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Drei Sonderforschungsbereiche verlängert
Für jeweils vier weitere Jahre werden zwei von der RUB mitbeantragte Sonderforschungsbereiche/Transregios (SFB/TR) gefördert. Der SFB/TR 196 „Mobile Material-Charakterisierung und -Ortung durch Elektromagnetische Abtastung“ geht in seine zweite Förderperiode, der SFB/TR 110 „Symmetrien und Strukturbildung in der Quantenchromodynamik“ in seine dritte Förderphase. Ebenfalls verlängert wurde der SFB/TR 191 „Symplektische Strukturen in Geometrie, Algebra und Dynamik“. Das teilte die Deutsche Forschungsgemeinschaft am 27. November 2020 mit. Außerdem ist die RUB an dem neuen Forschungsverbund „Resist – Degradation und Erholung von Fließgewässerökosystemen unter multiplen Belastungen“ beteiligt, dessen Sprecherhochschule die Universität Duisburg-Essen (UDE) ist.
Mobile Material-Charakterisierung und -Ortung durch Elektromagnetische Abtastung
Seit 2016 werden im Sonderforschungsbereich/Transregio Marie – kurz für Mobile Material-Charakterisierung und -Ortung durch Elektromagnetische Abtastung – die Grundlagen für einen mobilen hochsensiblen Mini-Detektor erforscht. Das Gerät wird einmal die Materialeigenschaften nahezu beliebiger Objekte bestimmen können, selbst wenn diese hinter einer Wand verborgen liegen. So können auch Menschen in kontaminierten Räumen oder schmorende Kabel innerhalb von Wänden aufgespürt werden. Dafür muss der Detektor sehr hohe Frequenzen bis in den Terahertzbereich abdecken.
In der ersten Förderphase wurden in den Disziplinen Elektronik, Photonik und Mikromechanik kompakte leistungsstarke Terahertzsender und Empfänger konzipiert, vermessen und schließlich realisiert. Diese zählen laut der internationalen SFB-Gutachter zur Weltspitze. In der im Januar beginnenden zweiten Förderphase werden diese Detektoren mobil, also besonders energieeffizient und leichtgewichtig gemacht. Somit werden sie für zahlreiche Anwendungen bin hin zur Integration in ein Smartphone geeignet sein.
Geleitet wird Marie von Prof. Dr. Thomas Kaiser als Sprecher, Leiter des UDE-Fachgebiets für Digitale Signalverarbeitung, und Prof. Dr. Ilona Rolfes, Leiterin des RUB-Lehrstuhls für Hochfrequenzsysteme. Beteiligt sind zudem die Universität Wuppertal, die Technische Universität Darmstadt und die Fraunhofer-Institute für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme (Duisburg) sowie für Hochfrequenzphysik und Radartechnik (Wachtberg).
Symmetrien und Strukturbildung in der Quantenchromodynamik
Im Fokus des SFB/TR „Symmetrien und Strukturbildung in der Quantenchromodynamik“ steht die starke Wechselwirkung, eine Fundamentalkraft, die im Inneren von Atomkernen wirkt. Diese sind aus Protonen und Neutronen aufgebaut, die zur Teilchenklasse der Hadronen gehören. Hadronen bestehen wiederum aus kleineren Bausteinen, den Quarks und Gluonen. Wie mithilfe der starken Wechselwirkung solch komplexe Strukturen wie Atomkerne entstehen, gibt Forscherinnen und Forschern nach wie vor Rätsel auf.
In der dritten Förderperiode beschäftigt sich das Team des SFB/TR unter anderem mit einer Physik jenseits des Standardmodells. Dieses Modell umfasst alle Elementarteilchen sowie die die starke, die elektromagnetische und die schwache Wechselwirkung. „Obwohl das Modell als die erfolgreichste uns bekannte Theorie der Natur gilt, wissen wir aus verschiedenen Quellen wie beispielsweise Kosmologie und astronomischen Beobachtungen, dass es inkomplett ist“, erklärt Prof. Dr. Evgeny Epelbaum, Inhaber des Lehrstuhls für Theoretische Physik, insbesondere Hadronen- und Teilchenphysik. Mit theoretischen Berechnungen wollen die Forscherinnen und Forscher nach Spuren einer Physik jenseits des Standardmodells fahnden.
Weitere Arbeiten sollen sich mit der Struktur von exotischen Teilchen beschäftigen, die in den vergangenen Jahren experimentell an großen Teilchenbeschleunigern nachgewiesen wurden. Dazu zählen etwa sogenannte Tetra- und Pentaquarks: Anders als zuvor bekannte Teilchen der Hadronen-Klasse bestehen sie aus vier oder fünf Quarks. Mittels theoretischer Physik wollen die Wissenschaftler Einblicke in die innere Struktur dieser Teilchen erlangen. Auch Eigenschaften von konventionellen Hadronen sowie von Atomkernen stehen im Fokus des SFB/TR. In diesen Arbeitsbereichen liegen auch die Schwerpunkte der RUB-Forscherinnen und -Forscher in dem Verbund.
Sprecherhochschule des Forschungsverbundes ist die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn; die RUB ist Mitantragstellerin. Der Verbund wird seit 2012 gefördert und wird somit über die maximal mögliche Dauer von zwölf Jahren laufen. Evgeny Epelbaum ist Direktoriumsmitglied des Forschungsverbundes.
Symplektische Strukturen in Geometrie, Algebra und Dynamik
Die symplektische Geometrie hat ihre Wurzeln in der klassischen Mechanik. Sie erlaubt es, die zentralen mechanischen Bewegungsgleichungen ohne Koordinaten zu formulieren. Das ermöglicht ein tieferes Verständnis der zugrunde liegenden Dynamik. Der Forschungsverbund des SFB/TR 191 beschäftigt sich mit symplektischen Strukturen und Techniken in den Bereichen Geometrie, Algebra, Dynamische Systeme und Topologie.
Das Team intensiviert auch Beziehungen zu stärker anwendungsorientierten Disziplinen, in denen das Potenzial des symplektischen Zugangs bislang kaum oder nur in Ansätzen realisiert worden ist, etwa Kombinatorik oder Optimierung. Außerdem wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Beziehungen zu Fachbereichen wie der Informatik aufbauen, die ihrerseits neue Methoden zum Studium symplektischer Fragen beitragen können.
Sprecherhochschule ist die Universität zu Köln. Prof. Dr. Kai Zehmisch, Leiter des RUB-Arbeitsbereiches Symplektische Geometrie,* ist Ko-Sprecher. Der Verbund wird seit 2017 gefördert.
Degradation und Erholung von Fließgewässerökosystemen unter multiplen Belastungen
Flüsse und Bäche sind Zentren der Biodiversität und für den Menschen lebenswichtig. Durch Zutun des Menschen werden Gewässer auf vielfältige Weise beeinträchtigt, was nicht spurlos an Tieren und Pflanzen vorbeigeht. Der Sonderforschungsbereich „Degradation und Erholung von Fließgewässerökosystemen unter multiplen Belastungen – Resist“ will verstehen, wie verschiedene Belastungen einzeln und in Kombination auf die Biodiversität und die Funktionen von Fließgewässern wirken, und wie sich vormals gestresste Ökosysteme wieder erholen. Außerdem sollen Modelle entwickelt werden, um die Effekte vorherzusagen.
Fachleute für verschiedenste Stressoren sowie für ein breites Spektrum an Organismengruppen kooperieren in dem SFB. Seine Sprecher sind die Professoren Dr. Bernd Sures und Dr. Daniel Hering aus der Abteilung Aquatische Ökologie der Universität Duisburg-Essen. Außerdem beteiligt sind Teams der RUB sowie der Universitäten in Köln, Kiel und Koblenz-Landau sowie des Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (Berlin) und des Umweltforschungszentrums Halle-Leipzig beteiligt.
* In einer früheren Version des Textes stand, dass Prof. Dr. Gerhard Knieper vom RUB-Lehrstuhl Analysis Ko-Sprecher des SFB/TR sei. Diese Angabe wurde am 1. Dezember 2020 korrigiert. Gerhard Knieper war in einer früheren Förderphase der Ko-Sprecher des Forschungsverbundes.
27. November 2020
11.10 Uhr