Materialwissenschaft Sommerschule mit Zerreißprobe
Schülerinnen ab der 10. Klasse hatten im Juni erstmals die Gelegenheit, eine Sommerschule in der Materialwissenschaft zu besuchen – und durften sich direkt an zerstörerischen Versuchen ausprobieren.
Klack! Obwohl es überall in der Maschinenhalle brummt und surrt, ist das Geräusch der zerreißenden Metallprobe deutlich zu hören. Der eigentlich stabil aussehende Metallstift, den eine Schülerin wenige Minuten zuvor mit ein paar geschickten Handgriffen in den Versuchsstand eingespannt hatte, ist in zwei Hälften zerteilt. Das Ergebnis dieses Zugversuchs, bei dem eine Probe an einem Ende in die Länge gedehnt wird, ist keine Überraschung für die anwesenden Schülerinnen. Denn genau diesen Vorgang haben sie zuvor schon am Computer simuliert. Nun überprüfen sie das Computermodell, das das Verhalten der Probe in der Praxis vorhergesagt hat, im Versuch. Im Rahmen einer Sommerschule haben die Schülerinnen zwei Tage lang die Gelegenheit, in die Labore und Versuchshallen der Materialwissenschaft hineinzuschnuppern und einen Einblick in die experimentelle und theoretische Werkstoffforschung zu gewinnen.
Ein gemeinsames Team des Interdisciplinary Centre for Advanced Materials Simulation und des Instituts für Werkstoffe der Ruhr-Universität Bochum hat die Sommerschule im Juni 2023 erstmals ausgerichtet. Weibliche und diverse Personen ab der 10. Klasse waren zur Teilnahme eingeladen. Denn traditionell bewerben sich überwiegend Männer für natur- und ingenieurswissenschaftliche Studiengänge wie die Materialwissenschaft. Mit der Sommerschule möchte das Organisationsteam das Fach einer größeren Gruppe schmackhaft machen und mögliche Hürden abbauen, die einer Bewerbung im Wege stehen.
Beim Zugversuch und bei den Computersimulationen können die Schülerinnen selbst Hand anlegen. „Die Sommerschule gefällt mir sehr gut“, berichtet eine Teilnehmerin. „Es gibt eine gute Mischung aus Professoren, die uns etwas erklären, und Studierenden, die uns Einblicke in den Studiengang geben. Das ist sehr hilfreich, wenn man überlegt, selbst Materialwissenschaft zu studieren.“ Manling, eine weitere Teilnehmerin ergänzt: „Für Leute, die selbst Materialwissenschaft machen wollen, ist es sehr spannend zu sehen, wie alles funktioniert. Die Studierenden und Professorinnen und Professoren geben sich viel Mühe und motivieren uns. Alles ist gut geplant, und wir bekommen in den zwei Tagen viel gezeigt.“
Neben dem Zugversuch als Experiment und Simulation steht auch die Charakterisierung von Materialien auf der atomistischen Skala auf dem Programm. Dabei legen die Schülerinnen wieder selbst Hand an und bekommen einen Einblick in die Atomsondentomografie. Zum Abschluss können die Schülerinnen selber ausprobieren, wie Formgedächtnislegierungen, Materialien, die insbesondere in der Medizintechnik eine große Rolle spielen, nach dem Verbiegen wieder in ihre ursprüngliche Form zurückkehren. Beim Format „Meet the Female Faculty“ haben die Schülerinnen zudem die Gelegenheit, sich gezielt mit Frauen in der Materialwissenschaft auszutauschen.
Im kommenden Jahr soll die Sommerschule wieder stattfinden – und weitere Schülerinnen für die Materialforschung begeistern.