Die Wissenschaftler an der TU Dortmund haben ein neues Experiment aufgebaut, mit dem sie Fehlstellen in Diamanten untersuchen können. © TU Dortmund, Nikolas Golsch

Physik Mit Diamanten zu Quantencomputern und Minisensoren

Forscherinnen und Forscher der UA Ruhr platzieren absichtlich Fehlstellen in die Edelsteine.

Ein Team von Physikern der Technischen Universität (TU) Dortmund, der RUB und der Universität Duisburg-Essen platziert kleine Verunreinigungen in den Kristallstrukturen von Diamanten und untersucht, wie diese in Quantencomputern oder als mikroskopisch kleine Sensoren verwendet werden können. Ihre Ergebnisse sind im renommierten Journal „Physical Review Materials“ vom 26. Juni 2019 veröffentlicht.

Fehlerhaftes Gitter

Das atomare Gitter, aus dem ein Diamant besteht, ist gar nicht so perfekt, wie man es erwarten würde. Oft sind Verunreinigungen und Fehler in der Struktur zu finden. Gerade diese Fehler sind für eine Forschungsgruppe der UA Ruhr interessant, und zwar eine bestimmte Art, nämlich die sogenannten NV-Zentren. Dabei steht das N für Stickstoff und das V für „vacancy“, also Leerstelle. NV-Zentren gibt es auch in der Natur. Man kann sie jedoch auch künstlich erzeugen, indem man ein Stickstoffatom in ein Diamant-Kristallgitter schießt, das üblicherweise aus Kohlenstoff besteht. Dadurch werden zwei Kohlenstoffatome herausgestoßen, das Stickstoffatom setzt sich an eine Stelle, die Nachbarstelle bleibt leer.

Diamanten wachsen lassen

Die Forscherinnen und Forscher an der Universität Duisburg-Essen stellen die Diamanten her, indem sie ein ionisiertes Molekülgemisch auf einem Substrat abscheiden. Auf dieser Unterlage wächst der Diamant Schicht um Schicht. Dann gehen die Diamanten an die RUB. Hier haben Wissenschaftler herausgefunden, wie sie die Stickstoff-Ionen am besten in die Kristalle schießen, um die NV-Zentren zu kreieren.

Anschließend werden die Kristalle an der TU Dortmund untersucht. Die Forscher haben dafür mehrere Experimente aufgebaut. So können sie erkennen, ob sich an der gewünschten Stelle ein NV-Zentrum mit Elektron, ohne Elektron oder etwas ganz anderes befindet.

Grundlagenforschung für Quantencomputer

Die Ergebnisse können zur weiteren Erforschung der NV-Zentren verwendet werden und damit die Entwicklung von Quantencomputern voranbringen.  Denn jedes NV-Zentrum enthält einen oder mehrere Spins, die man verwenden kann, um Quanteninformation zu speichern.

Bei einer klassischen Festplatte sind Spins in die eine oder andere Richtung orientiert. Der Zustand 0 würde zum Beispiel dafür stehen, dass der Spin nach oben zeigt. 1 heißt dementsprechend, dass der Spin nach unten weist. Der Unterschied zu einem klassischen Rechner ist, dass ein Quantencomputer, der zum Beispiel mit diesen NV-Zentren arbeiten würde, nicht nur den Zustand „0“ oder „1“ haben kann, sondern auch einen so genannten Überlagerungszustand. Der Spin kann also sowohl im Zustand 0 als auch im Zustand 1 sein. Das erlaubt einem, Rechnungen mit beiden Anfangszuständen gleichzeitig durchzuführen. Bei 1.000 Bits lassen sich dann 21.000 Rechnungen durchführen.

Gleichzeitig können auf Basis von NV-Zentren winzig kleine Sensoren entwickelt werden. Beispielsweise wird daran geforscht, sehr kleine Diamanten in Zellen einzuschleusen und damit im Inneren der Zellen die Temperatur zu messen.

Förderung

Die Forschung ist ein vom Mercator Research Center Ruhr (Mercur) gefördertes Kooperationsprojekt der drei Universitäten der Universitätsallianz Ruhr:

Originalveröffentlichung

Tanmoy Chakraborty, Fabian Lehmann, Jingfu Zhang, Stefan Borgsdorf, Nicolas Wöhrl, Reinhard Remfort, Volker Buck, Ulrich Köhler, Dieter Suter: CVD growth of ultrapure diamond, generation of NV centers by ion implantation, and their spectroscopic characterization for quantum technological applications, in Physical Review Materials, 2019, DOI 10.1103/PhysRevMaterials.3.065205

Die Universitätsallianz Ruhr

Seit 2007 arbeiten die drei Ruhrgebietsuniversitäten unter dem Dach der Universitätsallianz Ruhr (UA Ruhr) strategisch eng zusammen. Durch Bündelung der Kräfte werden die Leistungen der Partneruniversitäten systematisch ausgebaut. Unter dem Motto „gemeinsam besser“ gibt es inzwischen über 100 Kooperationen in Forschung, Lehre und Verwaltung. Mit mehr als 120.000 Studierenden und nahezu 1.300 Professorinnen und Professoren gehört die UA Ruhr zu den größten und leistungsstärksten Wissenschaftsstandorten Deutschlands.

 

Veröffentlicht

Montag
08. Juli 2019
13:10 Uhr

Von

Meike Drießen

Teilen