Daniel Todt, Eike Steinmann und Toni Meister (von links) betrachten das Bild einer mit dem Hepatitis-E-Virus infizierten Zelle. In Grün ist das Capsidprotein zu sehen, in Blau der Zellkern.
© Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie

Medizin Wie Hepatitis E das Immunsystem überlistet

Fehlerhafte Viruspartikel könnten ein Täuschungsmanöver sein, um das Immunsystem von der Bekämpfung infektiöser Viren abzulenken.

Über drei Millionen Menschen infizieren sich jedes Jahr mit dem Hepatitis-E-Virus. Bislang gibt es kein spezifisch wirksames Medikament. Welche Faktoren für das Virus im Laufe seines Vermehrungszyklus wichtig sind und wie es ihm gelingt, die Infektion aufrechtzuerhalten, hat ein internationales Forschungsteam untersucht. Die Forschenden analysierten verschiedene Mutationen des Virus und fanden Veränderungen, die es dem Virus möglicherweise erlauben, das Immunsystem auszutricksen. Das Team aus der Abteilung Molekulare und Medizinische Virologie der RUB um Dr. Toni Meister, Dr. Daniel Todt und Prof. Dr. Eike Steinmann berichtet in der Zeitschrift PNAS vom 15. August 2022.

Vor- und Nachteile von Mutationen

Ein wichtiger Abwehrmechanismus gegen virale Infektionen in unserem Körper sind besondere Eiweiße, die Antikörper. Diese binden spezifisch meist an Oberflächenproteine des Virus, um dieses unschädlich zu machen. Aber Viren haben Strategien entwickelt, sich dieser Identifizierung zu entziehen. Während einer Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus entstehen durch zufällige Mutationen häufig Virusvarianten, die innerhalb einer infizierten Person nebeneinander existieren können. Der antivirale Wirkstoff Ribavirin, den viele chronisch Infizierte erhalten, kann die Bildung solcher viralen Varianten sogar noch verstärken.

Hepatitis E

Das Hepatitis E-Virus (HEV) ist der Hauptverursacher akuter Virushepatitiden. Rund 70.000 Menschen sterben jährlich an der Krankheit. Nach dem ersten dokumentierten epidemischen Ausbruch 1955 bis 1956 vergingen mehr als 50 Jahre, bis Forschende sich intensiv des Themas annahmen. Akute Infektionen heilen bei Patientinnen und Patienten mit intaktem Immunsystem normalerweise von selbst aus. Bei Betroffenen mit reduziertem oder unterdrücktem Immunsystem wie Organtransplantatempfängern oder HIV-infizierten kann HEV chronisch werden. Auch für schwangere Frauen ist HEV besonders bedrohlich.

Acht solcher Virusvarianten aus Proben chronisch infizierter und mit Ribavirin behandelter Patientinnen und Patienten schaute sich das Forschungsteam im Labor genauer an. Eine Mutante unterschied sich von den anderen: „Die Viren mit dieser Mutation werden falsch zusammengesetzt, sind vermutlich kleiner als das Wildtypvirus, und das Capsidprotein reichert sich nicht in der Zelle an“, beschreibt Daniel Todt. Diese Partikel sind nicht infektiös, werden aber von Antikörpern des Immunsystems korrekt erkannt und gebunden. „Hierin könnte ein Vorteil für das Virus liegen, wenn diese defekten Viren die Antikörper praktisch abfangen, sodass nicht mehr genug vorhanden sind für korrekt zusammengesetzte, infektiöse Viruspartikel“, mutmaßt Eike Steinmann.

Veröffentlicht

Mittwoch
17. August 2022
09:09 Uhr

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