern darüber hinaus eine Karte zur optimalen Düngung, die er direkt zur Steuerung seiner landwirtschaftlichen Maschinen verwenden kann“, erklärt der Gründer.
Die Vision des „LiveSen"-Teams ist es, jedem Landwirt weltweit den Zugang zu dieser Technologie zu ermöglichen. Dadurch könne die verfügbare Fläche so effizient wie möglich genutzt und die verfügbaren Ressourcen könnten optimal eingesetzt werden, um die Umwelt zu schützen und die Nahrungssicherheit zu erhöhen.
Intelligente Erde mit einem digitalen Gehirn
Internationale Organisationen, die Epidemien, den Klimawandel oder Nahrungssicherheit überwachen, aber auch Unternehmen in der Finanz- und Versicherungsbranche oder Behörden und Regierungen agieren zwangsläufig im Raum und sind auf die Auswertung von Geodaten angewiesen. Gerade komplexe geografische Fragen lassen sich besser beantworten, wenn man mehrere Informationsquellen heranzieht, Daten kombiniert und integriert. Geodaten werden allerdings in den unterschiedlichsten Formaten, Projektionen und Maßstäben bereitgestellt und sind ohne aufwändige Vorbereitung und Sachverstand nur schwer miteinander integrierbar.
Das Projekt „GeoInsight" verspricht einen Paradigmenwechsel in der Handhabung von Big Geodata: Mittels künstlicher Intelligenz wollen die Gründer Dr. Gino Caspari, Dr. Ana Gago da Silva, Dr. Michael Jendryke und João Carlos dos Santos Manuel die wachsende Flut geografischer Daten auswerten, sodass sie auch ohne viel Fachwissen, Zeit und Aufwand nutzbar werden.
Das Gründerteam entwickelt eine Datenplattform, die Geodaten in einem hierarchischen Netz aus hexagonalen Zellen kombiniert und mit künstlicher Intelligenz auswertet. Nutzerinnen und Nutzer können sich auf Informationen und Erkenntnisse konzentrieren. „Wir nennen dieses System ‚An intelligent earth with a digital brain‘“, so Gino Caspari.