Jurist Tobias Singelnstein leitet das Projekt. © RUB, Marquard

Zwischenfazit Studie Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamte

Ein Medienbericht über das Projekt hat viel Wind gemacht. Ergebnisse gibt es allerdings erst im Herbst 2019.

Nach zwei Dritteln der Projektlaufzeit zieht das Team des Forschungsprojekts „Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamte“ ein positives Zwischenfazit. „Die Resonanz auf das Projekt und die Thematik ist überwältigend“, so der Leiter des Projekts Prof. Dr. Tobias Singelnstein. Auf eine Medienanfrage hatte das Team ein erstes Zwischenfazit gezogen, dabei aber unterstrichen, dass es sich noch nicht um die Auswertung des Projekts handelt.

Online-Befragung und Experten-Interviews

Im ersten Teil des Projekts hat das Forschungsteam eine quantitative Opferbefragung durchgeführt, die erstmals eine systematische Erhebung von Daten zu Betroffenen rechtswidriger Polizeigewalt leistet. Die Erhebung mittels Online-Fragebogen wurde im Januar 2019 abgeschlossen. Momentan findet die Auswertung der Daten statt. Im zweiten Teil des Projekts werden derzeit qualitative Interviews mit Polizisten, Staatsanwälten, Anwälten, Vertretern von Opferberatungsstellen und weiteren Experten geführt, um die Ergebnisse der quantitativen Erhebung zu vertiefen und zu ergänzen.

Großes Dunkelfeld vermutet

Die Resonanz und die Erfahrungen des Projektteams im Forschungsprozess würden die erhebliche gesellschaftliche Relevanz des Themas unterstreichen, so Singelnstein: „Nach unseren bisherigen Befunden kann man davon ausgehen, dass das Dunkelfeld mehr als fünfmal so groß ist wie das Hellfeld, das wir in der Statistik sehen.“

Was die Statistik nicht zeigt

Dies lasse sich unter anderem daraus schließen, dass sehr viele der in dem Projekt Befragten, die eine nach ihrer Einschätzung rechtswidrige körperliche Gewaltanwendung durch die Polizei erfahren haben, sich dagegen entschieden haben, eine Anzeige zu erstatten. Eine Hochrechnung auf konkrete Fallzahlen kann man anhand dessen aus wissenschaftlicher Sicht aber nicht vornehmen und wird daher von der Studie auch nicht unternommen. Das Hellfeld bezeichnet diejenigen Fälle, die durch eine Anzeige den Ermittlungsbehörden bekannt werden. Im Dunkelfeld verbleiben dagegen diejenigen Fälle, die nicht zur Anzeige gebracht werden. Wie stets bei Hellfeld- und Dunkelfeldanalysen auch zu anderen Deliktsbereichen handelt es sich dabei um Verdachtsfälle beziehungsweise Einschätzungen der Befragten, nicht um gerichtlich abgeurteilte Fälle.

Das Projekt

Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt läuft seit 1. März 2018 bis Ende Februar 2020 an der Ruhr-Universität Bochum. Erste Ergebnisse des Projekts werden voraussichtlich im September 2019 vorgestellt. Der abschließende Bericht folgt dann im Frühjahr 2020. Die zu erwartenden Ergebnisse der Studie ermöglichen empirisch fundierte Aussagen über Fehlverhalten bei polizeilicher Gewaltausübung und liefern erstmals differenzierte und belastbare Daten zu Viktimisierungsrisiken, Aufarbeitung, Dunkelfeld und Anzeigeverhalten in diesem Deliktsbereich.

Veröffentlicht

Dienstag
30. Juli 2019
14:29 Uhr

Von

Meike Drießen

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