Das Forschungsteam um Prof. Dr. Daniela Wenzel, Dr. Michaela Matthey, Alexander Seidinger und Annika Simon (von links) will wissen, wie sich die Bronchien weit stellen lassen. © RUB, Marquard

Medizin Wie körpereigene Cannabinoide die Bronchien weit stellen

Die Verengung der Bronchien macht viele Lungenerkrankungen wie Asthma so gefährlich. Forschende haben einen neuen Signalweg entdeckt, der zur Erweiterung der Atemwege führt.

Inhalationsmedikamente gegen Asthma und andere obstruktive Lungenerkrankungen lassen nach längerer Anwendung oft in ihrer Wirkung nach. Ein Forschungsteam um Prof. Dr. Daniela Wenzel aus der Abteilung für Systemphysiologie der RUB konnte nun einen alternativen Signalweg zeigen, über den körpereigene Cannabinoide zu einer Weitstellung der Bronchien führen. Dies weckt Hoffnungen auf alternative Behandlungsmöglichkeiten. Asthma geht offenbar auch mit einem Mangel an diesen Cannabinoiden in den Bronchien einher, der als eine der Ursachen der Erkrankung infrage kommen könnte. Das Forschungsteam berichtet in der Zeitschrift Nature Communications vom 17. November 2022.

Körpereigene Cannabinoide stellen die Bronchien weit

Obstruktive Lungenerkrankungen sind weltweit die dritthäufigste Todesursache. Zu ihnen gehören etwa die chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen COPD, an der viele Raucherinnen und Raucher leiden, aber auch Asthma bronchiale. Bei einem Asthmaanfall ziehen sich die Bronchien so stark zusammen, dass kein Ausatmen mehr möglich ist – das kann lebensbedrohlich sein. „Asthma ist zwar ein entzündlicher Prozess, aber fatal ist vor allem die Engstellung der Bronchien“, erklärt Annika Simon, Erstautorin der Studie. „Darum interessieren wir uns besonders für die Regulation dieser Engstellung.“

In einer vorangegangenen Arbeit stand das körpereigene Cannabinoidsystem bereits im Fokus, damals jedoch sein Effekt in den Blutgefäßen der Lunge. Das bekannteste körpereigene Cannabinoid ist Anandamid. „Da unsere Ergebnisse zeigen, dass Anandamid die Bronchien erweitert, wollten wir den genauen Mechanismus dahinter aufklären“, erklärt Daniela Wenzel.

Enzym baut Cannabinoid ab

Schnell zeigte sich, dass die zwei bekanntesten Rezeptoren für Anandamid (CB1 und CB2) bei dieser Regulation keine Rolle spielen. Es muss also einen alternativen Signalweg geben, über den der Botenstoff Anandamid auf die Bronchien wirkt.

Oben die Kraftmessungen in den Bronchien. Nach der Gabe von Anandamid lässt die Spannung nach. Unten links ein histologischer Schnitt einer Mauslunge mit zentralem Bronchus und unten rechts menschliche bronchiale Muskelzellen mit roter Immunfärbung gegen FAAH, die Zellkerne sind blau gefärbt. © Annika Simon

Daniela Wenzel und ihr Team konnten zeigen, dass dieser alternative Weg über ein Enzym führt, das Anandamid abbaut, wobei über verschiedene Zwischenschritte Prostaglandin E2 entsteht. Es bewirkt über bestimmte Rezeptoren einen Anstieg des Botenstoffs cAMP (Cyclisches Adenosinmonophosphat). „Genau darauf, auf den Anstieg des cAMP, zielen auch bewährte Inhalationsmedikamente gegen Asthma“, so Daniela Wenzel. Das Ziel ist also dasselbe, der Weg aber verschieden.

Die Entdeckung des neuen Signalwegs könnte auch neue Möglichkeiten eröffnen, in das Krankheitsgeschehen einzugreifen. „Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg, der sicher mehrere Jahre dauern wird“, betont Daniela Wenzel.

Veröffentlicht

Donnerstag
17. November 2022
11:21 Uhr

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