Leben in Neuseeland Dem Adel verpflichtet
Nach rund 300 erfolglosen Bewerbungen hat Rebecca Burke die Nase vollgehabt. Sie wanderte nach Neuseeland aus. Dort trifft sie regelmäßig Prinz William und Familie.
Bevor Sie an der RUB-Würfelreise teilgenommen haben: Wann und warum haben Sie das letzte Mal an Ihre Alma Mater gedacht?
Ich denke oft an meine Zeit an der RUB. Ich habe es nie bereut, dort studiert zu haben. Seit 2008 lebe ich in Neuseeland und alles ist hier viel kleiner und irgendwie unbürokratischer als in Deutschland. Während meiner Zeit hier habe ich meine Doktorarbeit an der Victoria University Wellington geschrieben und auch für die Uni gearbeitet. Für ein Jahr war ich die Präsidentin der Post Graduate Student Association an der Uni. Wir haben zum Beispiel viel über Änderungen des Studienverlaufs diskutiert.
Der Begriff „Bologna-Prozess“ wurde dabei häufig verwendet. Während meiner Zeit an der RUB wurde gerade mit dem Umstieg auf Bachelor und Master begonnen und so konnte ich hier in Neuseeland viel zu den Problemen der Umstellung erzählen. Auch wenn ich auf der anderen Seite der Welt lebe, denke ich doch oft an den Pott, die gute alte RUB und die Erfahrungen, die ich dort gemacht habe.
Ich habe einfach alles verkauft, was ich besaß.
Was machen Sie in Wellington und was hat Sie von der RUB dorthin geführt?
Nach dem Studium der Geschichte und Kunstgeschichte waren die Jobaussichten in Deutschland mehr als schlecht. Nach meinem Magisterabschluss habe ich sechs Wochen in Neuseeland verbracht und bin dann wieder nach Deutschland zurückgekehrt, um einen Job zu finden. Sechs Monate und etwa 300 Bewerbungen später hatte ich einfach genug.
Ich fand es unglaublich frustrierend, wie man Akademiker in Deutschland behandelt und dass mein Abschluss so gar nichts wert war. Ich habe einfach alles verkauft, was ich besaß, und bin mit einem Work & Holiday-Visa nach Neuseeland. Dieses Visum beinhaltete eine zwölfmonatige Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis.
Ich hatte keinen richtigen Plan zu diesem Zeitpunkt. Innerhalb der zwölf Monate musste ich es schaffen, einen Job zu finden und ein Langzeitvisum zu bekommen. Ansonsten müsste ich wieder zurückgehen. Alles hat irgendwie funktioniert. Ich lebe seit 2008 in Wellington und habe für verschiedene kulturelle Einrichtungen, die Uni und die Regierung gearbeitet.
Außerdem habe ich hier meine Doktorarbeit über die Maori-Kultur geschrieben und im Dezember werde ich graduieren. Ich bin wohl die einzige Deutsche auf der Welt mit einem PhD in Maori Studies (der PhD, Doctor of Philosophy, ist in englischsprachigen Ländern der wissenschaftliche Doktorgrad, Anmerkung der Redaktion). Seit 15 Monaten arbeite ich für das Government House (vergleichbar ist mit dem Sitz des Bundespräsidenten, Anmerkung der Redaktion), das Amtssitz und Residenz des Generalgouverneurs von Neuseeland ist.
Im Government House manage ich ein Museum und das museumspädagogische Team. Ein Job, den ich mir nie erträumt hätte. Alles in allem glaube ich, es war eine sehr gute Idee, Deutschland den Rücken zu kehren und ein Risiko einzugehen. Mit Sicherheit kein leichter Schritt, aber einer, der sich für mich ausgezahlt hat.
Das Prinzenpaar ist wunderbar und sehr nett.
Im April hatten Sie königlichen Besuch im Government House – warum?
Prinz William und Familie waren in offizieller Mission in Neuseeland. Da der Generalgouverneur der offizielle Repräsentant der Queen in Neuseeland ist, residiert die königliche Familie immer im Government House, wenn sie hier ist. Es gibt viele Vorbereitungen für einen solchen Besuch, besonders wenn die Royals zehn Tage bleiben. Sie haben dann ein volles Programm mit vielen Besuchen und Veranstaltungen. Der Sohn, Prinz George, war die ganze Zeit im Government House mit seiner Nanny.
Und ja, ich habe ihn gesehen. Das Prinzenpaar ist wunderbar und sehr nett. Kate ist einfach eine wunderschöne und warmherzige Frau. Es war ein besonderes Ereignis für mich und für viele meiner Kollegen. Der Generalgouverneur hat oft Gäste in seinem Haus und wir freuen uns jedes Mal. In meiner Zeit waren schon der König von Tonga, der Sultan von Brunei und der Präsident von Timor-Leste (Osttimor) zu Besuch.
Zum Studium an die RUB: Wie kam es dazu?
Ich bin in Essen geboren und in Mülheim zur Schule gegangen. Ich liebe das Ruhrgebiet, die Menschen und unseren Dialekt. Ich sehe mich als echtes Pottkind. Nach dem Abitur war klar, dass ich studieren wollte. Geschichte war schon immer etwas, dass mich interessiert hat. Online habe ich mir viele Unis angesehen und die Kriterien wie Sprachnachweise, Lehrstuhl und ähnliches verglichen und mich dann für die RUB entschieden.
Aus dem Ruhrgebiet wegziehen wollte ich nicht, aber eine neue Stadt kennenzulernen, fand ich spannend. Die Vielfalt der Angebote an der RUB hat mich begeistert und die Historische Fakultät ist eine der Besten in Deutschland. Alle Mitarbeiter waren so freundlich und haben einem toll durch den Anmelde-Dschungel geholfen.
Da ich damals auf Magister studiert habe, hatte ich keine Möglichkeit, über eine andere Uni nachzudenken. Und wenn man erst mal Freunde gefunden hat, ist es schwieriger, wegzugehen. Ich fand mein Studium an der RUB sehr spannend und mochte vor allem die Praxisseminare und die breite Auswahl an Lehrveranstaltungen. Mit dem Umstieg auf Bachelor und Master hat sich diese ja leider alles etwas geändert.
Wenn Sie jemandem von der RUB erzählen: Welche vier Worte würden Sie mit Sicherheit verwenden?
Groß, freundlich, Mensa, Prof. Petsch (Prof. Dr. Joachim Petsch war früher Dozent am Kunstgeschichtlichen Institut der RUB, Anmerkung der Redaktion)
Es ist so anderes als in Deutschland.
Warum haben Sie den RUB-Würfel vor dem Parlamentsgebäude in Wellington fotografiert? Welche Bedeutung hat dieser Ort für Sie?
Der Beehive ist eine Ikone für Neuseeland. Jeder weiß, dass dieses Gebäude in Wellington ist. Für mich persönlich hat das Parlament eine komplexe Bedeutung, da ich für die Regierung arbeite. Der Generalgouverneur gehört zum Departement des Premierministers. Ja, ich war schon auf der achten und neunten Etage im Beehive, auf welcher John Key, der Premierminister, sein Büro hat.
Mein Büro ist allerdings in einem anderen Stadtteil im wunderschönen Government House, das über 100 Jahre alt ist. Die Stelle, wo heute der Beehive ist, war der Platz des früheren Government House. Es ist einfach ein sehr historischer Ort. Es ist so anderes als in Deutschland: Hier gibt es viel weniger Beschränkungen und die Politiker sind sehr volksnah. Wenn Menschen vor dem Parlament demonstrieren, dann kann es durchaus sein, dass ein Politiker rausgeht und mit den Menschen spricht. Ich sehe den Parlamentskomplex als einen sehr lebhaften und spannenden Ort in Neuseeland.
Wenn der Würfel noch einmal auf Reisen ginge, welche Orte in Wellington würden Sie für weitere Fotos auswählen?
Viele denken nun wahrscheinlich direkt an das Cabel Car, und ja, da habe ich auch dran gedacht. Aber, damit mehr internationale Besucher zu uns kommen, sage ich: Government House.