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Verspottet: RUB Quickie in der Unibibliothek

Der kleine Vogel, der ans Fenster pickt, ist mehrere hundert Male angeklickt worden. Den Rekord in Fabian Adamczewskis Kuriositätenkabinett halten jedoch zwei andere komische Vögel.

Wenn die Kommilitonin ihre würzig duftenden Füße auf den Bibliothekstisch legt oder es auf dem Parkplatz vor Falschparkern nur so wimmelt, ist das ein Fall für Spott – und Facebook. Auf der Seite „Verspottet: Ruhr-Universität Bochum“ amüsieren sich tausende Studenten über die kleinen oder großen Pannen und Skurrilitäten des Unialltags.

An meinem Tag als RUB-Verspotter begebe ich mich in die unendlichen Weiten der digital aufbereiteten Merkwürdigkeiten und lerne, wie die Facebook-Seite mit Inhalt gefüttert wird.

Die ersten 30 Likes

Anfang 2013 hat sich Fabian Adamczewski die Seite ausgedacht und sie spontan übers Handy gegründet. „Ursprünglich sollte es eine Reaktion auf die Spotted-Seiten sein, auf denen man anonyme Liebesbriefe posten konnte“, sagt Fabian.

Doch er wollte nicht spotten, sondern verspotten und Uni-Satire machen. Ohne auch nur einen einzigen Spott gepostet zu haben, erhielt er in wenigen Minuten über 30 Likes – allein für den Namen der Seite.

Ich versuche immer herauszufinden, was die meiste Aufmerksamkeit auf sich zieht.


Fabian Adamczewski

Am Anfang hat Fabian noch alleine auf dem Campus nach Kuriositäten gesucht, doch längst bekommt er jeden Tag 15 bis 20 Nachrichten. Davon sucht er die besten aus. „Ich versuche immer herauszufinden, was die meiste Aufmerksamkeit auf sich zieht“, erklärt er mir.

Manchmal denkt Fabian, dass ein Beitrag total witzig ist und gehypt werden müsste, tatsächlich bekommt er aber nur 50 Likes. Andererseits hat er nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet ein ans Fenster pickender Vogel mehrere Hundert Klicks generiert.

Kalte Ravioli aus der Dose

Eines seiner Highlights ist das Foto von einem Bagger, der bei der Sanierung selbst durch eine der zu reparierenden Bodenplatten gebrochen ist. „Schön fand ich aber auch das Foto von der Studentin, die in der Vorlesung eine Dose kalte Ravioli gegessen hat.“

Auch ich bin mit offenen Augen durch die Uni gezogen und habe Fabian mit Fotos und Texten versorgt. Gepostet hat Fabian das natürlich anonymisiert, ein Verspotter nennt niemals die Namen seiner Informanten. Auch seine eigene Identität hielt er anfangs geheim. „Ich wusste nicht, wie die Leute und vor allem die Uni auf die Seite reagieren würden“, sagt Fabian.

Seine Freunde wussten bis vor kurzem gar nicht, dass er dahinter steckt. „Sie finden das aber total witzig“. Die RUB teilt mittlerweile einige seiner Beiträge und freut sich, dass sie durch die Seite gut 14.000 Augenpaare mehr hat, die schauen, wo etwas ausgebessert werden kann, wo es durch die Decke regnet oder etwas kaputt ist.

Mit passendem Foto

Viele der Beiträge von merkwürdigen Aushängen, schlecht geparkten Autos oder als Umkleidekabine oder Kneipe umfunktionierten Toiletten kommen mit passendem Foto. Da muss Fabian manchmal Personen oder Nummernschilder unkenntlich machen.

„Es soll niemand heruntergeputzt werden“, sagt der angehende Lehrer. Deshalb muss ich bei allen eingesendeten Nachrichten vor dem Veröffentlichen auf Facebook überprüfen, ob ich Namen herausstreichen oder Menschen auf Fotos unkenntlich machen muss.

Nachrichten, in denen es nur darum geht, Dozenten schlecht zu machen, löschen wir sofort. Fabian will über niemanden herziehen, sondern nur unterhalten. Alle anderen Posts untersuchen wir auf Rechtschreibfehler und schicken sie dann in die Welt hinaus.

„Wenn ich diese Fehler nicht korrigiere, gibt es meist mehr Kommentare dazu als zur eigentlichen Sache“, erklärt Fabian. Mittlerweile hat die Seite bereits über 14.000 Likes.
Etwa fünf Nachrichten pro Tag drehen sich ums Parken. Deshalb lobte Fabian den „Goldenen Umberto“ aus, einen Anti-Preis für das am schlechtesten geparkte Auto auf dem Campus. Sonntags geht er alle Autofotos durch und stellt das beste online.

Fabian hat jedoch schon erlebt, dass Leute ihr Auto schlecht geparkt haben, nur um es posten zu können. Deshalb schauen wir vor der Veröffentlichung genau auf das Facebook-Profil desjenigen, der das Foto eingeschickt hat. Oft finden sich dort Hinweise.

Es soll niemand heruntergeputzt werden.


Fabian Adamczewski

Manchmal ist es genau umgekehrt: Da entpuppt sich ein mutmaßlicher Fake als Wahrheit. Berühmtestes Beispiel dafür ist der Quickie in der Unibibliothek. „Als ich die Nachricht schließlich von der dritten Person bekam und alle nicht miteinander befreundet waren, wusste ich, dass was dran sein muss“, sagt Fabian. Ihm macht das Durchsehen und Aufbereiten der Nachrichten immer wieder Spaß: „Man sieht Sachen, die man sonst auf dem Campus gar nicht mitbekommt.“

Als Student aus der G-Reihe kommt Fabian selten in die N-Gebäude. Die Posts von dort findet er besonders interessant. Noch hat Fabian anderthalb Jahre Studium vor sich. Danach möchte er mit der Seite aufhören und sie an einen Nachfolger abgeben. Ich melde mich schon einmal freiwillig.

Unveröffentlicht

Von

Ines M. Eckermann

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