Biologie Eine Achillesferse, die Tiere und Pflanzen teilen
Das Biomolekül, das bei Diphterie beschädigt wird, kommt auch in Pflanzen vor. Und es ist durch Umweltstress beeinflussbar.
Das Biomolekül Diphthamid ist unerlässlich für die richtige Bildung von Proteinen in Zellen. Bei Infektionen des Menschen mit Diphtherie wird Diphthamid durch das Diphterietoxin verändert, sodass lebensbedrohliche Komplikationen entstehen können, indem die Bildung von Proteinen zum Erliegen kommt. Bislang war das Vorkommen von Diphthamid nur bei Tieren und Hefepilzen nachgewiesen. Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Ute Krämer, Inhaberin des Lehrstuhls Molekulargenetik und Physiologie der Pflanzen der RUB, konnte nun nachweisen, dass das Biomolekül auch in Pflanzen vorkommt. Die Forschenden zeigten auch, dass seine Bildung von bestimmten Umweltfaktoren beeinträchtigt werden kann. Sie berichten in der Zeitschrift Nature Communications vom 11. Juli 2022.
Für die Arbeit kooperierten unter Federführung des Lehrstuhls von Ute Krämer die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Raffael Schaffrath an der Universität Kassel und Prof. Dr. Lorenz Adrian an der Technischen Universität Berlin sowie weitere Forschungsgruppen in Deutschland.
Pflanzen ohne Diphthamid wachsen weniger
Bislang war Diphthamid nur in tierischen Organismen und der Bäckerhefe – als Modellorganismus der medizinischen Forschung – bekannt und genauer untersucht. Das Team um Ute Krämer konnte nun zeigen, dass Diphthamid auch in Pflanzen gebildet wird und eine wichtige Funktion ausübt: Fehlt die Fähigkeit zur Diphthamidbildung in der Pflanze, so kommt es zu einer erhöhten Fehlerrate in der Proteinbiosynthese. Darüber hinaus verringert sich das Wachstum der Pflanze durch verringerte Zellteilung. Mehrere festgestelllte Veränderungen in zentralen zellulären Regulationsprozessen könnten ursächlich zur Wachstumseinschränkung beitragen.
Stress beeinflusst die Diphtamidbildung
Der aus Säugetieren und der Hefe bekannte wesentliche Anfangsschritt der Biosynthese von Diphthamid findet auch in Pflanzen statt und somit wahrscheinlich auch die darauf folgenden Schritte bis zu dem in Pfanzen nun nachgewiesenen Diphthamid – so die Resultate der Studie. „Ganz neu ist allerdings, dass nicht nur genetische Defekte zu einem Verlust von Diphthamid führen können“, erklärt Ute Krämer. „Auch Umweltstress, insbesondere ein Überschuss des Nährstoff-Spurenelements Kupfer oder des Umweltgiftes Cadmium, hemmen die Diphthamidbildung in Pflanzen. Es ist nun zu untersuchen, ob auch pflanzliche Pathogene Diphthamid als Achillesferse nutzen – so wie der Erreger der Diphtherie beim Menschen.“