Jens Ränsch ist Geschäftsführer des Helium-Beirats an der RUB.
© Michael Schwettmann

Helium Ein besonderes Recyclingsystem auf dem RUB-Campus

Viele Forschungsgeräte benötigen flüssiges Helium zur Kühlung. Das wird dabei gasförmig und würde eigentlich in die Atmosphäre entweichen. Aber nicht an der RUB.

Hinter den Türen des ICN-Gebäudes befindet sich ein seltsames Objekt, das man auf den ersten Blick für eine nicht ganz fertig aufgepumpte Hüpfburg halten könnte. Auch wenn es mit seiner schlichten blauen Farbe unspektakulär aussieht, gehört es zu einer Hightech-Anlage, die im Frühjahr 2019 an der RUB in Betrieb genommen wurde: ein Helium-Recyclingsystem.

Flüssiges Helium wird genutzt, um Forschungsgeräte zu kühlen und Experimente zu ermöglichen, die bei besonders tiefen Temperaturen stattfinden müssen. In diesem Prozess wandelt es sich in gasförmiges Helium um, das normalerweise in die Atmosphäre entweichen würde. In vielen RUB-Laboren wird es jedoch aufgefangen und über Leitungen im Versorgungsschacht unter der Straße zum Gebäude ICN transportiert. Dort sammelt es sich in einer großen Blase, von wo aus es in einen Recyclingkreislauf gelangt, der in der folgenden Bilderstrecke gezeigt ist.

Jede Woche werden an der RUB auf diese Weise 400 bis 500 Liter flüssiges Helium ausgeliefert. „Hin und wieder müssen wir auch Helium zukaufen“, erklärt Dr. Jens Ränsch, Geschäftsführer des Helium-Beirats der RUB. „Wir versuchen zwar jedes Gramm zurückzugewinnen, aber wir haben etwa fünf Prozent Verlust beim Recycling.“

Etwas Helium geht bei der Arbeit des Verflüssigers verloren. Ein geringer Teil verflüchtigt sich außerdem aus den Thermoskannen, in die das verflüssigte Gas bei etwa minus 269 Grad Celsius zum Transport abgefüllt wird. Bei dieser Temperatur – gerade einmal vier Grad über dem absoluten Nullpunkt – hat Helium seinen Siedepunkt. Es ist gerade eben noch flüssig, aber kurz davor, in die Gasphase überzugehen. „In den Thermoskannen kocht es also quasi die ganze Zeit“, beschreibt Jens Ränsch. „Dabei verdampft ein Teil.“ Um den Verlust möglichst klein zu halten, sind die Thermoskannen an die Blase angeschlossen, sodass der Großteil des verdampfenden Heliums direkt wieder in das Recyclingsystem zurückgeführt wird. Hier und da lassen sich geringe Verluste aber nicht vermeiden.

Helium-Verkauf finanziert Instandhaltung

Das flüssige Helium verkauft der Helium-Beirat an Forscherinnen und Forscher auf dem RUB-Campus, die mit ihren Einrichtungen an das Recyclingsystem angeschlossen sind. Von den Einnahmen finanziert der Beirat die Wartung und Reparatur der Anlage sowie den Zukauf von neuem Helium. Dieses System hat einige Vorteile.

„Es ist zum einen eine umweltfreundliche Lösung, da Helium selten ist und wir sparsam damit umgehen sollten“, sagt Prof. Dr. Enrica Bordignon, Vorsitzende des Helium-Beirats und Forscherin im Exzellenzcluster Resolv. Sie benötigt flüssiges Helium zum Beispiel, um Proteine in verschiedenen Zuständen zu untersuchen, die sie nur bei extrem tiefen Temperaturen analysieren können.

Ultrakalte Forschung

Da Helium bei extrem tiefen Temperaturen flüssig ist, eignet es sich hervorragend als Kühlmittel für verschiedene Experimente. Die leistungsstarken Magnete von Kernspintomografen werden beispielsweise mit Helium auf Temperatur gehalten und Supraleiter benötigen extreme Kälte, um ihre besonderen Eigenschaften zu entfalten. Manchmal sollen auch einfach bestimmte Proben bei sehr tiefen Temperaturen untersucht werden.

„Das Helium zu recyceln ist aber auch eine wirtschaftliche Lösung“, ergänzt Bordignon. „Denn ein Liter Helium aus dem Verflüssiger kostet viel weniger als ein Liter auf dem freien Markt.“

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Ein weiterer großer Vorteil ist, dass das Helium aus dem Recyclingsystem immer verfügbar ist. „Da die Heliumreserven auf der Welt begrenzt sind, kann es schon mal zu Lieferengpässen kommen“, weiß Jens Ränsch, „zum Beispiel wenn Großforschungsprojekte am Teilchenbeschleuniger Cern mit Helium versorgt werden müssen oder die NASA gerade eine der Quellen anzapft.“ Dann sitzen andere Labore auf dem Trockenen – aber nicht die, die an das RUB-Recyclingsystem angeschlossen sind.

Karl-Heinz Eberhard ist Experte für das Handling des Heliumverflüssigers und kümmert sich auch um die Auslieferung des flüssigen Heliums an die Labore.
© Michael Schwettmann

Dass Helium an der RUB recycelt wird, ist nicht neu. Auch früher gab es dafür schon eine Anlage, die aber in die Jahre gekommen war. „Sie war etwa 20 bis 25 Jahre an der RUB in Betrieb und war schon gebraucht gekauft worden“, erinnert sich Karl-Heinz Eberhard, der als leitender Techniker für das System zuständig war und ist. „Am Ende musste ich fast jede Woche etwas reparieren.“ Das neue System läuft nun viel stabiler.  Insgesamt knapp drei Millionen Euro hat die RUB in die neue Anlage investiert; sie wird sich in wenigen Jahren amortisiert haben.

Noch sind nicht alle Labore, die Helium verwenden, an das Recycling angeschlossen. Prinzipiell können aber weitere Nutzerinnen und Nutzer hinzukommen. Für neue Bauten wie das derzeit entstehende Zentrum für Grenzflächen-dominierte Höchstleistungswerkstoffe, kurz ZGH, ist das schon geplant. So wächst das Helium-Recyclingsystem auf dem Campus immer weiter.

Veröffentlicht

Donnerstag
01. August 2019
07:57 Uhr

Von

Julia Weiler

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