Grafisch aufbereitet machen die Zahlen zur Frauenquote in Unternehmen einiges her. Aber sie verzerren das wahre Bild.
© RUB, Marquard

Unstatistik Die Frauenquote ist noch nicht erreicht

Statistik-Experten zeigen auf: Die Interpretation der aktuellen Zahlen zum Frauenanteil in Führungspositionen ist Humbug.

28,1 Prozent  – so hoch war der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten von börsennotierten und mitbestimmungspflichtigen Unternehmen im Jahr 2016. Bis 2020 soll diese Quote auf 30 Prozent steigen. So will es ein Gesetz, das 2015 in Kraft getreten ist. Ist das Ziel also fast erreicht?

Ja, meinten Bundesfamilienministerin Katarina Barley und Bundesjustizminister Heiko Maas bei einer gemeinsamen Pressekonferenz, auf der sie eine erste Bilanz des „Gesetzes für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen“ zogen. Nein, meinen hingegen Forscher aus Bochum, Dortmund und Berlin. Die drei Professoren, unter ihnen RUB-Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Bauer, küren regelmäßig die „Unstatistik des Monats“, mit der sie auf falsche Interpretationen von Statistiken hinweisen. Ihr Fazit lautet: Das 30-Prozent-Ziel ist noch lange nicht erreicht.

Null Prozent Frauen bei Porsche

Das Gesetz sieht eine feste Quote von 30 Prozent Frauenanteil für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten vor – und zwar in jedem einzelnen Unternehmen. Die bereits erreichten 28,1 Prozent sind aber ein Mittelwert über alle Unternehmen hinweg. Die Zahl sagt nichts darüber aus, ob in jedem Unternehmen etwa 28 Prozent Frauen in der Führungsriege sitzen, oder ob es in manchen viel mehr oder viel weniger sind.

Laut den Daten, die das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veröffentlicht hat, erfüllen aktuell nur 51 der 105 gelisteten Unternehmen die 30-Prozent-Quote. Der Mittelwert von 28,1 Prozent Frauenanteil lebt von einigen Unternehmen, die bereits einen hohen Frauenanteil bis zu 50 Prozent haben. Manche jedoch, etwa Porsche, haben bislang eine Quote von null Prozent Frauen im Aufsichtsrat.

Über die Unstatistik

Mit der „Unstatistik des Monats“ hinterfragen der Berliner Psychologe Prof. Dr. Gerd Gigerenzer, der Dortmunder Statistiker Prof. Dr. Walter Krämer und RUB-Forscher Prof. Dr. Thomas Bauer, Vizepräsident des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen (RWI), jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen. Ein Archiv aller Unstatistiken findet sich auf der Seite des RWI.

Unveröffentlicht

Von

Julia Weiler

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