Benedikt Göcke ist Mit-Herausgeber des 2018 erschienenen Buches „Designobjekt Mensch“. © RUB, Marquard

Meinung „Es gibt kein moralisches Verbot, den Menschen zu verbessern“

Dürfen die Errungenschaften der modernen Wissenschaften genutzt werden, um den Menschen zu verbessern? Oder sollten sie sogar? Ein Kommentar von Benedikt Göcke.

Die Wissenschaft ist im Begriff, Technologien hervorzubringen, die den Körper des Homo sapiens biologisch verbessern oder gar kybernetisch transformieren können. So können sie dem Menschen ein gutes Leben ermöglichen, das sich durch ein größtmögliches Wohlergehen und eine größtmögliche Freiheit in der Wahl der individuellen und gesellschaftlichen Zwecke auszeichnet. Nicht jeder hat beispielsweise ein musikalisches oder sportliches Talent, was bedeutet, dass einigen Menschen die damit verbundenen Freuden und Werte nur zu einem bestimmten Grad offenstehen.

Der Transhumanismus geht davon aus, dass diese zufällige Setzung des Schicksals nicht akzeptiert werden muss. Die neuen Technologien könnten den Menschen vielmehr in die Lage versetzen, die körperlich vorgegebenen Schranken aufzuheben. Als autonomes und freies Wesen könnte er auch die Zwecke realisieren, die er sich in Freiheit setzen will.

Moderate und radikale Formen

Für Transhumanisten ist der Mensch nicht aufgrund seiner gegenwärtigen biologischen Verkörperung die Krone der Evolution, sondern weil er durch die von ihm entwickelten Technologien prinzipiell bestimmen kann, wie diese Verkörperung aussehen soll. Die Diskussion der transhumanistischen Agenda hat moderate und radikale Thesen hervorgebracht, wie wissenschaftlicher Fortschritt in der Gesellschaft verwendet werden sollte.

Moderate Transhumanisten plädieren für die Optimierung der gegebenen biologischen Natur des Menschen und streben nur danach, das Potenzial des Homo sapiens zu realisieren. Radikale Transhumanisten streben danach, die biologische Natur des Menschen so zu verändern, dass durch diese Veränderungen neue Spezies entstehen. Sie wollen posthumanes Leben erschaffen, dass ihrer Einschätzung nach beispielsweise auch virtuelle Existenzformen beinhalten kann. Eine Analyse der oft genannten Argumente zeigt, dass eine moderate Verbesserung der biologischen Natur des Menschen moralisch nicht verboten und daher zumindest moralisch erlaubt ist.

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Das zentrale Argument für den Transhumanismus basiert auf folgenden Prämissen: Es gibt eine moralische Verpflichtung, kranken oder anderweitig im Wohlergehen eingeschränkten Menschen medizinisch zu helfen. Jede medizinische Therapie ist eine Verbesserung des menschlichen Wohlergehens. Man wäre nur dann nicht moralisch verpflichtet, das maximale Wohlergehen des Menschen anzustreben, wenn es einen klar definierten Standard geben würde, wie ein normales und gutes Leben mit hinreichendem Wohlergehen ausssehen müsste. Aus transhumanistischer Sicht gibt es einen solchen Standard aber nicht.

Wohlergehen maximieren

Daher ist der Transhumanismus eine vernünftige moralische Forderung für diejenigen, die es als Ziel moralischen Handelns ansehen, das Wohlbefinden zu maximieren, und die davon ausgehen, dass verbesserungswürdige Eigenschaften des Menschen identifiziert werden können, die objektiv zu einem gesteigerten Wohlergehen führen, ohne dass die Freiheit des Menschen durch den Einsatz der Technologien beeinträchtigt wird.

Aus moralischer Sicht sollte das Wohlergehen des Menschen immer dann maximiert werden, wenn das realisierbar ist und keine anderweitigen moralischen Prinzipien dagegensprechen. Ob es solche anderweitigen Prinzipien gibt, wird aktuell virulent diskutiert.

Zur Person

Prof. Dr. Dr. Benedikt Göcke leitet an der RUB die Nachwuchsforschergruppe „Theologie als Wissenschaft?!“. Im März 2018 hat er gemeinsam mit einem Kollegen das Buch „Designobjekt Mensch. Der Transhumanismus auf dem Prüfstand“ herausgegeben, das sich mit den Argumenten für und gegen die Optimierung des Menschen auseinandersetzt. Gemeinsam mit RUB-Neurowissenschaftler Dr. Christian Klaes widmet er sich der Frage auch in einer Youtube-Reihe.

Veröffentlicht

Freitag
22. Juni 2018
09:20 Uhr

Von

Benedikt Göcke

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