Modell des Landgasthofs in Ficarolo
© RUB, Archäologie

Archäologie Wie die Ostgotin nach Oberitalien kam

Sie ist seit über 1.500 Jahren tot, doch ihre Leiche wurde erst kürzlich entdeckt. Neben dem Skelett lagen verschiedene Schmuckstücke. Archäologen rekonstruieren daraus das Schicksal der „Dame von Ficarolo“.

Zwischen 1992 und 2000 haben Bochumer Archäologen in Oberitalien gegraben. Das Grabungsgebiet liegt in der Po-Ebene und gehört zu den Orten Ficarolo und Gaiba in der Provinz Rovigo, wo sich zu römischer Zeit kein geschlossener Ort befand, sondern eine Landschaft mit einzelnen Höfen.

An der Oberfläche ist von den antiken Gebäuden nichts mehr zu sehen; die Fläche wird landwirtschaftlich genutzt. 40 Zentimeter unter der Erdoberfläche befinden sich die für die Archäologen interessanten Überbleibsel aus der Vergangenheit.

Vollständiges Gehöft aus römischer Zeit

Rund 100 Studierende, die meisten von der Ruhr-Universität, einige auch von anderen Universitäten in Deutschland, Italien und Serbien, legten die Funde frei und säubertern sie. Nach Ende der Grabungen erstellten die Forscher einen Gesamtplan von ungefähr 100 mal 80 Metern. Sie konnten auf dieser Fläche ein vollständiges Gehöft ausmachen, mit Hauptgebäude, Werkstätten, gepflastertem Hof und Brunnen. Zudem fanden sie zahlreiche kleinere Fundstücke wie Münzen und Amphoren.

Die „Dame von Ficarolo“

Ein besonders bedeutender Fund war die „Dame von Ficarolo“, die auf dem römischen Hof bestattet war. Ihr Skelett war vollständig, und ihr Schmuck lässt nicht nur auf ihre ostgotische Herkunft schließen, sondern erlaubt Rückschlüsse auf weitere Stationen ihres Lebens.

Die Frau stammt vermutlich aus dem Gebiet zwischen Theiß und Donau, wo sie um 460 geboren wurde und zwei Fibeln und einen Fingerring erhielt. Sie siedelte dann nach Südwestdeutschland über, wo sie möglicherweise einen Alemannen heiratete und Haarnadel, Armreif und Halsschmuck erwarb. Dann muss sie vor den Franken geflüchtet sein und sich im Italien niedergelassen haben, wo sie schließlich noch eine Gürtelschnalle bekam.

Im Alter zwischen 40 und 60 Jahren wurde sie dort dann bestattet – ein typischer Lebenslauf für die Zeit der Völkerwanderung.

Unveröffentlicht

Von

Meike Drießen

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