Die Antisemitismus-Beauftragte des Landes, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, hat sich an der RUB über den Stand des neues Projekts informiert.
© Volker Wiciok

Aufbau eines Weiterbildungsmasters Ein ganz wichtiger Beitrag zur Prävention

In Bochum und Hagen entsteht ein neuer Weiterbildungsstudiengang Kollektive Gewalt, Antisemitismus und Prävention. Die Nachfrage nach solchen Angeboten ist enorm.

Drei Jahre lang bauen Forscher der Ruhr-Universität Bochum und der FernUniversität in Hagen einen neuen weiterbildenden Masterstudiengang „Kollektive Gewalt, Antisemitismus und Prävention“ auf. Der Forschungsverbund CoVio (Collective Violence) wird vom Land NRW mit 1 Million Euro gefördert. Über den Stand der Planungen hat sich die Antisemitismus-Beauftragte des Landes, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, am 9. September 2021 aus erster Hand an der RUB informiert.

Leutheusser-Schnarrenberger hat sich in intensiven Gesprächen mit Forschern aus Bochum und Hagen ein Bild von den geplanten Inhalten, dem didaktischen Konzept und dem eng getakteten Zeitplan gemacht. Bis 2023 soll der Master als dauerhaftes, weiterbildendes und berufsbegleitend studierbares Angebot stehen. „Die schrittweise Entwicklung dieser Weiterbildung ist gut geplant, davon konnte ich mich heute überzeugen“, so die nordrhein-westfälische Antisemitismus-Beauftragte. „Der Masterstudiengang wird einen ganz wichtigen Beitrag zur Verstärkung der Prävention leisten. Die Themen Antisemitismus, Rassismus, kollektive Gewalt werden uns leider noch auf Jahrzehnte beschäftigen. Alles, was zur Prävention beiträgt, ist daher besonders wertvoll.“

Bedarf bei Schulen, Justiz, Verwaltungen und Polizei

Leutheusser-Schnarrenberger sieht einen breiten Bedarf für den Master – bei Lehrerinnen und Lehrern, in Verwaltungen des Öffentlichen Dienstes oder der Justiz, bei Polizei und Sicherheitsbehörden. Das unterstreicht Prof. Dr. Andreas Ostendorf, Prorektor für Forschung der RUB: „Wir sehen den Bedarf zum Beispiel auch bei entsprechenden Weiterbildungsangeboten in der Krisen- und Katastrophenhilfe an unserem Institut für Friedenssicherungsrecht und Humanitäres Völkerrecht – die Nachfrage nach solchen Angeboten ist enorm. Mit dem Institut für Diaspora- und Genozidforschung der RUB und seiner fachübergreifenden Vernetzung sowie der FernUniversität Hagen haben wir hier eine sehr fundierte wissenschaftliche Basis, auf der wir das Thema Antisemitismus und kollektive Gewalt bearbeiten.“

Trauriger Teil des Alltags

Auch die jüngere Vergangenheit verschont uns nicht mit Berichten über antisemitische Übergriffe. 76 Jahre nach dem Ende der Naziherrschaft ist Antisemitismus trauriger Teil des Alltags in Deutschland lebender Jüdinnen und Juden. Gleichzeitig erleben wir das Ende der Zeitzeugen. Esther Bejarano, KZ-Überlebende und viele Jahre Vorsitzende des Auschwitz-Komitees, die sich zeit ihres Lebens unermüdlich für die Bewahrung des Gedenkens an den Holocaust einsetzte, ist im Juli dieses Jahres verstorben. Wie aber kann man die Erinnerung an Krieg und Völkermord bewahren und wie erklärt sich die anhaltende Virulenz rassistischer und antisemitischer Einstellungsmuster?

Das Team der FernUniversität in Hagen und der RUB stellt sich nun diesen Fragen und Herausforderungen. Forschende der Hagener Kultur- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät und des Bochumer Instituts für Diaspora- und Genozidforschung entwickeln ein digitales Studienangebot: eine in Deutschland einmalige Möglichkeit zur wissenschaftlichen Weiterbildung im Bereich Antisemitismus und kollektive Gewalt. Das Projekt wird von Prof. Dr. Jürgen Nagel (Hagen) und Privatdozentin Dr. Kristin Platt (Bochum) geleitet.

Das IDG

Das Institut für Diaspora- und Genozidforschung der Ruhr-Universität Bochum (IDG) ist eine themenorientierte Forschungseinrichtung mit fächerübergreifenden Arbeitsschwerpunkten und Aufgaben in der Forschung, Lehre, wissenschaftlichen Nachwuchsförderung, der historisch-politischen Bildung sowie dem Wissenstransfer in die Öffentlichkeit.

Als deutschlandweit einmalige Forschungseinrichtung, wird in ihr vielfältig und lebendig über historische und aktuelle Formen, Strukturen und Nachfolgen von politischer Gewalt, Verfolgung und Völkermord gearbeitet.

Das Team umfasst Forscherinnen und Forscher vor allem aus der Geschichtswissenschaft, den Politikwissenschaften, Sozialwissenschaften, der Kulturwissenschaft und den Literaturwissenschaften, aber auch aus anderen benachbarten Disziplinen.
Die Forschung über Strukturen, Formen und Nachfolgen von extremer Gewalt, kollektiver Gewalt, politischer Gewalt, ist fachübergreifend - weil auch die Fragen, die an diese Phänomen zu stellen sind, fächerübergreifend sind.

Warum „Diaspora“ und „Genozid“? Die besondere Perspektive der Arbeiten des IDG betrifft das Ziel, dass auch die Stimmen der Opfer von Gewalt einen Raum haben müssen – und Gewalt nicht zufällig ist. Warum scheinen sich Gewaltformen zu wiederholen? Gibt es zum Beispiel in Kriegen eine besondere Dynamik, die zu Eskalationen führt?

In Reaktion auf die aktuellen Dynamiken in der politischen Landschaft des globalen Westens, hat das IDG sich in den vergangenen Jahren verstärkt der Forschung über Rassismus und Antisemitismus der „neuen Rechten“ gewidmet. Zu den besonderen Forschungsschwerpunkten des IDG gehören Untersuchungen von antisemitischem Wissen: die Frage nach der Struktur antisemitischer Argumente, nach Wechselbeziehungen zwischen Nationsideen und Antisemitismus oder den Wegen der Mobilisierung politischer Öffentlichkeiten. Dabei ist die Forschung des IDG zum einen durch den transdisziplinären Ansatz charakterisiert, auf dem die Gewalt- und Genozidforschung in Bochum basiert ist (Soziologie, Geschichte, Psychologie, Literaturwissenschaften, Philosophie, Religionswissenschaften), aber auch durch eine starke international vergleichende Perspektive.

Kontakt

Dr. Lasse Wichert
Institut für Diaspora- und Genozidforschung
Ruhr-Universität Bochum
Tel.: +49 234 32 29705
E-Mail: lasse.wichert@rub.de

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Veröffentlicht

Dienstag
14. September 2021
09:37 Uhr

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