Michael Hollmann präsentiert einen Teil seiner Sammlung. In den Händen hält er das Modell einer Mondschnecke.
© RUB, Marquard

Rekordverdächtig „Meine Sammlung von Schneckengehäusen ist wohl die größte der Welt“

Wissenschaftlicher Anspruch trifft auf Sammelleidenschaft: Ein RUB-Forscher bringt in seiner Freizeit Ordnung ins Namenswirrwarr der Mondschnecken.

Prof. Dr. Michael Hollmann hat ein außergewöhnliches Hobby. Wenn er nicht gerade den Lehrstuhl für Biochemie und Rezeptorbiochemie an der RUB leitet, widmet er seine freie Zeit der wahrscheinlich größten Privatsammlung an Meeresschnecken der Familie der Mondschnecken.

Herr Hollmann, wie ist diese Sammelleidenschaft bei Ihnen entstanden?
Das fing ganz harmlos an, als ich noch klein war. Ich habe im Urlaub immer gerne Muscheln und Schneckenhäuser gesammelt. Aber über die Jahre wurden es immer mehr. Später habe ich mir überlegt, dass es nicht sinnvoll ist, wenn man Dinge einfach nur anhäuft. Stattdessen wollte ich das Sammeln mit wissenschaftlichem Anspruch verbinden. Also habe ich geschaut, zu welchen Meeresschnecken länger nichts mehr geschrieben wurde, und bin so auf die Familie der Mondschnecken gestoßen.

Also sammeln Sie Mondschneckenhäuser nach wissenschaftlichem System?
Sozusagen. Was mir bei den Mondschnecken aufgefallen ist, ist der Mangel an zuverlässigen Bestimmungsbüchern. Manchmal gibt es dutzende verschiedene Namen für ein und dasselbe Tier, weil sich nicht jeder die Mühe gemacht hat nachzuprüfen, ob es schon irgendwo beschrieben wurde. So finden sich rund 2.700 Namen in der Literatur, die aber tatsächlich nur etwa 400 verschiedene Mondschneckenarten beschreiben. Da hat mich mein wissenschaftlicher Ehrgeiz gepackt, an diesem Durcheinander etwas zu ändern. Deshalb sammle ich nicht nur, sondern bestimme auch die Arten, zeichne die Fundorte auf und katalogisiere meine Ergebnisse.

Mittlerweile habe ich bei mir zu Hause so etwas wie ein kleines Museum.

Das klingt nach viel Arbeit für ein Hobby. Wie viele Schneckenhäuser haben Sie denn schon in Ihrer Sammlung?
Schätzungsweise 30.000 Exemplare. Für eine systematische Sammlung reicht es eben nicht, von jeder Sorte nur ein Tier zu haben. Man braucht Wachstumsserien von klein bis groß, Tiere von verschiedenen Fundorten und so weiter. Mittlerweile habe ich bei mir zu Hause so etwas wie ein kleines Museum. Und ohne überheblich klingen zu wollen: Meine Mondschneckensammlung ist wahrscheinlich die größte Privatsammlung, die es gibt.

Bei so vielen Schneckenhäusern, haben Sie da trotzdem ein Lieblingsexemplar?
Manche sind richtig selten, die finde ich natürlich besonders interessant. Aber ein Schneckengehäuse ist aus anderen Gründen speziell. Dessen Art wurde 2015 nach mir benannt und heißt nun offiziell Tanea hollmanni. Allerdings ist das ein bisschen peinlich, weil diese Schnecke meiner Meinung nach bereits einen Namen hatte. Die Forscher, die mir diese Benennung gewidmet haben, haben mich nicht vorher gefragt. Sonst hätte ich gesagt: Es ist zwar nett, dass Sie eine Schneckenart nach mir benennen wollen, aber bitte warten Sie, bis Sie eine haben, die auch mit Sicherheit neu ist.

Nichtsdestotrotz spricht eine Schneckenart mit Ihrem Namen für Ihre Bekanntheit auf dem Gebiet. Gibt es denn viele andere Schneckenhaussammler?
Ich selbst bin Mitglied in 15 oder 16 Vereinen für Schneckensammler rund um den Globus. Die Klubs haben meist zwischen 100 und 600 Mitglieder. Dort kann ich neue Schneckengehäuse bei Kaufbörsen erstehen und Kontakte in alle Welt knüpfen. Mittlerweile habe ich Beziehungen nach Namibia, Neukaledonien, Australien, Indien und China. Alle Schneckenarten, die man einfach so am Strand findet, habe ich ja schon. Deshalb brauche ich Kontakte zu Fischern und Leuten, die auch in 2.000 Metern Tiefe mit Tauchrobotern Schnecken sammeln, um meine Sammlung zu vervollständigen.

Mein Ziel ist es, ein komplettes Bestimmungsbuch zu schreiben.

Ist denn ein Abschluss Ihrer Sammlung in Sicht?
Bisher noch nicht. Mein großes Ziel ist es, irgendwann ein komplettes Bestimmungsbuch für Mondschnecken zu schreiben. Aber das wird wahrscheinlich erst nach meiner Pensionierung möglich sein. Und danach wandert meine Sammlung dann in ein richtiges Museum, wo sie der Allgemeinheit zur Verfügung stehen wird.

Mondschnecken

Mondschnecken sind weltweit verbreitete Meeresschnecken, die aufgrund ihres rundlichen Schneckenhauses so benannt sind. Sie sind Jäger und ernähren sich in der Regel von Muscheln, aber auch anderen Schnecken oder sogar eigenen Artgenossen. Indem sie die Schale des Opfers mit ihrer Raspelzunge durchbohren, gelangen sie an die Beute.

Zur Eiablage verkleben die Mondschnecken Sandkörner und Eier mit Schleim zu einem Sandkragen, der je nach Schneckenart anders aussieht: mal mehrere Windungen, mal ein fransiger Rand, mal wellenartige Falten.

Veröffentlicht

Mittwoch
22. November 2017
09:14 Uhr

Von

Christian Lüttmann

Teilen